Für den in Soest wohnenden 27-Jährigen war dies ein extrem emotionaler Moment. „Ich habe zuletzt ein paarmal mittrainiert. Der Gedanke an ein Spiel war aber lange weit weg. Aber es war für mich wichtig, gerade vor der Winterpause und auch in Soest, zu spielen. Das ist ein gutes Gefühl“, sagt Böhmer, der zum Schuljahresbeginn ins Praxissemester (Englisch und Sport) gestartet ist und dies an einer Gesamtschule in Ahlen absolviert.
Er ist auch froh, dass ihm der Einstieg angesichts der 4:0-Führung so leicht gemacht wurde, gibt aber auch zu: „Ich war vor dem Spiel aufgeregt.“ Auch seine Eltern kommen vorbei und haben dafür extra einen privaten Termin verschoben. Papa Rudi (Spitzname übrigens „Felix“) Böhmer ist auch eine Büdericher Legende, der seine Söhne und ganze Generationen junger Fußballer selbst als Trainer begleitete.
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Den früheren Spieler in der Jugend von Borussia Dortmund plagten vor seinem Comeback auch Selbstzweifel: „Meine erste Sorge war: Wie lange hält die Luft. Ich bin bisher maximal eine halbe Stunde gejoggt.“
Bevor er sich für eine Rückkehr zu den Blau-Weißen entschied, stand auch ein Wechsel zum Landesligisten SVW Soest im Raum. „Ich wusste nicht, ob ich für eine Saison bei Westfalia rechtzeitig fit werde“, blickt Böhmer zurück, „und es hat sich gezeigt, dass ich mit meiner Einschätzung Recht hatte.“ Zugezogen hat er sich seine Knorpelverletzung im Zeh übrigens nicht beim Fußball, sondern beim Trampolinspringen. Die Operation ist schon zwei Jahre her, es gab aber immer wieder Komplikationen „und ein paar Rückschläge“ auf seinem langen Weg zum Comeback.
Der Körper braucht sehr lange, um aus so einer langen Pause herauszukommen.
Gemerkt hat er nach dem Spiel am Sonntag, dass „der Körper sehr lange braucht, um aus so einer langen Pause herauszukommen“. Wichtig sei auch gewesen, ohne Angst vor Zweikämpfen ins Spiel zu gehen: „Das wäre nicht gut, und gerade dann passiert meistens etwas.“
Felix Böhmer ist 27 Jahre alt, hat seine fußballerische Wurzeln bei den Blau-Weißen und spielte danach von der D- bis zur A-Jugend bei Borussia Dortmund (und in der Westfalenauswahl sowie zweimal bei Sichtungslehrgängen des DFB). „Aber Nationalspieler bin ich nicht geworden“, sagt er. Anschließend spielt er fünf Jahre lang beim Oberligisten Westfalia Rhynern – auch in dem einen Regionalliga-Jahr – bis zu seiner Verletzungspause.
Mit seiner Leistung war er insgesamt zufrieden. „Das war natürlich nicht mein bestes Spiel. Aber ich weiß nun, wo ich jetzt stehe und es liegt an mir, daran zu arbeiten, wenn ich langfristig vernünftig mitwirken kann.“
Mit der Rolle als gleichberechtigter Trainer an der Seite des erfahrenen Spielertrainers Dominik Koch, der ihn letztlich an den Bruchbach gelotst hat, hat sich der angehende Lehrer gut arrangiert. „Wir sind Tabellendritter und haben jetzt acht Spiele in Folge gewonnen. Wenn wir das halten können, wäre das cool. Aber für mich geht es auch um die Entwicklung der Spieler. Da ist noch viel Luft“, sieht Böhmer das Potenzial bei den Blau-Weißen noch längst nicht ausgeschöpft.
Die Zeit als Trainer während der Verletzung hat ihn vollständig ausgefüllt und so war er auch nicht frustriert, nicht mitspielen zu können. Doch: „Jetzt juckt es in den Füßen und ich will auch was zeigen, und zwar als Führungsspieler“, hofft Böhmer auf weitere und längere Einsätze in der zweiten Saisonhälfte, auf die sich das Team ab dem 11. Januar vorbereiten wird.
Der Trainerjob deckt sich mit vielem, was er aus seinem Studium kennt. Auch die Lizenz hatte er an der Uni längst gemacht. Und als angehender Lehrer fasziniert ihn nicht nur der Sport, sondern auch das soziale System, als das eine Mannschaft funktioniert.
Dass sich der langjährige Spielertrainer Dominik Koch und Neuling Felix Böhmer optimal ergänzen, das glaubt man dem 27-Jährigen aufs Wort. Böhmer lernt gern Neues, will sich immer verbessern, auch in seiner Rolle als Trainer. „Ich glaube nicht, dass man ein guter Trainer wird, weil man mal hoch Fußball gespielt hat. Ein guter Trainer ist, wer sich einarbeitet, sich dahinter klemmt, sich Dinge aneignet.“
Von BVB-Coach Edin Terzic viel gelernt
Hat er da Vorbilder? „Die beste Zeit hatte ich selbst damals in der U17 bei Hannes Wolf und Edin Terzic”, sagt Felix Böhmer mit Blick auf den aktuellen BVB-Trainer und den früheren Bundesliga-Trainer Wolf (VfB Stuttgart, Bayer Leverkusen), der nun beim Deutschen Fußball-Bund für Nachwuchs-Nationalmannschaften zuständig ist.
Böhmers Wunsch ist: „Ich will, dass die Jungs am Ende der Saison sagen: ‘Ich hab viel gelernt, ich hatte Spaß, wir haben tollen Fußball gespielt. Und Felix ist ein geiler Trainer.’”