Russlands Gas-Stopp für Polen und Bulgarien: Jetzt liefert die EU

Russland hat die Gaslieferungen nach Polen und Bulgarien eingestellt und sendet damit eine Warnung nach Europa. Doch die EU hält dagegen.
Warschau/Sofia - Der russische Gaskonzern Gazprom hat Polen und Bulgarien den Gashahn zugedreht. In der Nacht zum Mittwoch (27. April) wurden die Erdgaslieferungen gestoppt. Die Begründung Russlands: Die beiden Länder hätten sich geweigert, die Lieferungen in Rubel zu bezahlen. Aber welche Folgen hat das nun für Polen und Bulgarien, aber auch für Europa und Deutschland?
Gas-Lieferstopp: Versorgung von Polen und Bulgarien derzeit nicht gefährdet
Zuerst die gute Nachricht: Polens Gasspeicher sind gut gefüllt, die Abhängigkeit von Russland ist daher nicht allzu groß. Zudem bereitet Polen ohnehin den Umstieg auf Gas aus Norwegen vor. Das Land besitzt bereits ein LNG-Terminal, mit dem Flüssiggas gelagert, umgewandelt und eingespeist werden kann. Außerdem soll bald eine Pipeline fertiggestellt werden. „Der Lieferstopp ist für Polen kurzfristig sehr gut handhabbar“, erklärt Energieexperte Georg Zachmann vom Institut Bruegel gegenüber dem Handelsblatt.
Auch Bulgarien ist vom Lieferstopp nicht so hart getroffen, da das Land nur eine recht geringe Menge an Gas verbraucht. Zudem habe auch Bulgarien Schritte zur alternativen Gasversorgung unternommen. Das teilte das Energieministerium in Sofia am Dienstagabend mit. Ein Anschluss an das Gasnetz des benachbarten Griechenland soll im Juni fertig sein.
Ukraine-News: Russland wollte Gas-Zahlungen in Rubel
Ende März hatte Kremlchef Wladimir Putin gefordert, dass mit Wirkung zum 1. April westliche Staaten Konten bei der Gazprom-Bank eröffnen müssten, um russische Gaslieferungen zu bezahlen. Andernfalls würden diese für die „unfreundlichen“ Länder eingestellt. Das ist jetzt geschehen, doch juristisch gesehen ist dieses Vorgehen nicht rechtens. In den Verträgen zwischen den russischen und den europäischen Gasunternehmen ist immer von Euro- und Dollar-Zahlungen die Rede, Rubel werden nicht genannt.
In Deutschland wird seit Beginn des Ukraine-Krieges über einen Gasstopp aus Russland diskutiert. Doch die Abhängigkeit ist groß und ein kompletter Lieferstopp könnte schwere wirtschaftliche Folgen nach sich ziehen. Doch die Nachricht, die Russland mit dem Lieferstopp an Polen und Bulgarien sendet, ist klar: Präsident Wladimir Putin könnte auch Deutschland und anderen großen, auf russisches Gas bislang angewiesene Mitgliedsstaaten wie Italien jederzeit den Gashahn zudrehen.
Ukraine-News: EU lässt sich nicht von Putin erpressen
Der bulgarische Ministerpräsident Kiril Petkow sagte, er habe mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen über den Stopp russischer Gaslieferungen gesprochen. „Ich will allen bulgarischen Bürgern versichern, dass sie beruhigt sein sollten: Es gibt einen klaren Plan. Die europäische Antwort wird eine gemeinsame sein“, sagte Petkow vor einer Regierungssitzung. „Wir werden einer derartigen Erpressung nicht nachgeben“, machte er deutlich.
Auch EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen findet klare Worte: „Die Ankündigung von Gazprom, die Gaslieferungen an Kunden in Europa einseitig zu stoppen, ist ein weiterer Versuch Russlands, Europa zu erpressen.“ Weiter sagt sie: „Sowohl Polen als auch Bulgarien erhalten jetzt Gas von ihren EU-Nachbarn.“ Auch die Präsidentin des EU-Parlaments, Roberta Metsola, machte in einem Tweet deutlich, dass Europa sich nicht von Putin erpressen lasse. Außerdem sicherte sie Polen und Bulgarien Unterstützung zu.
Gas-Lieferstopp: „Jeder, der die Wahl hat, wird künftig auf Russland als Lieferanten verzichten“
Die Gaslieferungen sind für Russland ein willkommenes Druckmittel. Der Stopp der Lieferungen an Polen und Bulgarien macht Europa wieder einmal die Abhängigkeit deutlich. Doch bereits seit 2014 arbeiten einige EU-Länder daran, weniger abhängig von russischem Gas zu werden, wie das Handelsblatt berichtet. Dazu wurden Pipelines so ausgerüstet, dass Gas in beide Richtungen fließen kann. Derzeit passiert das schon und Deutschland liefert so Gas nach Polen.
Zudem macht sich Russland mit solchen Handlungen zu einem absolut unzuverlässigen Energiehandelspartner. „Jeder, der die Wahl hat, wird künftig auf Russland als Lieferanten verzichten“, erklärt Ökonom Matthias Keupp gegenüber tagesschau.de. Die EU-Staaten haben sich zur Solidarität verpflichtet und möchten sich offenbar nicht erpressen lassen - Putins Hoffnung, einen Keil in die EU zu treiben, geht damit -zumindest vorerst - nicht auf. (ph/dpa)