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Zur WM in die USA: 16-jährige Soesterin bastelt weiter am ganz großen Traum

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Von: Thomas Müller

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Lilianne Gottfried aus Soest – hier im Dress der Bundesliga-Frauen des EC Bergkamen – nimmt mit der DEB-Auswahl an der U18-Weltmeisterschaft in den USA teil.
Lilianne Gottfried aus Soest – hier im Dress der Bundesliga-Frauen des EC Bergkamen – nimmt mit der DEB-Auswahl an der U18-Weltmeisterschaft in den USA teil. © EC Bergkamen

Lilianne Gottfried aus Soest spielt Eishockey - und das sehr gut. Die 16-Jährige ist so gut, dass sie sogar mit der U18-Nationalmannschaft zur WM in die USA fliegt. Gerade bereitet sie sich mit der Mannschaft im Allgäu auf das große Turnier vor.

Füssen/Soest – Lilianne Gottfried kommt ihrem großen Ziel gerade ein Stück näher, genauer gesagt: Sie fährt ihm auf Schlittschuhen entgegen. „Ich möchte gerne A-Nationalspielerin werden.“ Und in Füssen im Allgäu versammelt sich die U18-Nationalmannschaft, um sich auf die Weltmeisterschaft in den Städten Madison und Middleton, Wisconsin, in den Vereinigten Staaten vorzubereiten.

Stürmerin „Lilli“ ist eine der jüngsten im deutschen Kader, ist aber nicht etwa das Küken, sondern trägt schon Verantwortung: „Im vergangenen Jahr war es noch etwas zurückhaltend, aber was mich sehr freut, ist, dass ich für die Trainer eine sehr wichtige Rolle eingenommen habe.“ Beim Eishockey hat der Captain zwei Assistenten in der Mannschaft, bei den jüngsten Länderspielen war sie einer davon. „Mal sehen, wie es bei der WM wird. Aber es war schon mal schön, so eine wichtige Rolle zu bekommen.“

Dass die Karriere so einen steilen Verlauf nehmen würde, war nicht unbedingt zu erwarten, als Lilli vor sechs Jahren mit dem Eishockey begann. Aber das Talent war nicht zu übersehen. „Sie hat richtig viel in die Wiege gelegt bekommen. Dazu ist sie noch sehr ehrgeizig. Beim Training hat sie den Jungs was vorgemacht“, sagt Gerd Weißenberger, ihr erster Trainer bei der Soester EG.

Sie hat richtig viel in die Wiege gelegt bekommen. Dazu ist sie noch sehr ehrgeizig. Beim Training hat sie den Jungs was vorgemacht.

Gerd Weißenberger, erster Trainer von Lilianne Gottfried

Dabei musste die Begeisterung für Eishockey auch erst einmal entfacht werden – und das nicht unbedingt bei Lilli. „Ich bin immer schon gerne Eisgelaufen, ein Trainer, der die Laufschule dort gemacht hat, hat mich angesprochen, ob ich nicht mal zum Eishockeytraining kommen will.“ Wollte sie, und zwar unbedingt. Aber: „Die ersten drei Wochen habe ich meine Eltern nicht überredet bekommen.“

Lilianne Gottfried.
Lilianne Gottfried. © Thomas Müller

Danach sei die Familie mal hingefahren, unter einer Bedingung: „Ich hab gesagt, ich gucke auch nur. Und dann bin ich trotzdem mit aufs Eis gegangen. Und es hat direkt richtig Spaß gemacht.“ Wirklich Angst mussten die Eltern nicht unbedingt um ihr Mädchen haben. Die hatte damals schon Kung-Fu gelernt, wusste sich also zu behaupten. Damit war bald Schluss, Eishockey lief allen anderen Hobbys den Rang ab – und begeisterte auch die Eltern und die große Schwester. „Alle unterstützen mich und sind richtig gut dabei.“ Häufig geht es mit der Schwester auch zum DEL-Schauen, meistens nach Iserlohn. Auch wenn die deutsche Liga hoch im Kurs steht, ein NHL-Spiel live zu verfolgen, dass wäre auch noch ein großer Traum für sie.

Ihren Anteil an dieser Begeisterung hatten sicherlich auch Gerd Brüser und Weißenberger, ihre ersten Trainer bei der SEG in Echtrop, wo sie vor ihrem Wechsel für die Soester U13 in 20 Spielen 90 Scorerpunkte schaffte.

„Ich hab sie richtig ins Herz geschlossen – und freue mich immer, wenn sie mal wieder vorbeikommt, und mal beim Training mithilft“, sagt Weißenberger. Er blickt gerne zurück an die erste Zeit: „Es hat sich schon früh abgezeichnet, dass sie so eine Karriere hinlegt, sie ist technisch sehr gut, war wissbegierig und fleißig. Sie hat alles versucht umzusetzen, was ich ihr gesagt habe.“

Wissbegierig ist sie noch immer – Training und Spiele füllen ihren Terminkalender. Abgesehen von der Jugend-Nationalmannschaft spielt Lilianne noch in drei unterschiedlichen Mannschaften: für die Bärinnen des EC Bergkamen in der Frauen-Bundesliga, für die U15 der Roosters aus Iserlohn und für die U17-Spielgemeinschaft aus Iserlohn und Dortmund. Hinter der Dreifach-Belastung steckt auch ein logistischer Aufwand: „Meine Eltern, Oma und Opa, meine Schwester – es gibt immer jemanden, der mich fährt.“

In den Jugendteams spielt sie in gemischten Mannschaften, in denen es anders als beim Frauen-Eishockey, wo Checks nicht erlaubt sind, auch mal hart zur Sache geht. Kein Problem für Lilli: „Man kennt sich natürlich und die wissen teilweise, wer im Trikot steckt. Aber auf dem Eis wird nicht unterschieden, ob Mädchen oder Junge: Es ist ein Gegner.“ Wenn sie im U17-Match einen Check von einem fast 18-Jährigen bekommt, „gehört das dazu“. Das sieht übrigens auch Förderer Weißenberger als Nachteil: „Sie ist kleiner als die Jungs. Und ab da, wo es um den Körper geht, kann es dann sehr weh tun.“

Für die 16-Jährige kein Problem, sie freut sich viel mehr jeden Tag in der Woche auf dem Eis stehen zu können. „Unter der Woche habe ich regelmäßig mit Iserlohn trainiert, also fünfmal. Dazu kommen noch zwei Spiele am Wochenende.“ Die Bärinnen seien ein guter Ausgleich gewesen: „Wenn ich wusste, dass ich mit denen am Wochenende ein Spiel habe, bin ich donnerstags noch zu denen zum Training gefahren.“

Die ersten drei Wochen habe ich meine Eltern nicht überredet bekommen. Ich hab gesagt, ich gucke auch nur. Und dann bin ich trotzdem mit aufs Eis gegangen. Und es hat direkt richtig Spaß gemacht.

Lilianne Gottfried zu ihren Anfängen

Ein riesiger Aufwand, aber sie macht es gern – und nimmt sich auch die Auszeiten, die sich braucht. „Wenn ein hartes Wochenende war, haben wir zumindest montags freigemacht. Wenn es nicht anders ging, waren es sieben Tage die Woche.“ Die Regeneration kann immer mal zum Problem werden, aber es sei schon so, dass die Spieler in Iserlohn professionell betreut werden: „Die haben da schon ein Auge auf uns.“

Und auch die Lehrer an der Hannah-Arendt-Gesamtschule. Die ermöglichen Lilianne viele Freiheiten, aber sie zahlt das Vertrauen auch mit guten Schulleistungen zurück: „Da muss ich mal früher weg, oder wenn ich Lehrgänge habe, fehle ich.“ Aber Schule liege ihr gut. Sie sagt von sich selbst: „Ich bin eine fleißige Schülerin. Ich hol das meistens alles nach – und ich werde gut unterstützt.“

Und auch wegen der Weltmeisterschaft wird sie einiges verpassen. Am Mittwoch geht es zunächst nach Füssen, wo sich die U18-Nationalmannschaft versammelt. Am Montag, 30. Mai, geht es dann per Flugzeug in die USA, wo eine Woche später das erste Spiel gegen die Schweiz ansteht.

Lilianne Gottfried aus Soest – hier im Dress der Bundesliga-Frauen des EC Bergkamen – nimmt mit der DEB-Auswahl an der U18-Weltmeisterschaft in den USA teil.
Lilianne Gottfried aus Soest – hier Trikot der Roosters – nimmt mit der DEB-Auswahl an der U18-Weltmeisterschaft in den USA teil. © Iserlohn Roosters

Deutschland ist als Aufsteiger sicherlich nicht unter den Topfavoriten – das sind natürlich Kanada und die USA. Dennoch sind die Ziele ambitioniert: „Wir wollen in der Division bleiben und so weit wie möglich zu kommen.“ Niemand wisse aber die Stärke der Gegner einzuschätzen, zumal die WM früher stattfinden sollte. „Gerade ist nicht für alle der perfekte Zeitpunkt, eine WM nachzuholen. Aber es sind bestimmt alle froh, dass sie stattfindet.“ Einen Fingerzeig können die Turniere der vergangenen Monate geben, bei denen es gegen WM-Gegner ging. „Wir haben gegen Gegner wie Schweiz und Tschechien gespielt. Das hat gezeigt, dass wir noch ein bisschen was nachholen müssen, aber dass wir die Gegner auch schlagen können.“ Gelinge zum Auftakt ein Erfolg gegen die Schweiz, entscheide sich schon ganz viel für den weiteren Verlauf. „Wir werden alles geben und in jedem Spiel Vollgas geben.“

Was möglich ist bei einem großen Turnier, erlebte die junge Soesterin im Jahr 2020 – und gleichzeitig erlebte sie wohl eines ihrer bislang prägendsten Erlebnisse. Bei den „Youth Olympics“ in der Schweiz ging es zu wie bei den echten Olympischen Spielen – und obendrein war das DEB-Team auch noch erfolgreich. „Da war ein tolles Erlebnis, auch wenn wir im Viertelfinale rausgeflogen sind. Ich war ich noch relativ frisch dabei, mein erstes Jahr für die Nationalmannschaft. Es war einfach toll, es waren viele Länder dabei, das ‚Village’ dort, die Umgebung…“ Vielleicht klappt es ja nochmal mit so einem „Dorf“, dann vielleicht sogar das große. Immerhin starten die Frauen des DEB regelmäßig bei den Olympischen Spielen. Und wenn sich der große Traum mit der Nationalmannschaft erfüllt…

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