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U3-Plätze Mangelware, zu wenig Tageseltern

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Von: Klaus Bunte

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Tagesmutter mit drei Kindern
In Wickede fehlen Tageseltern, wie eine Mitteilungsvorlage für den Sozialausschuss offenbart. © Agenturen

Nach wie vor fehlen in Wickede 26 Plätze in der U3-Betreuung, diese Zahl teilt das Kreisjugendamt mit. Die Gemeinde hatte über die Behörde prüfen lassen, ob in diesen Fällen ein „dringender Bedarf“ vorliegt. Doch keine der betroffenen Eltern hätten diesen Bedarf gemeldet, „was uns auch etwas irritiert“, so Fachbereichsleiterin Susanne Modler.

Wickede – Die Frage ist somit: Wo wurden diese Kinder stattdessen untergebracht? Das jedoch lasse sich nicht ermitteln. Vielleicht in anderen Kommunen. In der Wickeder Kindertagespflege wohl eher nicht. Zwar kann der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz auch hierüber verwirklicht werden.

Doch in Wickede sind die Plätze zu rar gesät, wie eine Mitteilungsvorlage für den Sozialausschuss offenbart: „Die Zahl der in Wickede tätigen Tagespflegekräfte ist bedauerlicherweise zurückgegangen. Neben der in Echthausen ansässigen Großtagespflegegruppe ,Mini Mäuse’ ist derzeit nur eine weitere Tagesmutter tätig. Die Plätze sind schnell belegt.“

560 Plätze gebe es im ganzen Kreisgebiet, so die Kreisjugendamtsleiterin Patricia Deertz in der Sitzung, auf Wickede entfielen davon gerade einmal 14 – neun in der mit zwei Kräften besetzten Großtagespflegegruppe, die übrigen fünf bei der einzelnen Tagesmutter.

Die Tagespflege wird in der Regel von dafür ausgebildeten Tagesmüttern und -vätern in hierfür geeigneten Räumen durchgeführt. Eine Pflegeerlaubnis wird durch das Jugendamt erteilt. Geeignete Räume können die eigene Wohnung, das eigene Haus oder dafür eingerichtete, sonstige zum Beispiel angemietete Räume sein. Eine Tagespflegekraft kann bis zu fünf Kinder betreuen, in einer sogenannten Großtagespflege können bis zu neun Kinder von zwei Personen betreut werden.

„Ich wollte meine Tochter sogar in die Tagespflege geben“, berichtete Sarah Wilk (CDU) im Laufe der Sitzung, „ich mag diese kleine Gruppengröße.“ Sie habe aber keinen Platz gefunden und hätte sich somit offenbar schon direkt zu Beginn der Schwangerschaft darum kümmern müssen. Stattdessen sei das Kind nun in Werl untergebracht, „was jeden Morgen einen Umweg zur Arbeit für mich bedeutet, von Echthausen über Werl nach Fröndenberg“.

Auf Initiative von Michaela Löffler (FDP) hatte am 17. Mai ein Gespräch mit der Gleichstellungsbeauftragten der Gemeinde Wickede sowie der Sachgebietsleiterin „Frühkindliche Bildung und Betreuung“ Beate Fricke und die für den Bereich der Tagespflege zuständige Mitarbeiterin Heike Bitter vom Kreisjugendamt stattgefunden. Ziel war es, Ideen zu entwickeln, wie die Tagespflege vor Ort gestärkt werden könnte.

Es wurde festgestellt, dass – nicht nur in Wickede – die Kindertagespflege als Betätigungsfeld leider nur unzureichend nachgefragt werde. Nun fragte man sich im Ausschuss, woran das liegen könnte, und kam rasch auf das Gefälle zwischen Aufwand und Kosten der Ausbildung, der Bezahlung und der proportional zur Zahl der Kinder steigenden nervlichen Belastung.

Die Qualifizierung umfasst laut Beschreibung der VHS Soest, die eine entsprechende Ausbildung anbietet, 300 Unterrichtsstunden plus 40 Stunden Praktika in einem Familienzentrum oder eine Kita und einer bestehenden Kindertagespflegestelle sowie 140 Stunden Selbstlerneinheiten.

Die Ausbildung dauert eineinhalb Jahre, kostet bei der VHS 1685 Euro, für Teilnehmer aus dem Kreis Soest besteht nach Rücksprache, erfolgreichem Abschluss und Aufnahme der Tätigkeit zwar die Möglichkeit der Rückerstattung der Kursgebühr – aber erst einmal muss man sie aufbringen. All das könne abschreckend wirken, fürchtet Löffler. Deertz: „Das Gesetz habe ich aber nicht gemacht, der Gesetzgeber geht davon aus, dass diese Stundenzahl nötig ist.“

Dem gegenüber steht der Verdienst. Denn pro Kind und pro Stunde gibt es etwas über 5 Euro. Wer nur zwei Kinder betreut, kommt so eben auf den gesetzlichen Mindestlohn, der ab 1. Juli auf 10,45 Euro steigt. „Aber bei fünf Kindern käme man auf 25 Euro, das müsste doch zu händeln sein“, zeigte sich Sven Mikolajczyk (CDU) überzeugt. Delia Heck als Leiterin der Melanchtonschule hatte jedoch ganz andere Erfahrungen bezüglich nachlassender Händelbarkeit kleiner Kinder bei zunehmender Größe der Gruppe.

Dominik Pieper (CDU) schlug daher vor, Wickedern, die vielleicht doch mit dem Job liebäugelten, finanziell etwas entgegenzukommen. Susanne Modler darauf: „Wir hätten sicherlich Möglichkeiten der Unterstützung wie in Echthausen, in denen die Räume nur gegen eine geringe Nebenkostenpauschale zur Verfügung gestellt werden. Ob wir den Stundensatz aufstocken könnten, möchte ich jedoch mit einem Fragezeichen versehen.“

Mit einem solchen Satzzeichen endete auch die Debatte – solange Tagespflegekräfte nicht an den Bäumen der Ruhrwiesen wachsen, wird Wickede auf diesem Gebiet wohl Diaspora bleiben.

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