Es ist ein Bruch mit dem, was war. Eine Neubelebung der zuletzt immer mehr vor sich in der Kreisliga hindümpelnden führungslosen Preussen war nicht mehr möglich, ein „Weiter so“ ausgeschlossen.
Ab 1. Juli wird unter neuem Namen gespielt
Nun gibt es ab dem 1. Juli (Saison 2023/2024) einen neuen Namen, neue Farben. Unter dem Namen „Werler TV Fußball“ soll die Fußballabteilung unter dem Dach des TV ihre Arbeit aufnehmen. Und das Vereins-Organ, das „Preussen-Echo“, verhallt.
Fast 25 Jahre nach der ersten Bruchlandung der Adlerträger wird damit der seit 1911 mit Vereinsgründung bekannte Name gelöscht. Die „Spielvereinigung Preussen Werl e.V.“ hatte sich bereits mit dem Anschluss an den TV im Jahr 1999 aufgelöst. Auf den Spielpässen stand schon seither „Werler TV“. Aber in Werl und Umgebung war immer von den „Preussen“ die Rede. Aber einen guten Namen hatte die Abteilung schon lange nicht mehr.
Bei Fortbestand des derzeitigen Abteilungszustands hätte sich abgezeichnet, dass die Abteilung spätestens nach Beendigung der aktuellen Saison im Sommer 2023 ihren Spielbetrieb einstellen wird.
Zuletzt waren mehr Spekulationen ins Kraut geschossen als die Kicker Tore erzielten: Dass es so nicht weitergehen soll und kann, nachdem die Fußballer zuletzt führungslos waren, war allen Beteiligten klar. Schon zum Jahresende hatte das endgültige Aus gedroht, weil kein Vorstand mehr da war. TV-Chef Michael Kuge formuliert es so: „Bei Fortbestand des derzeitigen Abteilungszustands hätte sich abgezeichnet, dass die Abteilung spätestens nach Beendigung der aktuellen Saison im Sommer 2023 ihren Spielbetrieb einstellen wird, weil sich eben niemand für die Vorstandsarbeit und weitere wichtige erforderlichen Aufgaben gefunden hätte.“
Es gab also keine Bereitschaft, es doch noch mal zu versuchen. Wohl aber fand sich ein Team um dem ehemaligen Abteilungsleiter Patrick Timm und den zuletzt kommissarischen Chef, Preussen-Urgestein Günter Putinas, die bei einem Neustart der Werler Fußballer mitmachen wollen. Beide gehören zu den Mitinitiatoren des neuen Teams. Voraussetzung: ein Schlussstrich unter die Vergangenheit.
„Als ich von den Plänen zum ersten Mal gehört habe, blutete mir das Herz“, sagt Putinas, seit über 50 Jahren Preusse. Der Verein habe ihn geprägt, auch in der Jugend, später als Trainer. „Aber dann habe ich eine Nacht drüber geschlafen, da sah das schon anders aus.“ Denn als Einzelkämpfer war all das, was ein Verein braucht, nicht mehr zu schaffen. Nun gebe es eine Perspektive, den Club neu aufzustellen. Daher ist auch Putinas „jetzt dafür, das so zu machen“, dem weinenden Auge zum Trotz. Der Schlussstrich ist für ihn „eine Frage der Vernunft, um den Werler Fußball wieder in der Breite aufzustellen“. Denn konkurrenzfähig seien die Kicker der Wallfahrtsstadt schon lang nicht mehr, „auch wenn wir immer das Beste aus der Situation gemacht haben.“ Die Dörfer hätten den Preussen zuletzt den Rang abgelaufen – auch beim Nachwuchs.
Fehlender Unterbau großes Problem
Vor allem der fehlende Unterbau in der A- und B-Jugend habe den Preussen zu stark zugesetzt, „so etwas ist tödlich“, sagt Putinas; Als Trainer gingen, nahmen sie Spieler mit. Lange war den Verantwortlichen egal, was andere Vereine über die Preussen denken. Aber Spielgemeinschaften mit anderen Clubs, wegen fehlenden Nachwuchses immer häufiger üblich, waren offenbar nicht bildbar mit den Preussen. Der Neustart könnte also auch da Türen öffnen, obwohl der Verein es zunächst allein versuchen will.
Es gebe viele, die am Neustart mitwirken wollen, sagt TV-Chef Kuge, der auf viele negative Vorbelastungen sowie Ressentiments gegen die Preussen verweist. „Aber wir wollen nun nicht mehr in der Vergangenheit wühlen und keinem weh tun, sondern nach vorne schauen.“
Eine Seniorenmannschaft und drei Jugendmannschaften gab es zuletzt noch. Wer weiter kicken möchte, soll bleiben. Aber dabei soll es nicht bleiben. „Die Fußballabteilung setzt sich zum Ziel, jedem Sport- und Fußballbegeisterten eine sportliche Heimat im Sportpark Werl zu geben“, kündigt Timm an. Weitere Jugend- und Seniorenmannschaften sollen perspektivisch, möglichst bereits zum Sommer, neu aufgebaut oder ergänzt werden. So sollen gut besetzte Mannschaften in allen Altersklassen entstehen. Voraussetzung sei eine starke Abteilungsleitung mit geschulten Trainern und Betreuern und vielen freiwilligen Helfern.
Klar fällt mir das schwer, aber ich muss auch über den Tellerrand schauen.
Die Zielsetzung sei klar formuliert: „Dieses neue, ausreichend breit aufgestellte Team möchte den Fußball im Stadtgebiet Werl durch die Neuausrichtung wieder in eine erfolgreiche Bahn bringen.“ Besondere Bedeutung komme dabei dem Ausbau der Jugendabteilung zu. Angestrebt sei, im Sommer Jugendmannschaften in allen Altersklassen zu stellen. „Übungsleiter hierzu sind nahezu vollständig vorhanden“, versichert Timm. Mit Hochdruck werde daran gearbeitet, die Teams in ausreichender personeller Stärke zusammen zu stellen.
Auch im Seniorenbereich soll es „entscheidende Änderungen“ geben: Eine 2. Mannschaft soll wieder am Spielbetrieb teilnehmen. Zudem ist der Aufbau einer Damenmannschaft geplant.
Ein Stück Tradition aber kann blieben: Der Preussen-Vergangenheit werde das Feld eröffnet, eine Traditionsmannschaft zu bilden, die sich im Alte-Herren-Bereich ansiedeln kann.
Zu dem Vorhaben soll es am 28. Januar um 11 Uhr im Vereinsheim des Werler TV im Sportpark eine Informationsveranstaltung geben. Alle Interessierten, sind eingeladen. Dass sie kommen und der Neuanfang gelingt, hofft Putinas mit Blick auf die „tolle Sportanlage“ im Sportpark. Das Urgestein will, dass es nun wieder bergauf geht.
Dazu müsse man loslassen, die Preussen abschreiben. „Klar fällt mir das schwer, aber ich muss auch über den Tellerrand schauen“, sagt der Funktionär, der sicher ist, dass dieser Schritt zum Preussen-Aus nicht jedem im Club gefällt. „Einige werden bestimmt sauer sein oder enttäuscht.“ Aber der Blick könne nun nur nach vorne gehen.
Der Vorstand des Werler TV wurde und wird über den Sachstand der geplanten Umstrukturierung engmaschig informiert. Vorsitzender Kuge begrüßt aus Sicht des geschäftsführenden Vorstands des Turnvereins die Neustrukturierung: „Ich habe Unterstützung zugesichert.“