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Geflüchtete an einen Tisch geholt

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Von: Martin Hüttenbrink

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Fast alle aus der Ukraine Geflüchteten der Gemeinde und ihre Gastgeberfamilien sowie Vertreter des Helfernetzwerks aus Ehrenamtlichen und Verwaltung kamen zum Willkommenstreffen ins Bürgerhaus. Im Vordergrund Dolmetscherin Ludmilla Rabanus. © Gemeinde

Die Gemeinde kann den Flüchtlingen nicht das Trauma des Krieges in ihrer Heimat nehmen, nicht die großen Sorgen um die Liebsten daheim und die existenziellen Ängste, ob Wohnung, Haus, Hab und Gut nach einer Rückkehr noch da sind. Aber Wickede bietet in schweren Zeiten Zuflucht, leistet den Menschen in dieser Ausnahmesituation ihres Lebens Beistand und führt sie zusammen, wie der Willkommensnachmittag im Bürgerhaus am Mittwoch anschaulich dokumentierte.

Wickede – „Ihre Heimat liegt in Orten und Regionen, die inzwischen weltweit durch traurige Nachrichten und Bilder von Leid und Zerstörung bekannt sind, wie Charkiv im umkämpften Süden der Ukraine, Dnipro oder das schon seit 2014 durch Abspaltung und Krieg gequälte Donezk“, formuliert Bürgermeister Martin Michalzik unter dem Eindruck des Treffens. „Sie sind Krankenschwestern, Laborantinnen oder Erzieherinnen, Fachkräfte im Vertrieb, Buchhalterinnen oder Ingenieure - rund 20 Erwachsene haben derzeit als Kriegsvertriebene aus der Ukraine in Wickede (Ruhr) Zuflucht gefunden“.

Fast alle, bis auf ein Rentnerpaar, seien mit kleinen Kindern und Jugendlichen hier, um Sicherheit vor russischen Truppen, Bomben- und Raketenangriffen zu finden, die seit dem Überfall auf ihr Land vor jetzt sieben Wochen alle Landesteile bedrohen und mit Zerstörung überziehen.

Ihre Gedanken aber seien zu Hause: „Wir möchten sofort, wenn es wieder sicher geht, in unsere Heimat zurück“, zitiert Michalzik vom Treffen im Bürgerhaus. „Bis dahin möchten hier viele Menschen dafür sorgen, dass Sie sich sicher fühlen und es Ihnen auch gut geht“, hieß er die Gäste aus der Ukraine, ihre Wohnungsgeber in der Ruhrgemeinde, ehrenamtliche Übersetzerinnen und weitere Unterstützer willkommen.

Das Team der Verwaltung hatte den großen Saal einladend eingerichtet. Nach dem obligatorischen Coronatest durch das Testzentrum gab es dort eine kleine Auswahl von Süßem und Herzhaftem mit musikalischer Begleitung von Gitarrist und Sänger Eddie Arndt, den das „Schöne-Töne-Team“ vom KaDeWi gewonnen hatte. Die Betreuerinnen vom Regenbogen-Kindergarten kümmerten sich um die Jüngsten und der Mentorenkreis Flüchtlinge von Caritas und Diakonie bot dank verschiedener Sachspendenaktionen Kinderkleidung und Hygieneartikel an.

Gemeinsam mit der Dolmetscherin Ludmilla Rabanus aus Dortmund, die schon vor 25 Jahren aus dem jetzt akut bedrohten und von russischen Raketen getroffenen Odessa nach Westfalen gekommen war, stellte Michalzik kurz die Wickeder Wohnungsgeber vor, u.a. die Schwestern vom Heilig-Geist-Kloster, wichtige Ansprechpartner wie z.B. die Vizebürgermeisterinnen Gertrud Martin und Ellinor Schilling sowie Frauen aus der Ruhrgemeinde, die sich als ehrenamtliche Übersetzerinnen gemeldet haben.

Anschließend stellten sich auch die ukrainischen Gäste kurz vor, „was im Lauf des Nachmittags von ihnen zugleich als willkommene Chance genutzt wurde, sich untereinander kennen zu lernen und zu vernetzen“, freute sich das Rathaus im Anschluss. Denn „auch das war ein wichtiges Anliegen dieser Veranstaltung“, so Birte Deigmann, die im Sozialamt Ansprechpartnerin für die Flüchtlingsfamilien ist.

Mit einer Bilderpräsentation stellte der Bürgermeister Fakten und Ansichten aus der Gemeinde vor: Landschaft und Ortsteile, ein kurzer Blick auf die Geschichte vom Bauerndorf zum Industriestandort und einige prägende Wirtschaftszweige, aber auch das soziale Leben mit Gemeinschaften und Festen, Sport und Kultur. Auch wichtige Einrichtungen wie die Schulen oder die ZUE in Wimbern kamen zur Sprache, ebenso die Corona-Entwicklung und die große Helfer-Konferenz vor einigen Tagen im Bürgerhaus. Die Präsentation endete mit Bildern von Lemberg und Kiew und dem Wunsch für Kraft hier und Frieden in der Heimat.

In einer Fragerunde ging es auch um Schulbesuch und Kita-Plätze und um den Wunsch, etwas Deutsch lernen zu können. Dazu gibt’s voraussichtlich schon kommende Woche ein Angebot. „Wir sind von der Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit, auf die wir hier treffen, ganz tief gerührt und für alles sehr, sehr dankbar“, konnte Dolmetscherin Rabanus mehrfach Wortbeiträge in der großen Runde und beim Abschied übersetzen.

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