Bei seinem Willkommen an die Besucher im Saal richtete sich Bürgermeister Martin Michalzik zuerst an die Personen, „die als Geflüchtete aus der Ukraine bei uns ein gutes, sicheres Dach dank offenherziger Helfer gefunden haben: Herzlich willkommen. Wir sind an Ihrer Seite“.
Michalzik ließ keinen Zweifel: „Für einen brutalen Angriffskrieg und Unterdrückungsfeldzug gegen ein Volk, das nach Freiheit, Aufbruch und Zukunft in Europa strebt, gibt es nie eine Rechtfertigung. Er ist ein Verbrechen. Unser Mitgefühl gilt den unschuldigen Opfern auf beiden Seiten. Unsere Solidarität gilt den Überfallenen.“
Ein besonderer Gruß galt aber auch jenen, „die sich bei uns um Geflüchtete kümmern. Als Wohnungsgeber oder Dolmetscherinnen, als Mentorenkreis und Alltagshelferinnen, als Spendensammler, Deutschlehrerinnen und –lehrer, als Fachkräfte in Kitas, Schulen und Verwaltung“.
Michalzik griff in seiner Begrüßung des Zitat der „Zeitenwende“ von Bundeskanzler Olaf Scholz auf und nutzte jeden der Buchstaben, um jene Eigenschaften und Begriffe zu beschreiben, die der Gemeinde und ihren Menschen die Kraft liefern und sie stärken, diese Zeitenwende zu vollziehen.
Von Z wie Zuversicht, genährt durch ein konstruktives Miteinander vor Ort, über E wie Ehrenamt als soziale Herzkammer der Gemeinde, I wie Industrie und Innovation mit über 4 000 gewerblichen Arbeitsplätzen, T wie Toleranz und Tradition mit 80 Nationen vor Ort und einem Gemeinschaftsleben, das mit seinen Wurzeln und Traditionen gleichwohl offen für Veränderungen ist, wies Michalzik auch jedem weiteren Buchstaben entsprechende Begriffe zu, von der Entschlusskraft, über Nachhaltigkeit, gelebte Werte oder Ehrlichkeit etwa im kommunalpolitischen Miteinander.
Als störend empfindet es Michalzik hierbei allerdings, „dass Politik in Bund und Land manchmal noch Dinge verspricht, die wir in unseren Städten und Gemeinden (so) nicht mehr werden einlösen können“. Und bevor er beim letzten E der Zeitenwende anlangte, jenem E, bei dem Michalzik nicht zuletzt um Empathie und Einfühlungsvermögen für die Gemeinschaft appelliert, kam jenes D wie man es in Dankbarkeit, Demokratie und Dialog finde:
„Ich bin überzeugt, wir haben bei uns manches zu kritisieren und können Einiges verbessern. Daran arbeiten wir in der Gemeindeverwaltung mit viel Tatkraft und dafür setze ich mich ein. Aber bei uns fallen keine Bomben. Bei uns herrscht keine Hungersnot. Bei uns bricht nicht die Erde auf und reißt Häuser, Menschen und ihre Träume in den Abgrund und Tod. Wir leben – trotz einem Krieg in Europa – hier in Frieden. Mit dem deutschen Pass öffnet sich für uns jedes Land der Erde. Unsere Währung wird überall akzeptiert.
Selbst wer sich uneinsichtig und ungeimpft auf dem Höhepunkt der Coronapandemie infizierte, konnte darauf bauen, vom Rettungsdienst in irgendeine freie Klinik befördert zu werden. Es gibt Bürgergeld, Kindergeld und Wohngeld. Bei uns – also in Berlin – werden Wahlen nicht gefälscht, sondern verbaselt, aber dann wenigstens ordentlich wiederholt. Und wer laut über die Politik der fünf Parteien im Wickeder Rat oder über die Verwaltung im Rathaus schimpft, bekommt Platz dafür in den Leserbriefspalten der Zeitung – und nicht in einem Straflager oder Folterkeller. Dafür und für vieles mehr können wir sehr dankbar sein.“
In einer Zeitenwende zu leben, sie zu gestalten, sei „eine Aufgabe, die uns noch viel abverlangen wird“, endete Michalzik seine Begrüßungsansprache. Aber diese Aufgabe sei „nichts, was uns ängstigen muss. Wir haben mit dem, was wir sind, ein großes Potenzial für eine gute Zukunft auch in komplizierten, ja selbst in schweren Zeiten“.
Das Thema Zukunft transportierte Wickedes Bürgermeister unter anderem mit einer der größten Bauvorhaben der Kommune: der Modernisierung des Bürgerhauses. Um diese Thematik den Gästen näherzubringen, hatte die Gemeinde die Bühne nicht nur mit Bauleuchten und Absperrbaken drapiert. Als Gast begrüßt Moderator Michalzik vielmehr auch Architekt Ulrich Becker, der die Bauleitung in Wickede übernommen hat. Auf der Bühne zudem Rektor Peter Zarnitz. Er gab Erläuterungen zur Sekundarschule.
Zu den Gästen des vom Musikzug bestens umrahmten Empfangs zählte aber auch – und hier schloss ich der Kreis zum Jahrestag des Ukraine-Krieges wieder – Hanna Zbyborchshyk, geflüchtet aus der Region Donezk. Die Kulturmanagerin trug ein selbstkomponiertes Lied zum Krieg vor, am Akkordeon begleitet von dem Wickeder Oskar Höhn.
Aus dem großen Kreis der Flüchtlingshelfer in der Gemeinde sprachen Werner Grote, Sami Yazigi und Bernd Wächtler. Hanna Böhr übersetzte. Mit der Ehrenmedaille der Gemeinde wurden an diesem Abend zwei verdiente Wickeder ausgezeichnet: Georg Ptacek und Josef Kampmann (wir berichten noch).