Afghanistan-Evakuierung: Bundeswehr rettet 220 Menschen – Geflohener Präsident meldet sich mit Video-Botschaft

Die Bundeswehr hat weitere 220 Menschen aus der afghanischen Hauptstadt Kabul evakuiert. Der geflohene Präsident äußerte sich nun in einer Video-Botschaft.
- Schon im Juni sollten Helfer der Bundeswehr ausgeflogen werden - doch die Bürokratie machte dem Plan einen Strich durch die Rechnung (siehe Update vom 18. August, 17.35 Uhr).
- Die Evakuierung von Ortskräften in Afghanistan durch die Bundeswehr geht weiter. 220 Menschen sollen am Abend nach Taschkent ausgeflogen worden sein (siehe Update vom 18. August, 20.30 Uhr).
- Der geflohene afghanische Präsident Ashraf Ghani hat sich mit einer Video-Botschaft zu Wort gemeldet (siehe Update vom 18. August, 21.20 Uhr).
- Dieser News-Ticker wird fortlaufend aktualisiert.
Update vom 18. August, 22.40 Uhr: Eine weitere Lufthansa-Maschine ist in Taschkent gestartet, um aus Afghanistan gerettete Menschen nach Deutschland zu bringen. Der Airbus A340 mit rund 250 Menschen an Bord soll am frühen Donnerstagmorgen in Frankfurt landen, wie ein Lufthansa-Sprecher mitteilte.
Update vom 18. August, 21.20 Uhr: Nach seiner überstürzten Flucht aus Kabul hat sich der afghanische Präsident Ashraf Ghani in einer Video-Botschaft erstmals wieder zu Wort gemeldet. Der Politiker trat dabei den Vorwürfen entgegen, er hätte Geldkoffer mit sich genommen. Dies sei „Rufmord“. Zwar hätten die Taliban versichert, dass sie die Hauptstadt nicht betreten würden: „Aber leider waren sie schon da, vor dem bekannten Termin für die Machtübergabe.“ So habe er auch „vertrauliche Dokumente“ zurücklassen müssen.
Ihm selbst sei es nur darum gegangen, ein Blutbad zu verhindern. „Ich habe selbstverständlich die Verantwortung dafür übernommen, dass es keinen Krieg in Kabul gibt, und deswegen das Land verlassen“, betonte Ghani. Zugleich versprach er: „Es wird in unserem Land Frieden geben. Das ist unser Hauptziel. Die vergangenen Tage gingen sehr schnell vorüber. Bevor ich das Land verlassen habe, habe ich dafür gesorgt, dass die Macht friedlich übergeben wird.“
Afghanistan: Bundeswehrflieger haben mehr als 670 Menschen aus Kabul rausgeholt
Update vom 18. August, 20.30 Uhr: Eine weitere Maschine der Bundeswehr hat 220 Menschen von Kabul nach Taschkent ausgeflogen, wie das Bundesverteidigungsministerium twitterte. Damit seien insgesamt mehr als 670 Personen aus Afghanistans Hauptstadt in Sicherheit gebracht worden. Laut Bundesaußenministerium waren fast ausschließlich afghanische Staatsbürger an Bord, darunter mehr als 80 Frauen. Nach Informationen der afp werde in einem vertraulichen Lagebericht des Verteidigungsministeriums von vier geplanten Flügen zwischen Kabul und Taschkent für diesen Mittwoch gesprochen.
Update vom 18. August, 19.45 Uhr: Nach der Sitzung des Krisenstabs der Bundesregierung hat sich Heiko Maas zur Lage in Kabul geäußert. Dem Bundesaußenminister zufolge sei die Lage am Flughafen zum Teil „außerordentlich chaotisch“. Weiter sagte der SPD-Politiker: „Die Anzahl der Zugangspunkte ist beschränkt. Und nach unseren Informationen scharen sich Hunderte von Menschen vor diesen Toren, teilweise werden das auch Tausende und dabei ist es immer wieder zu Gewaltausbrüchen gekommen.“
Mittlerweile seien rund 500 Menschen von der Bundeswehr ausgeflogen worden. „Wir wollen das in den kommenden Tagen auch in der Quantität weiterführen“, betonte Maas: „Wir wollen weiterhin so viele Menschen wie möglich aus Afghanistan in Sicherheit bringen.“
Afghanistan: Bürokratie verhinderte offenbar Ausflug von Bundeswehrhelfern schon im Juni
Update vom 18. August, 17.35 Uhr: Anscheinend hätten afghanische Ortskräfte und ihre Familien schon Ende Juni aus dem nordafghanischen Masar-i-Scharif in Sicherheit gebracht werden können. Wie die Süddeutsche Zeitung in ihrer Donnerstagsausgabe berichtet, habe das Bundesverteidigungsministerium für den 25. Juni zwei Charterflugzeuge organisiert. Allerdings sei die Operation an Streitigkeiten um Pass- und Visaanforderungen gescheitert.
Dem Bericht zufolge hätten mit den Maschinen zweier spanischer Airlines bis zu 300 Menschen in Sicherheit gebracht werden können. Es sei um 60 afghanische Ortskräfte der Bundeswehr und ihre Familienangehörige gegangen. Als Problem hätte sich laut einem Ministeriumssprecher letztlich herausgestellt, die betroffenen Personen zweifelsfrei zu identifizieren und vor der Abreise zu prüfen, ob sie berechtigt seien, nach Deutschland gebracht zu werden. Um es kurz zu machen: deutsche Bürokratie.
Afghanistan: Laschet gibt Garantie für Aufnahme von Evakuierten
Update vom 18. August, 15.40 Uhr: Der Kanzlerkandidat der Union, Armin Laschet, hat für den Fall seiner Wahl die Aufnahme aller von Deutschland registrierten Ortskräfte und Vertreter der Zivilgesellschaft aus Afghanistan versprochen. Es gebe lange Listen solcher Menschen, die derzeit nicht nur in Kabul, sondern auch an anderen Stellen in Afghanistan seien, sagte Laschet am Mittwoch bei einem Wahlkampfauftritt in Oldenburg. „Ich werde als Bundeskanzler eine Garantie abgeben, dass jeder, der sich auf diesen Namenslisten befindet, der sich für Deutschland engagiert hat, in Deutschland Aufnahme findet.“

Auf die militant-islamistischen Taliban müsse nach der Eroberung der Hauptstadt Kabul Druck ausgeübt werden, diesen Menschen die Ausreise zu ermöglichen, sagte der CDU-Chef weiter. Deutschland müsse sich auf die Aufnahme vorbereiten. „Wir müssen alle, die auf uns gesetzt haben, herausholen.“ Der Ministerpräsident von NRW verwies auch auf die Bereitschaft seines Landes, 1000 Frauen aus Afghanistan aufzunehmen. Die Bundestagswahl ist am 26. September.
Afghanistan: Bislang gut 500 Menschen von deutscher Seite ausgeflogen
Update vom 18. August, 14.47 Uhr: Bei den Evakuierungsflügen aus Kabul sind nach Angaben des Auswärtigen Amts von deutscher Seite bislang gut 500 Menschen aus Afghanistan herausgebracht worden. Davon seien 189 deutsche Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, 202 Afghaninnen und Afghanen sowie 59 Menschen aus anderen EU-Staaten und 51 Menschen aus weiteren Staaten, sagte ein Sprecher des Außenministeriums.
Der Außenamts-Sprecher wies Vorwürfe zurück, es seien Bitten der deutschen Botschaft in Kabul um eine frühere Evakuierung ignoriert worden. Vielmehr sei am Freitag eine gemeinsame Entscheidung über den Ablauf getroffen worden, sagte der Sprecher. Dabei habe das Bestreben eine Rolle gespielt, die Handlungsfähigkeit der Botschaft so lange wie möglich zu erhalten, um Charterflüge für die Ortskräfte zu organisieren - zu denen es wegen des unerwartet raschen Vormarschs der radikalislamischen Taliban dann aber nicht mehr gekommen sei.
Afghanistan-Evakuierung: Innenminister nehmen Bund in die Pflicht
Update vom 18. August, 14.15 Uhr: Die Innenminister der Länder haben vom Bund ein Bundesaufnahmeprogramm für Afghanistan-Flüchtlinge wie Ortskräfte, Journalisten oder Menschenrechtsaktivisten gefordert. „Aufgrund der sicherheits- und außenpolitischen Verantwortung des Bundes sehen wir hier den Bund für ein Bundesaufnahmeprogramm in der Pflicht“, sagte der Vorsitzende der Innenministerkonferenz (IMK), der baden-württembergische Ressortchef Thomas Strobl (CDU), am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur in Berlin nach einer von ihm einberufenen Telefonkonferenz.
Der Bund „hat die operativen Möglichkeiten, die es in dieser Lage braucht, etwa um vor Ort in Afghanistan den Personenkreis zu identifizieren, um den es geht“, ergänzte Strobl. Es gebe einen klaren Konsens in der IMK, über alle Länder- und Parteiengrenzen hinweg: „Es geht darum, schnellstens die deutschen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger aus Afghanistan zu evakuieren. Und es geht darum, denen zu helfen, die uns geholfen haben und die jetzt bedroht sind - um die afghanischen Ortskräfte, auch etwa um Journalistinnen und Journalisten, Menschenrechtsaktivistinnen und -aktivisten, gerade auch um Frauen.“ Ein besonderes Anliegen sei ihm, „dass diese Menschen - viele davon sind ja hoch qualifiziert, oft mehrsprachig - auch schnell eine sinnvolle Beschäftigung und Tätigkeit finden“, sagte Strobl.
Nächster deutscher Evakuierungsflieger holt 176 Menschen aus Afghanistan
Update vom 18. August, 11.36 Uhr: „Der erste Evakuierungsflug des heutigen Tages ist soeben mit 176 Menschen aus Kabul abgehoben“, schrieb Außenminister Heiko Maas um 10.47 Uhr bei Twitter. Die Menschen an Bord der Maschine vom Typ A400M werden nun in die usbekischen Hauptstadt Taschkent gebracht. Von dort sollen sie nach Deutschland ausgeflogen werden. Seit der Einrichtung der Luftbrücke seien damit mehr als 400 gefährdete Menschen in Sicherheit gebracht worden, teilte das Bundesverteidigungsministerium mit.
Die Afghanen in der Lufthansa-Maschine, die in Frankfurt landete, werden in eine Aufnahmeeinrichtung nach Hamburg gebracht. Dies teilte ein Sprecher der Bundespolizei am Frankfurter Flughafen am Mittwoch mit. Insgesamt handle es sich um eine Gruppe von 17 bis 19 Menschen mit afghanischem Pass. Zuständig sei nun das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Insgesamt waren etwa 130 Passagieren an Bord der Maschine - die meisten Deutsche oder Angehörige anderer Staaten, die ohne Formalitäten ein- oder weiterreisen konnten.
Afghanistan: Situation in Flughafen in Kabul weiter angespannt - viele übernachteten vor Ort
Update vom 18. August, 11.25 Uhr: Nach der faktischen Machtübernahme der Taliban harren in Afghanistans Hauptstadt Kabul weiterhin Hunderte Menschen rund um den Flughafen aus. Das berichteten Augenzeugen am Mittwoch der Deutschen Presse Agentur. Kinder, Frauen und Männer hielten sich in den Straßen um das Flughafengelände auf. Viele hätten dort auch übernachtet.
Der Flughafen nur nur eingeschränkt in Betrieb. Zahlreiche westliche Länder bemühen sich weiterhin, ihre Staatsbürger und Ortskräfte, die Angst vor Racheaktionen der Taliban haben, aus Afghanistan in Sicherheit zu bringen. Unklar war, ob es neben Evakuierungsflügen am Mittwoch auch wieder kommerzielle Flüge gab oder geben sollte.
In der Stadt kursieren fälschlicherweise Gerüchte, wonach alle, die es auf den Flughafen schaffen, auch evakuiert werden. Deshalb fahren viele Menschen dorthin. Sie versuchen über Sprengschutzmauern oder anderen Wegen, auf das Gelände zu kommen. Es hießt, das US-Militär entscheide abhängig von der jeweiligen Lage über Öffnung und Schließung bestimmter Zugänge zum Flughafen.
Bundeskabinett billigt deutsche Evakuierungsflüge aus Afghanistan
Update vom 18. August, 9.58 Uhr: Wie erwartet hat die Bundesregierung am Mittwochmorgen den Einsatz von bis zu 600 Bundeswehrsoldaten bei der Evakuierungsaktion im afghanischen Kabul beschlossen. Das Kabinett billigte nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur aus Regierungskreisen den Entwurf für ein entsprechendes Bundestagsmandat. Darüber soll voraussichtlich in der kommenden Woche im Parlament abgestimmt werden. Die Evakuierung in Afghanistan läuft bereits (siehe Erstmeldung).
Weiterer Evakuierungsflug in Deutschland gelandet - Bundeskabinett tagt wegen Afghanistan-Einsatz
Erstmeldung vom 18. August: Kabul - Nach einem zehntägigen Eroberungsfeldzug durch Afghanistan* erreichten die Taliban am Sonntag die Hauptstadt Kabul, woraufhin die Regierung ihre Niederlage eingestehen musste. Auch Staatspräsident Aschraf Ghani floh vor der Machtübernahme aus dem Land.
In Frankfurt am Main ist am frühen Mittwochmorgen eine Lufthansa-Maschine mit rund 130 Evakuierten aus Afghanistan gelandet. In Kabul startete zudem am Dienstagabend ein dritter Evakuierungsflug mit 139 Menschen an Bord in Richtung der usbekischen Hauptstadt Taschknet, wie Außenminister Heiko Maas (SPD) mitteilte. Von dort aus sollen die Evakuierten am Mittwoch nach Deutschland weiter geflogen werden. Bereits am Dienstag waren in Berlin erste evakuierte Mitarbeiter der Botschaft in Kabul angekommen. Am Mittwoch seien vier weitere Evakuierungsflüge nach Kabul geplant, teilte die Bundewehr zudem auf Twitter mit.
Afghanistan: Weitere Evakuierungsflüge für Mittwoch geplant - Kabinett bespricht Bundeswehreinsatz
Außenminister Heiko Maas (SPD) sagte am Dienstagabend, 17. August, im „heute journal“ des ZDF, die Tore am Flughafen seien derzeit geschlossen, sobald sie geöffnet seien, werde der Betrieb fortgesetzt. Man werde jedoch weiter evakuieren, solange es geht, so das Verteidigungsministerium auf Twitter.
Den Entwurf für den Evakuierungseinsatz der Bundeswehr will das Bundeskabinett am Mittwoch (9.30 Uhr) beschließen. In der kommenden Woche soll der Bundestag entscheiden. Da die Aktion bereits läuft und auf breite Zustimmung stößt, gelten beide Entscheidungen als Formsache - dennoch muss das Parlament einen solchen offiziell neuen Auslandseinsatz nach Ende des Nato-Mandats in dem Land billigen. Ein Entwurf, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, sieht den Einsatz von bis zu 600 Soldaten bis spätestens 30. September vor. Dieser soll rund 40 Millionen Euro kosten.
Mit der Lage in Afghanistan wollen sich am Mittwoch auch der Verteidigungsausschuss des Bundestages (13.00 Uhr) und der Auswärtige Ausschuss (11.30 Uhr) befassen. Die Opposition hatte in den vergangenen Tagen die Bundesregierung heftig kritisiert. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU*) und Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) räumten ein, die internationale Gemeinschaft habe die Lage in Afghanistan falsch eingeschätzt und ihre Ziele bei dem Einsatz nicht erreicht.
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