Die Stadt am Pazifik und an der mexikanischen Grenze ist seit August dieses Jahres die Heimat von Lambert Ruland, bis Sommer Spitzenspieler des Westfalenliga-Aufsteigers BW Soest. Seit Mitte Dezember ist der Abiturient bis zum 3. Januar wieder in Deutschland in seiner Heimatstadt Arnsberg „für eine kleine Weihnachtspause“.
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Der 19-Jährige fühlt sich gut angekommen in Kalifornien. Schon bei seiner Ankunft im August, als er von einem seiner Trainer abgeholt wurde, ging es gleich zu dessen Lieblings-Mexikaner als idealen Einstieg.
Dann ging es auch gleich los mit dem Studium an der University of San Diego. Dort hin ist Ruland durch ein Tennis-Stipendium gekommen. Er hatte mehrere Colleges zur Auswahl – und hat seine Entscheidung für San Diego nicht bereut. „Ich bin mehr als zufrieden“, sagt Ruland zwischen zwei Trainingseinheiten in der Tennishalle des Westfälischen Leistungszentrums in Kamen, wo er als früherer Kaderathlet immer noch üben kann. Denn auch in seinem Heimaturlaub trainiert er regelmäßig, will nach Weihnachten ein Herrenturnier in Essen oder Mülheim/Ruhr spielen.
Auch Trainingseinheiten mit Teamkameraden von BW Soest wie seinem älteren Bruder Constantin Ruland und dem Enser Talent Max Schönhaus sind geplant.
In San Diego gab es in den ersten zweieinhalb Wochen es noch kein Tennistraining, dafür ging das Lernen an der privaten katholischen Hochschule los, die er in dieser Zeit so erst einmal kennenlernte.
Und am Anfang hatte der Einser-Abiturient seine Probleme mit den Kursen und den Noten. Er hatte Fächer wie Theologie, Kommunikationswissenschaften, moderne europäische Geschichte und Ethnic Studies (über Kolonialismus und Rassismus) belegt. „Ich musste viel lesen. Es fiel mir echt schwer, reinzufinden in das akademische Arbeiten, vor allem mit schwierigen Textquellen. Das hat mich gefordert“, gibt Ruland offen zu.
Stark und streng getaktete Tage
Dass es die Meinung gibt, an Colleges gehe es gemächlich bis zum Bachelor zu, sei nicht seine Realität an seiner Universität.
Die breit gestreute Fächerauswahl soll den Studenten helfen, ihre Interessen für einen Abschluss herauszubilden, und verbessert auch ihre Allgemeinbildung. Irgendwas im Business-Bereich möchte Ruland für seinen Abschluss in den kommenden dreieinhalb Jahren machen.
„Meine Eltern, Großeltern und Geschwister sagen, dass ich viel besser mitdiskutieren kann und gute Argumente vorbringe“, erklärt Ruland. Auch sei er offener geworden und könne nun auch leichter auf fremde Menschen zugehen, hat Ruland an sich gemerkt.
Nach der Eingewöhnungszeit ging es mit dem Tennis los. Und auch dadurch sind die Wochentage von Lambert Ruland stark und streng getaktet. Der Wecker geht um 6.30 Uhr, von 7.30 bis 8.30 Uhr gibt es das erste Training. Von 9 bis 11 Uhr folgen Kurse, dann geht es für Ruland bis 12 Uhr in die Bibliothek zur Vertiefung. Nach der Mittagspause folgt ab 13 Uhr Konditionstraining, von 13.30 bis 16.30 Uhr dann Team Practice, so heißt das gemeinsame Training mit den Spielern aus seinem Team, das auch schon mal länger dauern kann.
Anschließend geht es noch einmal für eine Stunde in die Bibliothek und nach der Abendpause von 18 bis 20.15 Uhr noch einmal bis 22 oder 23 Uhr in die Bibliothek. So laufen die Montage, Mittwoche und Freitage, dienstags kommt noch der Besuch im Kraftraum und morgens Teamtennis dazu, dafür geht es nachmittags in die Kurse. Aber Ruland sagt: „Mit gefällt die Struktur. Ich mag das Gefühl, am Ende des Tages zu sagen, ich habe was geschafft. Das macht mir Spaß.“
Er berichtet auch, dass einige Sportler kurz vor dem Burn-out standen oder stehen angesichts des großen Pensums. Die Wochenenden nutzen Ruland und auch seine Teamkameraden deshalb dazu runterzukommen. Kaum zu glauben: „Ich war noch nicht am Strand oder in der Stadt“, erklärt das ehrgeizige Tennistalent.
Die Zeit auf dem Tennisplatz ist dabei intensiv. Drei Trainer kümmern sich um zehn Teammitglieder. Das passt auch untereinander. „Die Trainer haben die Spieler ausgesucht, die charakterlich ähnlich sind und gut zueinander passen. Sie sind menschlich richtig nett“, erklärt Ruland. In der vorlesungsfreien Woche um Thanksgiving ging es für das gesamte Team für mehrere Tage in einen Nationalpark inklusive Übernachten in einer Hütte, Wandern und Bowlen – auch das hat den Zusammenhalt gestärkt.
So ist Tennis in der Konstellation an der Universität kein Einzel-, sondern Teamsport. „Wir machen viel mit dem ganzen Team, verbringen viel Zeit, essen zusammen, führen Gespräche“, sagt der 19-Jährige.
Und spielerisch verbessert hat er sich auch. Die Vorhand spielt er nun etwa mit einer kürzeren Ausholbewegung, „damit der Gegner nicht sofort weiß, wohin der Ball geschlagen wird. Ich habe viel besser gelernt, das Spiel zu verstehen. Im Prinzip wird jeder Schlag in seine Einzelteile aufgebrochen.“ Eine Dokumentation, wo sich Ruland überall verbessern kann, „habe ich fast auswendig gelernt“, so der frühere Soester Spitzenspieler.
So gebe es im Training immer wieder Unterbrechung, um etwas erläutert zu bekommen. Das sei anders als in Deutschland. In den Doppeln wird zudem viel Wert darauf gelegt, dass man nach gleich ablaufenden Mustern spielt.
Mitte Januar wird sich zeigen, wie das Individual- und Teamtraining gefruchtet hat. Denn dann startet die Meisterschaftssaison in der Division 1 und sogenannten regionalen Konferenzen. Das Ziel hier ist Platz eins – wie in den vergangenen fünf Jahren auch. Die Gegner kommen von anderen Universitäten aus Kalifornien und auch aus Texas. Nach den angestrebten Sieg in der Regionalmeisterschaft würde es auf Bundesebene weitergehen. Dort soll es später bis unter die besten und letzten 16 gehen, das hat San Diego bislang noch nicht geschafft.
Die Teamspiele sind an den deutschen Modus angelehnt. Besonderheit: Es geht in den USA mit drei Doppeln los, die aber nur einen Satz dauern. Welches Team zuerst vier Gewinnpunkte hat, hat das Match gewonnen.
In den Testspielen im Herbst zeigten sich Ruland und sein Team in guter Verfassung. Allerdings verlaufen die Matches anders als in Deutschland. „Da wird ständig von außen hereingerufen, nach gewonnenen Bällen gepusht. Es ist eine lautere Atmosphäre, aber deutlich interessanter.“
Mit seinem Zimmerkollegen im Jungen-Wohnheim versteht sich Ruland hervorragend. Es ist ein englischer Teamkamerad, mit dem er auf eine Wellenlänge ist.
Wenn Lambert Ruland seine intensive Zeit in San Diego nach seinem Abschluss beendet hat, will er sich einen Traum erfüllen: „Ein bis zwei Jahre nur Tennis spielen, weil ich das schon immer machen wollte“, träumt Ruland weiter von einer Profikarriere – aber hat sich bis dahin halt eine Rückversicherung erarbeitet.