„Insofern dürfte es an erster Stelle angebracht erscheinen, einem der Hauptverantwortlichen für Antisemitismus, Judenhass, Judenverfolgung und -ermordung die Ehrung durch Namensgebung von Einrichtungen im öffentlichen Raum zu verweigern“, heißt es im Schreiben an die Grünen.
Die Verfasserin: „Anstelle die Namen doch relativ unbedeutender Heimatdichter, die einem Martin Luther gefolgt sein könnten, aus dem öffentlichen Raum zu verbannen, sollte zuerst der ,Elefant im Raum’ entfernt werden“.
Dr. Christian Klein, Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde, streitet die in dem offenen Brief erhobenen Zuweisungen nicht ab. Warum aber dennoch am Namen des Gemeindezentrums festzuhalten sei, schildert der Geistliche in einer Stellungnahme.
„Da ist keiner, der (vollkommen) gerecht ist - auch nicht einer! (Röm 3, 10) – dieses Bibelzitat stellt Pfarrer Christian Klein seiner Stellungnahme voran, die er zu dem offenen Brief verfasst hat. Zudem schreibt er: „In der Evangelischen Kirche gibt es keine Heiligen. Und das aus gutem Grund. Wir wissen, dass bei jedem Menschen Gutes und Schlechtes zu finden ist, jeder hat Licht- und Schattenseiten.
Was wir haben, sind Menschen, an die wir uns erinnern, weil sie in einer bestimmten Situation beispielhaft gehandelt haben. Dazu gehört auch Martin Luther. Seine Worte auf dem Wormser Reichstag sind beispielhaft für Zivilcourage und beenden geistesgeschichtlich das Mittelalter, weil sie das Individuum und seine Gewissenshaltung ins Zentrum rücken.
,Wenn ich nicht durch Schriftzeugnisse oder einen klaren Grund widerlegt werde - derweil allein dem Papst und den Konzilen glaube ich nicht, da es feststeht, dass sie häufig geirrt und sich auch selbst widersprochen haben -, so bin ich durch die von mir angeführten Schriftworte bezwungen. Und solange mein Gewissen durch die Worte Gottes gefangen ist, kann und will ich nichts widerrufen, weil es unsicher ist und die Seligkeit bedroht, etwas gegen das Gewissen zu tun. [Hier steh’ ich, ich kann nicht anders.] Gott helfe mir. Amen.’
Wenn die Evangelische Kirchengemeinde Wickede ihr Gemeindehaus nach diesem Mann benennt, dann tut sie das im Wissen, dass von ihm auch Aussagen stammen, die man heute nicht wiederholen würde - ja, gegen die man sich sogar deutlich stellen muss.
Es kommt eben darauf an, aus welchem Blickwinkel heraus man historische Persönlichkeiten beurteilt. Eine einseitige Sicht wird einem Menschen nie gerecht und steht darüber hinaus in der Gefahr, das Kind mit dem Bade auszuschütten. So werden auch die positiven Aspekte seines oder ihres Wirkens ausgeblendet.
Und hier genau ist der Unterschied zu der Diskussion um die Umbenennung der Straßennamen in Wickede. Die Frage ist, was Maria Kahle, Georg Nellius, Christine Koch und Heinrich Luhmann uns Heutigen Positives zu sagen haben. Wenn dieses überwiegt, lohnt es, sich an sie zu erinnern. Ansonsten gehören sie maximal als warnendes Beispiel in Schulbücher. Dies sollte das Kriterium für Anwohner und Politik bei Ihrer Entscheidung sein.
Nein, wir werden nicht, wie Frau Beman fordert, unser Gemeindehaus umbenennen. Weil wir glauben, dass Martin Luther als Persönlichkeit in Erinnerung bleiben sollte - uns zur Ermutigung oder zur Warnung - je nachdem auf welchen Aspekt seines Lebens und Wirkens man schaut. Und wir werden keinen Aspekt verschweigen.“