Werler Judoka macht aus Enttäuschung keinen Hehl

Die Enttäuschung war Alessio Murrone anzumerken. Er machte auch nicht die Mühe, sie zu verbergen, der Klang seiner Stimme verriet sie:
Stuttgart – „Ich bin überhaupt nicht zufrieden mit dem siebten Platz. Es war schon sehr bitter, ich habe mich völlig unter Wert verkauft“, sagte der Werler Judoka im Rückblick auf die Deutsche Einzelmeisterschaft im Judo im Stuttgart. Dort belegte Murrone, der schon seit Jahren für die Sport Union (SU) Witten-Annen startet, den geteilten siebten Platz in seiner Gewichtsklasse bis 60 Kilogramm. Nur, muss man sagen. Denn der Werler hatte sich viel mehr vorgenommen.
„Ich wollte wieder eine Medaille holen“, sagt der 21-Jährige, der im Vorjahr bei seiner DM-Premiere noch Silber gewonnen hatte. Doch diesmal war alles irgendwie komplizierter, dabei war Murrone sehr zuversichtlich in den Wettbewerb gestartet, hatte eine im April erlittene Corona-Erkrankung gerade „vollständig“ hinter sich gelassen.
Diesmal erlitt der Werler gleich mehrere unerwartete Rückschläge.
Den ersten und entscheidenden gab es im Viertelfinale, nach zwei ordentlichen und erfolgreichen Kämpfen. „Ich bin eigentlich richtig klasse gestartet, habe aber in dem Kampf nicht die richtigen Lösungen gefunden“, berichtet Murrone, der mit seiner Kampfgröße von 1,65 Meter Lenny Burk gegenüberstand, der einen guten Kopf größer war. „Der war fast 1,80 Meter groß“, schätzt Murrone. Und das bei maximal 60 Kilogramm. „Er war sehr lang und hatte eine große Reichweite.“ Und Murrone konnte nur schwer seine Kraft ins Spiel bringen, weil er meist mit ausgestreckten Armen keine besonders gute Hebelwirkung erzielen konnte. Dennoch entwickelte sich der Kampf zunächst positiv für den Werler, bekam sein Gegner doch schnell zwei Strafen wegen Passivität aufgebrummt. „Bei einer dritten Strafe für meinen Gegner hätte ich gewonnen, ich hab ein wenig darauf gehofft“, so Murrone. Doch das tat er vergeblich. Obwohl er Betrieb machte und Burk nicht viel, lief die Kampfzeit ohne weitere Strafe für den Gegner ab, sodass es in den „Golden Score“ ging.
„Der Gegner fiel halb auf die Seite, er hat sich reingedreht, ich bin darübergekullert. Und es gab eine halbe Wertung für ihn.
In diesem Modus gewinnt derjenige, der zuerst punktet. Und das Schicksal nahm seinen Lauf, wie Murrone beschreibt: „Der Gegner fiel halb auf die Seite, er hat sich reingedreht, ich bin darübergekullert. Und es gab eine halbe Wertung für ihn.“ Das war es.
Zumindest zunächst: Doch für die Trostrunde im Doppel-K.-o.-System hatte Murrone nun seine Contenance verloren. Dort erwartete ihn im Kampf um den Einzug ins „kleine Finale“ ein weiterer unangenehmer Kämpfer. Hratschik Latschinian attackierte mit Griffen, die „maximal unangenehm“ waren, außerdem gab es viele Rufe von außen, wie der Werler berichtet. Murrone verlor, und weiß warum: „Es lag wie im Viertelfinale am Kopf, ich war nicht frei, habe nicht die richtigen Lösungen gefunden.“
Den Kopf freibekommen will er nun möglichst schnell – und sich international mit guten Platzierungen zumindest ein bisschen rehabilitieren. Am Samstag tritt er bei den „European Open“ im rumänischen Cluj-Napoca an.