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„Ein Weltklasse-Gefühl, so ein Tor zu schießen“

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Von: Thomas Müller

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Landesliga-Topspiel: SV Westfalia Soest - RW Erlinghausen
Sekunden später jubeln alle: Philipp Ratz zieht hier zum 2:1 gegen RW Erlinghausen ab. © Thomas Müller

Philipp Ratz räumt normalerweise reihenweise Angreifer vor dem Soester Tor weg - im Spitzenspiel traf er mal selbst zum 2:1 gegen Erlinghausen.

Soest – 52 Minuten sind gespielt im Landesliga-Spitzenspiel. Tabellenführer Soest hat die erste Hälfte mit Glück und Geschick mit einem 1:1 gegen Verfolger RW Erlinghausen überstanden. Die zweite Hälfte startet der SV Westfalia mit einem wahren Offensivfeuerwerk, nimmt das Tor der Gäste aus Marsberg unter Dauerbeschuss.

Doch der Ball will einfach nicht rein. Dann landet der Ball vor den Füßen unseres „Spielers der Woche“. Philipp Ratz zieht aus gut zwölf Metern ab und RWE-Keeper Kevin Krefeld kann den gewaltigen Schuss nicht mehr abwehren. Ratz, nominell als Innenverteidiger für das Verhindern der Tore zuständig, dreht jubelnd ab, sprintet zu Trainer Ibou Mbaye und hebt diesen jubelnd in die Höhe. Am Ende gewinnt der SVW 3:1 und ist dem großen Ziel Westfalenliga einen großen Schritt nähergekommen.

Thomas Müller sprach mit dem „Spieler der Woche“ über sein Tor, Trainer Mbaye und die Soester Qualitäten.

Im Spitzenspiel das wichtige Führungstor zu machen, wie fühlt sich das an?

Trainermeinung

Soests Trainer Ibou Mbaye lobt seinen Abwehrspieler in den höchsten Tönen: „Ich finde es beeindruckend, was für einen Aufwand Philipp jede Woche auf sich nimmt, um bei uns mit seinen Freunden Fußball zu spielen. Das zeigt, A: wie ehrgeizig Philipp ist, und B: wie wichtig es für ihn ist, sich in seiner Umgebung wohlzufühlen! Auf dem Platz ist er einer unseren konstantesten Spieler, was die Leistung angeht! Er ist in unserer Abwehr nicht wegzudenken! Außerdem bereichert er durch seine Wucht, seine Grundschnelligkeit und seinen harten Schuss unsere Offensiven. Auf dem Platz ist Philipp ein Monster, den man nicht begegnen möchte. Außerhalb des Platzes ein ganz liebes, harmloses Kaninchen.“

Sehr gut. Erlinghausen ist seit Jahren an mir dran, will mich verpflichten. Und wenn man dann in so einem Spitzenspiel vor so vielen Zuschauern so ein Tor schießt, ist das ein Weltklasse-Gefühl. Und dann noch zu wissen, dass man den nächsten großen Schritt zu unserem Ziel macht, ist sehr bedeutsam.

Das Erlinghauser Tor stand zu Beginn der zweiten Hälfte unter Dauer-Feuer, als der Ball vor ihnen landete. Was dachten Sie im Moment, als sie abzogen?

Ich dachte eigentlich nur: Ich zieh einfach mal ab und hoffe, dass er reingeht.

Es hat funktioniert. Sie sind direkt zu Trainer Mbaye gelaufen, haben ihn in die Luft gehoben. Warum?

Ich glaube, ich habe Ibou Mbaye sehr viel zu verdanken. Ich weiß, er ist der große Grund, warum ich wieder nach Soest zurückgekehrt bin. Ich wollte ihm danken. Es ist ja bekannt, dass er den Verein verlassen wird. Als Dankeschön für alles, was er getan hat, bin ich zu ihm gerannt.

Steckbrief

Name: Philipp Ratz
Alter: 22
Familienstand: ledig
Beruf: Postbote
Bisherige Vereine: FC Assinghausen, TSV Bigge-Olsberg, SC Neheim, SV Lippstadt, SVW Soest
Im Verein seit: wieder seit 2021
Position: Innenverteidiger
Rückennummer: 93
Ich spiele Fußball, weil ... es alles für mich ist. Ich kann den Kopf frei kriegen, es ist meine Leidenschaft.
Beim SVW Soest Fußball zu spielen ist für mich ... wie eine zweite Familie. Entscheidender Grund weiterhin in Soest zu spielen, ist die Mannschaft. Wir verstehen uns alle top untereinander. Es macht mir jedes Mal Spaß, nach Soest zum Training und zu den Spielen zu fahren.
Mein Lieblingsverein: FC Schalke 04
Mein fußballerisches Vorbild: Virgil van Dijk

Als Verteidiger schießen Sie naturgemäß nicht so viele Tore. Vergangene Saison waren es fünf. In dieser Saison war es erst das zweite, sparen Sie sich die für die wichtigen Spiele auf?

Eigentlich spielen wir ja sehr offensiv Fußball. Jeder in der Mannschaft weiß, dass ich einer bin, der auch mal gerne vorne rumläuft, der viel mit nach vorne macht. Es ist aber auch nur der Position geschuldet, dass man nicht so viele Tore macht. Ich habe auch schon im Westfalenpokal gegen Erlinghausen getroffen. Vielleicht bin ich diese Saison echt dazu da, die wichtigen Tore zu schießen.

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Weil die meisten Gegner sehr defensiv agieren, sind Sie als Soester Abwehrspieler eigentlich mehr hinterste Angriffsreihe als Abwehrreihe. Diesmal war es zumindest vor der Pause anders. Da gab es einige enge Situationen, in denen Sie als Abwehrreihe gefordert waren. Was war los?

Bei vielen Spielern war es die Nervosität, gerade weil wir einen so jungen Kader haben und dann in so einem Topspiel performen zu müssen. Das hat man vielen angemerkt. Wir waren nervös, haben die Zweikämpfe nicht gewonnen, waren nicht wach genug. Die Ansage vom Trainer in der Halbzeit hat gefruchtet. Nach der Pause hat man dann gesehen, was wir können und warum wir das Spiel gewonnen haben. Und man darf auch nicht vergessen, dass Erlinghausen vorne eine brutale Qualität hat. Was die an Offensivspielern haben, hat man auch im Spiel gesehen. Die kannst du auch nicht 90 Minuten lang ausschalten. Deswegen hatten wir in der ersten Halbzeit auch solche Probleme.

Was haben Sie nach der Pause als Mannschaft besser gemacht?

Wir waren danach sofort wach, haben sofort die Zweikämpfe gewonnen, haben aggressiv dagegengehalten. Man hat das direkt gemerkt. Wir hatten direkt drei, vier Schüsse hintereinander, wo wir das 2:1 schon hätten machen müssen. Wir waren einfach wacher, das hat sich in Gutes umgemünzt. Daher haben wir das Spiel auch verdient gewonnen.

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Der SVW hat erst 12 Gegentore kassiert, was macht die Soester Defensive so stark?

Wir verstehen uns einfach untereinander gut. Bennet Eickhoff ist auch noch mal ein Spieler, der hinzugekommen ist, der einfach Erfahrung und Qualität hat, die uns einfach gefehlt hat.
Wir haben mit Lukas Kasparek einen überragenden Torwart, der uns so oft auch schon gerettet hat, indem er einen Elfmeter oder Unhaltbaren gehalten hat. Es ist auch das Verständnis, wie wir uns hinten verstehen, das macht uns einfach aus.

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Der Jubel nach ihrem Tor war weit über das Jahnstadion hinaus zu hören, immerhin waren 600 Zuschauer da. Wie war das, vor so einer Kulisse zu spielen?

Das ist schon ein richtig gutes Gefühl, das kann man gerne jeden Sonntag so haben. Es ist schon toll, wenn die Leute applaudieren, wenn jede Aktion gefeiert wird. Und wenn man ein Tor schießt, drehen einige Hundert Zuschauer ab. Das könnte man gerne jeden Sonntag so haben.

Die Tabelle der Landesliga 2

Jetzt haben Sie acht Punkte Vorsprung und noch neun Spiele. Was kann Sie jetzt noch aufhalten?

Die größte Gefahr geht von uns selbst aus. Wenn wir jetzt weniger machen oder wenn wir denken, dass die Meisterschaft schon entschieden ist. Das wäre falsch, denn in der Liga kann jeder jeden schlagen. Wenn wir einmal patzen, wird es sofort wieder eng. Entschieden ist auf jeden Fall noch nichts.

Trikotnummer 93 - was soll das eigentlich?

Als Ratz im Sommer 2021 nach Soest zurückkehrte, war das größte Trikot, was noch da war, das mit der Nummer vier. „Das war eigentlich für Roberto Fichera vorgesehen. Eigentlich wollte ich immer die ‘4’ haben, aber Soest wollte kein neues Trikot ordern“, erinnert sich Ratz. „Aber hoffentlich klappt es nächste Saison mit der ‘4’.“

Vor etwas weniger als einem Jahr haben Sie in Sönnern die Meisterschaft in der Bezirksliga gefeiert - hätten Sie das damals für möglich gehalten, dass sie ein Jahr später wieder feiern könnten?

Für uns war es wichtig, in der Liga anzukommen, uns da zu etablieren. Ziel war es erst einmal, die Liga zu halten, dass wir uns zurechtfinden. Dass wir so gut dastehen, damit hätte von uns niemand gerechnet.

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