Das verunsicherte Ehepaar wandte sich mit dem Brief an die Kanzlei Hesse. Rechtsanwalt Sascha Hesse, der mehrere solcher Betrugsversuche in den vergangenen Tagen auf den Tisch bekam, rät dringend davon ab, solchen Zahlungsaufforderungen Folge zu leisten.
Nach einem verständlichen ersten Schrecken angesichts solcher postalisch zugestellten Forderungen hilft ein zweiter intensiver Blick, um Anhaltspunkte für einen Betrugsversuch zu finden. Ganz gleich, ob nun ein vermeintliches Inkasso-Büro oder wie im vorliegenden Fall ein angebliches Gericht der Absender ist: Bei einer Geldforderung sollte ersichtlich sein, für welche Leistung diese Forderung erhoben wird.
Anhaltspunkte liefert aber auch die Prüfung des Absenders – im vorliegenden Fall angeblich das Amtsgericht München. Dieser Titel prangt oben rechts auf dem Briefbogen unter einem phantasievoll farbigen Stadtwappen, das allerdings ähnlich wie der angebliche Stempel bereits zum Druck des Formulars zählt und nicht etwa als tatsächlicher Stempel nachträglich aufgebracht wurde. Verräterisch in der Adresszeile zudem der unter dem fett gedruckten Wort „Gerichtsbeschluss“ klein angefügte Absender „Euro Kasse München“. Auch die im vorliegenden Fall angegebene „Akt Nummer 1/1“ ist ein deutlicher Hinweis auf Betrug: Das gesetzlich geregelte, gerichtliche Aktenzeichen besteht aus Abteilung, Registerzeichen, Nummer und Jahreszahl – alles andere sollte sofort stutzig machen.
Auffällig ist zudem die Kombination verschiedener juristische Disziplinen: Einerseits gibt das Schreiben vor, vom Amtsgericht zu stammen und einen Gerichtsbeschluss wiederzugeben, andererseits findet sich aber auch ein vermeintlicher Stempel der Staatsanwaltschaft auf dem Briefbogen. „Ein Staatsanwalt arbeitet nicht beim Amtsgericht, sondern in der Staatsanwaltschaft“, kommentiert Rechtsanwalt Hesse auch diese Krücke.
Entlarvend zudem die Tatsache, dass sowohl der angebliche Stempel des Gerichts als auch der des Staatsanwaltes mit ein und derselben Unterschrift versehen sind. Ganz abgesehen von der Papierqualität, zumal gerichtlicherseits üblicherweise Umweltpapier genutzt werde, spricht Hesse einen weiteren Hinweis an.
Mehrere andere Anhaltspunkt verweisen darauf, dass es sich auch bei dieser Forderung über 2487,60 Euro wieder um einen mehr oder weniger plumpen Betrugsversuch handelt.
Ähnlich wie etwa jenes Schreiben von dem vermeintlichen Inkasso-Büro in Berlin, dass ebenfalls vor wenigen Tagen von einem Wickeder 605,73 Euro forderte. Empfänger solcher Forderungen ist üblicherweise das Büro selbst, das dann im Innenverhältnis Zahlung an den Gläubiger als Auftraggeber des Inkasso-Verfahrens weiterleitet.
Im vorliegenden Fall der Forderung eines vermeintlichen Büros in Berlin sollte der Wickeder besagte 605,73 Euro aber direkt an einen Empfänger in Griechenland überweisen. Auch hier legen mehrere weitere Hinweise den Verdacht auf Betrug nahe, womit einmal mehr der Rat gilt: Bei berechtigten Zweifeln an derlei betrügerischer Post ab in die Tonne damit!