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Versöhnung auf dem Sterbebett

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Von: Martin Hüttenbrink

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Zwei Frauen am Tisch
„Eine Hebamme begleitet ins Leben, ich versuche eine gute Begleitung aus dem Leben zu ermöglichen – würdevoll und friedlich für alle Beteiligten“, sagt Sonja Hellmann zu ihrer Aufgabe als Sterbeamme.  © Deutscher Orden Ordenswerke

Nicht erst der aktuelle Vortrag „Sterbebegleitung bei demenziell veränderten Menschen“ belegt die besondere Philosophie, mit der sich das Altenpflegezentrum St. Raphael diesem Themenkomplex insgesamt widmet. So hat seit kurzem die langjährige Mitarbeiterin Sonja Hellmann (53), Pflegefachkraft mit einer PalliativCare-Weiterbildung, im Haus die Aufgabe als Sterbeamme übernommen.

Wimbern – Wie es dazu kam, schildert die 53-Jährige jetzt in einem Interview der Ordenswerke des Deutschen Ordens. „Der Tod ist ein Tabuthema. Niemand spricht gerne darüber. Angehörige sind oft auf einen Abschied nicht vorbereitet und eine Sprachlosigkeit sowie eine sichtbare Traurigkeit breiten sich aus. In dieser dünnhäutigen Zeit sind Worte und Beistand wertvoll“, erklärt die Pflegefachkraft.

Zu ihrer Aufgabe erläutert sie: „Eine Hebamme begleitet ins Leben, und ich versuche eine gute Begleitung aus dem Leben zu ermöglichen – würdevoll und friedlich für alle Beteiligten. Sterbeammen sind dazu ausgebildet, Menschen im Abschied zu begleiten. Sie vermitteln ihnen und ihren Liebsten Hoffnung auf Weiterdenken und Handeln. Hierbei arbeiten wir mit Bildern, Geschichten und Ritualen, unterstützen bei Sorgen und Ängsten. Denn das Sterben ist Leben bis zum Ende“.

Ihre Arbeit als Palliativ-Fachkraft und Sterbeamme fließe dabei ineinander. Hauptaufgabe sei die Begleitung der Angehörigen.

Was wichtig ist im Leben

Zum spirituellen Ansatz ihrer Arbeit sagt Sonja Hellmann: „Ich persönlich bin ein gläubiger Mensch. Was glauben Sie, was passiert nach dem letzten Atemzug? Ist da noch was? Und wo geht’s hin? Aus Erfahrung kann ich sagen, dass ich noch nie gehört habe: ,Da ist doch nichts mehr…’. Für mich ist es sicher, dass der Tod nicht das Ende ist. Jeder Abschied ist besonders. Er zeigt mir immer, was wirklich wichtig ist im Leben. Liebe, Freundschaft, Wertschätzungen.“

Vor diesem Hintergrund gebe es immer wieder beeindruckende Moment. Einen hat Sonja Hellmann ganz besonders in Erinnerung: „Eine Tochter hat sich mit ihrem Vater am Sterbebett versöhnt. Fünf Minuten bevor er starb, hat er ihr zum ersten Mal im Leben gesagt, wie lieb er sie hat. Das war ein Bewohner, der schwer an Demenz erkrankt war“.

Die PalliativCare-Weiterbildung hat die Fachkraft auch persönlich weitergebracht: „Mein Glaube hat sich durch meine Arbeit gefestigt. Ich bin mutiger geworden und verharre nicht mehr in alten Gewohnheiten. Ich lasse Traurigkeit zu, ohne meine Lebensfreude zu verlieren. Ich gönne mir jeden Tag ein kleines Glück.“

Generell findet Sonja Hellmann es wichtig, „sich mit der eigenen Sterblichkeit zu beschäftigen – es lebt sich dann manchmal gelassener“. Auch deshalb empfindet die 53-Jährige die Weiterbildung zur Sterbeamme als Geschenk. „Ich hatte großes Glück, dass ich diese Ausbildung machen durfte“.

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