Der Jadpächter, gleichzeitig Landwirt und Fachmann für Viehfragen, hat eine Theorie zu glücklichen Heimkehr. Dass auf abgeernteten Feldern inzwischen der Speiseplan geschrumpft oder die zunehmende Kälte in den Nächten ausschlaggebend waren, glaubt er nicht. „Das kann vielleicht beigetragen haben“, meint Großkettler-Schulte. Für ihn ist das Brüllen und das Verlassen des Standortes seit April eher Zeichen, dass die Kuh brünftig ist. „Die werden dann unruhig“, erläutert der Landwirt.
Und beim Gebrüll der Kuh könnte es sich um nichts anders als das Rindvieh-Handy handeln. „Gut möglich, dass sie da von der Entfernung was gehört hat“, vermutet Großkettler Schulte.
Tatsächlich hatte sich Wimberns Geisterkuh nämlich nach ihrem Abendkonzert am Feldweg in Richtung Südwesten aufgemacht, ist im Feld dann wohl über den Jordan gegangen und in Werringsen auf den Gegenpart ihrer Liebesrufe gestoßen. Jedenfalls habe sie sich dort einer Herde angeschlossen, mit der sie vom Bauern in den Stall getrieben wurde. Von dort war es dann nicht mehr weit bis zum Heimathafen in Dahlsen.
Dass es der Liebesentzug gewesen sein könnte, der die Geisterkuh zur Umkehr bewegte, diese Theorie teilt auch Harald Vedder, seines Zeichens „freischaffender Cowboy“ vom Edersee. Er hatte in den vergangenen Monaten seine Dienste zum Einfangen der Kuh angeboten. „Das ist durchaus denkbar, dass sie in die Brunft gekommen ist und da jetzt Anschluss gesucht hat“, bestätigt Vedder die Liebes-Theorie von Franz-Josef Großkettler-Schulte.
Mit der Heimkehr des Rindviehs in seinen Stall kehrt nach rund einem halben Jahr wieder Ruhe ein in Wimberns Feldflur. Spaziergänger müssen sich nicht mehr sorgen, Kuhjäger nachts nicht mehr mit der Taschenlampe übers Feld straucheln.
Und mit dem Frust vergeblicher Fangversuche hat's ebenfalls ein Ende. Die gab's auch. Einmal zum Beispiel war Wimberns Geisterkuh den Menschen bereits auf dem Leim gegangen und in einem Fangwagen festgesetzt worden. Doch ihr Freiheitsdrang war höher als die Umzäunung: Mit einem mehr oder weniger eleganten Sprung setzte sie sich darüber hinweg.
Jagdpächter Großkettler-Schulte freut sich, dass im Revier jetzt wieder alles seinen normalen Gang nimmt. Wobei „normal“ in diesem Jahr gänzlich anders als im Vorjahr ist. Das Schwarzwild beispielsweise, dessen Verhalten der Jagdpächter durch das Getöse der Kuh im knattertrockenen Wald beeinträchtigt sah, kommt kaum aus dem Baumbeständen heraus.
Anders als im Vorjahr sind in diesem Herbst massenhaft Eckern und Eicheln im Wald zu finden – eine Leibspeise der Wildschweine, die damit einstweilen auf der freien Feldflur kaum zu sehen sind. Dafür dürfe man anders als im vergangenen Jahr aber wieder vermehrt mit Schäden auf dem Grünland rechnen, sagt der Landwirt.
Wiesen und Weideflächen, vor allem jene, auf denen zuvor das Vieh gegrast hat, werden dann wieder von gierigen Wildschwein-Rüsseln umgegraben, weil das Schwarzwild auf der Suche nach Ausgleich zu Eicheln und Eckern Jagd auf tierisches Eiweiß macht. Und die Schwarzkittel wissen ganz genau: Engerlinge, Würmer und weitere Eiweißlieferanten sitzen bevorzugt in Grünflächen und dort besonders gerne unter Kuhfladen.