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Bier wird teurer: Pinkus-Brauerei aus Münster verteidigt hohe Preise

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Von: Marvin K. Hoffmann

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Bier wird teurer – viele Wirte und Brauer stellt das vor Probleme. Die traditionsreiche Brauerei Pinkus aus Münster kann sich davor nicht verschließen. Sie hat Lösungen.

Münster – „Kein leichter Job dieser Tage“, klagt Friedhelm Langfeld. Der Diplom-Ingenieur und Braumeister der traditionsreichen Pinkus-Brauerei in Münster (NRW) hat sich auf Nachfrage von wa.de zu den steigenden Bier-Preisen geäußert. Er setzt auf Qualität statt Masse, hofft auf das Verständnis der Kunden – und nimmt die Politik in die Pflicht.

Bier wird treuer: Pinkus-Brauerei aus Münster spürt den Preisanstieg

Ende Januar hatten Brauereiverbände Alarm geschlagen. Bier in der Gaststätte wird angesichts der steigenden Produktionskosten in Deutschland teurer – bis zu 7,50 Euro soll ein halber Liter bald schon kosten. Viele Brauereien und Wirte fürchten um ihre Existenz. Auch Pinkus aus Münster spürt das. Braumeister Langfeld will aber nicht so leicht die Flinte ins Korn respektive in den Hopfen werfen.

„Bierbrauen ist ein energiezehrender Prozess, Optimierungspotenziale insbesondere in kleineren Betrieben sind weitestgehend ausgeschöpft“, sagt Pinkus-Braumeister Langfeld. Mit einem allzu heftigen Aufschlag müssen die Kunden der Traditionsbrauerei aus Münster aber offenbar nicht rechnen, eher „mit einem weiteren Euro pro Kasten“, meint Langfeld. Generell ist er von der Vernunft und dem Verständnis der Pinkus-Trinker überzeugt. Das macht diese Brauerei besonders im Vergleich zu den großen Marktführern.

So sei der Bierpreis laut Langfeld in den vergangenen 20 Jahren nach Einführung des Euro nicht übermäßig stark gestiegen. „Industriell hergestellte Biere, die quasi laufend zu Schleuderpreisen angeboten werden, aber keine hohen Qualitäts- und Rohstoffansprüche haben, regeln das untereinander“, sagt der Braumeister. Er ist sich sicher: „Biertrinker, die lokale, handerzeugte Spezialitäten mit Charakter schätzen und Arbeitsplätze in der Region sichern wollen, dürften notwendige Preisanpassungen akzeptieren.“ Die Herausforderungen sind dabei für beide gleich.

Bier wird teurer: Nicht nur Pinkus in Münster hat mit höheren Materialkosten zu kämpfen

Eine Mitgliederbefragung des Deutschen Brauerverbandes hat erstaunliche Zahlen zutage gefördert im November 2022. Sie dürfen immer noch als aktuell angesehen werden. Das Ergebnis der Umfrage zeigt die Kostensteigerungen in Brauereien bei der Produktion:

Kronkorken+120 Prozent
Kohlensäure+90 Prozent
Neuglas+70 Prozent
Etiketten+30 Prozent
Hopfen+35 Prozent
Malz+90 Prozent

Natürlich haben auch die Brauereien besonders unter der Energiekrise zu leiden. Zwar werden mancherorts die Temperaturen in den Schwimmbädern wieder hochgefahren, die Kosten für Energie bleiben dennoch hoch. So spüren die Brauereien bei Strom und Gas eine Kostensteigerung von +750 Prozent. Hinzu kommen weitere Kostensteigerungen:

Kraftstoffe+55 Prozent
Bierkisten+40 Prozent
Bierfässer+60 Prozent
Kartonage+40 Prozent
Seefracht+55 Prozent
LKW-Fracht+20 Prozent

Die Zahlen kann auch Braumeister Langfeld von der Pinkus-Brauerei aus Münster bestätigen. „Es wird ja praktisch alles teurer: Energie, Rohstoffe, Löhne, praktisch alle Hilfsstoffe von der Kohlensäure über Etiketten bis zum Kronenkorken, Verpackungsmaterial wie Bierkisten und vor allem Bierflaschen“, sagt er. Die große Preis-Explosion möchte er verhindern. Leicht sei das aber nicht, „wenn man die Qualität halten will“. Denn: „Wir stellen Bio-Biere her – das ist mit billig unvereinbar.“ Der Dialog mit den Kunden spielt dabei eine große Rolle.

„Wir sind laufend im Gespräch mit unserer Kundschaft und selber Betreiber zweier Gaststätten. Die Folgen der Pandemie sind überall noch allgegenwärtig“, erklärt Langfeld. Ganz so schwarzbierig möchte er das Bild aber nicht malen – in der Not rücken die Menschen schließlich zusammen. Offenbar besonders die Bier-Sparte: „Die Branche teilt ihre Erfahrungen und Ideen und hilft sich gegenseitig. Man ist sich einig: Ohne Preisanpassungen wird man nicht überleben. Wichtige erste Maßnahmen sind allerdings bei den meisten Wirten schon getan und bei den Gästen akzeptiert.“

Bier wird teurer: Pinkus-Braumeister Friedhelm Langfeld nimmt Politik in die Pflicht

Langfeld ist dabei wichtig zu betonen, dass nicht nur die Brauereien und Wirte – Pinkus betreibt wie erwähnt selbst zwei Gaststätten in Münster – in der Verantwortung seien. Auch an die Politik hat er eine klare Forderung.

„Der Staat“, sagt Pinkus-Braumeister Langfeld, „muss unterstützen und das Einsetzen einer Preisspirale verhindern durch Steuer-, insbesondere Mehrwertsteuersenkungen für Lebensmittel.“ Langfristig seien außerdem „der längst überfällige Bürokratieabbau, der allerorten verwechselt wird mit Digitalisierung“, ganz wichtig – um Traditionsbrauereien wie Pinkus aus Münster vor dem Aus zu bewahren.

Von sich reden machte zuletzt auch eine andere Brauerei: Oettinger streicht etliche Bier-Sorten aus dem Sortiment. Das kommt nicht bei allen Fans gut an, berichtet 24RHEIN.

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