Straßenpaten mit NS-Vergangenheit
Streit um Nazi-Straßennamen geht weiter: „Aufwand für Anwohner erheblich“
Der Antrag der Grünen, vier Straßennamen in Wickede zu wechseln, weil sie den Namen von NS-belasteten Schriftstellern tragen, sorgt für Diskussionen. Nun hat sich auch Bürgermeister Dr. Martin Michalzik eingeschaltet.
Wickede – Der Antrag der Grünen, vier Straßennamen in Wickede zu wechseln, weil sie den Namen von NS-belasteten Schriftstellern tragen, sorgt für Diskussionen. Nun hat sich auch Bürgermeister Dr. Martin Michalzik eingeschaltet.
Der Bürgermeister beleuchtet zunächst einmal die Hintergründe. So seien die Straßennamen im Baugebiet Ziegenhude durch Beschluss des Haupt- und Finanzausschusses vom 2. Dezember 1980 gewählt worden: „Im vorhandenen Wohngebiet Oberer Hövel sind die Straßen nach westfälischen Dichtern benannt.
Es wird vorgeschlagen, auch die Straßen im Baugebiet Ziegenhude nach westfälischen Dichtern und Schriftstellern zu benennen“, hieß es in der Vorlage von Gemeindedirektor Haarmann.
Streit um Nazi-Straßennamen in Wickede: Politische Entscheidung des Rates nötig
„Es steht für mich bei Herrn Haarmann wie auch bei den seinerzeitigen Ratsmitgliedern völlig außer Frage, dass mit der damaligen Namenswahl keinerlei ‘Ehrung’ von nationalsozialistisch belasteten Persönlichkeiten beabsichtigt war“, stellt Michalzik klar.
Zum Zeitpunkt der Straßenwidmung sei die Einordnung als westfälische Schriftsteller üblich gewesen. Eine tiefergehende Erforschung der NS-Regionalgeschichte in Westfalen und von Einzelpersonen beispielsweise aus dem Literaturbetrieb habe erst später eingesetzt.
2011 wurde das Thema von Bürgermeister Hermann Arndt aufgegriffen und er trat dazu in Kontakt mit dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe. Außerdem bezieht sich Michalzik auf einen Bericht aus dem Soester Anzeiger im Juli 2011.
Darin verweist Arndt auf die Kontaktaufnahme zum LWL und eine später nötige politische Entscheidung des Rates. Eine Beratung des Bürgermeisters mit den Sprechern im Kulturausschuss und den Fraktionssprechern habe jedoch nicht in Initiativen gemündet.
Streit um Nazi-Straßennamen in Wickede: Bislang kein Wunsch der Anwohner
Ende 2014 habe sich das eigentlich ändern sollen. Bislang sei aber noch nichts geschehen. Michalzik erläutert: „Die Fraktionssprecher nach der Kommunalwahl 2014 verständigten sich Ende 2014 mit mir als damals neu gewähltem Bürgermeister dann so, dass die Thematik einer Umbenennung aufgegriffen werden soll, sobald aus der Anwohnerschaft der betroffenen Straßen selbst die Anregung bzw. der Wunsch käme.“ Das sei bislang nicht geschehen.
Grundsätzlich sei das Anliegen, die damalige Namenswahl im Licht neuerer historischer Forschung zu überdenken und zu ändern, mit plausiblen Argumenten zu belegen.
Entsprechend haben manche Kommunen in der Vergangenheit Straßennamen von Personen geändert, die als westfälische Heimat-Schriftsteller ausgewählt worden waren, sich aber später auch als stark propagandistische Autoren für das NS-Regime erwiesen, führt der Wickeder Bürgermeister weiter aus.
Michalzik hätte sich eine bessere Zusammenarbeit im Vorfeld gewünscht: „Bei der sensiblen Thematik hätte ich begrüßt, dies vorbereitend im Kreis aller Fraktionssprecher und mit mir anzusprechen und möglicherweise als gemeinsamen Impuls einzubringen. Dabei wäre gut gewesen, sich zu verständigen, wie dabei sofort auch die betroffenen Anwohner einbezogen werden, da von dort bisher keine Umbenennungswünsche kamen“.
Streit um Nazi-Straßennamen in Wickede: Konflikte zwischen den Nachbarschaften
Die Änderung von Straßennamen könne innerhalb von Nachbarschaften sehr konfliktreich sein zwischen Befürwortern und Ablehnenden. Der Aufwand, der sich mit einer Straßennamensänderung verbinde, sei für die Anwohner bei den zahlreichen Meldedatenänderungen (Ausweise, Versicherungen, Banken etc.) erheblich. In diesem Fall wären knapp 200 Einwohner betroffen.
Die Kosten lassen sich aus dem Stand nicht verlässlich beziffern. Michalzik zieht einen vergleichbaren Fall in Finnentrop aus dem Jahr 2014 heran, bei dem Anwohner eine pauschale Erstattung in Höhe von 50 Euro erhalten hatten. In dem Fall kämen hier also Kosten in Höhe von knapp 10 000 Euro auf die Gemeinde zu.
Zusätzlich kämen noch Erstattungen für die nötigen Umschreibungen von Papieren und Ausweisdokumenten (KFZ, Ausweise etc.). Der weitere Aufwand für neue Straßenschilder, Karten und Ähnliches müsse berechnet werden, falle aber eher nachrangig aus, so Michalzik.