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Freibadgebäude mit Bauschäden

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Von: Martin Hüttenbrink

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Freibad mit Menschen im Wasser
Wickedes Freibad: Während das Gebäude erhebliche Schäden aufweist, werden dem Besucherbereich mit Lage, Becken, Team und Restauration vom Bürgermeister Top-Noten attestiert. © ah_Hein, Andreas

Wer den Bericht vom Gutachter zum Freibadgebäude gehört hat, will gar nicht meinen, dass mit Beratungen über Eintrittspreise und Co. derzeit eine ganz normale Saison vorbereitet wird. Von frappierenden Bauschäden sprach der Dipl.-Ing. am Dienstag. „Energetisch und bauphysikalisch ist die Sache nicht mehr zu retten“. Von größeren Investitionen riet der Fachmann mit drastischen Worten ab: „Ein totes Pferd sattelt man nicht“.

Wickede – Der mit der Machbarkeitsstudie beauftragte Ingenieur aus Bad Arolsen wies in seiner Bestandsaufnahme auf eine ganze Reihe von Schäden am Gebäude hin. Setzrisse in den Wänden durch instabilen Baugrund, „schwerwiegende konstruktive Schäden“, im Keller bei Regen ein Rinnsaal durch eindringendes Wasser, feuchte Sockel und abgeplatzter Putz, undichte Böden und Decken, Kondensat unter der Dachabdichtung – „das ist nicht das, was man sich heutzutage unter einer modernen Badelanschaft vorstellt“, so der Gutachter.

Freibad-Teamchef Michal Scheffler habe ihn auf weitere Mängel aufmerksam gemacht. „Fehlgefälle in wasserbelasteten Sanitärbereichen“ – das führe dann zu Pfützen, deren Wasser wegen fehlender Absperrschichten in die Wände ziehe. Die energetische Situation eine Katastrophe. Scheffler habe ihm gesagt, dass im Winter die Heizung auf Volldampf laufen müsse, um über die kalten Tage zu kommen. Das kostet „Energie ohne Ende“. Mit einer ordentlich gedämmten Anlage würde man 40 bis 50 Prozent Energie einsparen können.

Fast schon ängstlich klang im Bauausschuss am Dienstag die Frage von SPD-Mann Lutz Hofmann. „Wie lange hält das noch?“. Immerhin sagte hier der Fachmann nicht den sofortigen Kollaps voraus. Mit einigem Geldeinsatz könnte man „immer mal wieder die größten Schäden aufhalten“, könnte vielleicht auch 10, 15 Jahre retten, „aber das ist alles nicht nachhaltig“.

Bauamtschef Markus Kleindopp assistierte: „Die Absorberanlage ist in die Jahre gekommen und abgängig“. „Das würde ich noch nicht sagen“, die Anlage funktioniere vielleicht noch. Aber insgesamt sei klar: „Der Lack ist ab“, kommentierte Schütt.

Er habe, so der Architekt, trotz des Bildes, das sich ihm bot, das getan, wozu er gerufen wurden: Gedanken machen, wie man diesem „mit sehr starken Bauschäden behaftete Bauwerk“ an der ein oder anderen Stelle etwas mehr Attraktivität einhauchen könnte.

Ein Vordach vor dem Haupteingang etwa, Barrierefreiheit auch für einen Seitenzugang, um etwa Sanitäter oder auch Rolli-Fahrer durchzulassen, die Beseitigung der Stufe zu den Gebäudeflügeln durch partielle Rampen – Maßnahmen, die bei einer Abwägung vielleicht noch sinnvoll sein könnten.

Eine vorsichtige Kalkulation für ein Maßnahmenpaket mit vier Schwerpunkten (Funktionsbereich, Außenbereich, Bauschäden und energetische Teil-Sanierung) bezifferte der Architekt auf 1,7 Mio. Euro. Aber: „Das ist nur die halbe Wahrheit“. Eine komplett neue Badetechnik würde noch mal zwischen 1,5 und 2 Mio. liegen. Oder: „Den ganzen Klump wegreißen“, und bis auf die Wasserflächen in Edelstahl, die einzig vor des Architekten Auge am Wickeder Freibad bestehen können, alles andere neu bauen – das beziffert der Dipl.-Ing. „mit allem Zipp“ auf etwa 4,2 Mio. Euro.

Bürgermeister Martin Michalzik arbeitete schließlich die Quintessenz dieser Zustandsbeschreibung heraus. Man müsse dem Bürger „ehrlich entgegentreten“, der schon mit dem Freibad in seiner jetzigen Form mit jährlich rund 300 000 Euro Zuschussbedarf in den Genuss einer großen Serviceleistung komme.

In seiner Amtszeit bis 2025 sieht Michalzik eine grundsätzliche Maßnahme im Freibad nicht mehr. Wenn man die mit erheblichen Investitionen behaftete Frage stellen möchte, „wollen wir das weiter bieten“, sei das eine Sache der nächsten oder vielleicht erst übernächsten Legislaturperiode. Kleinere Maßnahmen – ok. Ansonsten aber „werden die Bürger eine Zeitlang damit leben müssen, dass das Freibad erst mal so bleibt, wie es ist“.

Ratsfrau Gertrud Martin hinterfragt Darstellung

CDU-Ratsfrau Gertrud Martin fragte nach dieser Zustandsbeschreibung im Hauptausschuss am Donnerstag nach der Qualität des Freibad-Angebotes insgesamt. Bürgermeister Martin Michalzik stellte daraufhin in sechs Schritten die Vorzüge der Wickeder Freizeiteinrichtung dar.

Dies seien eine Top-Lage, die einladenden Edelstahlbecken mit einer einwandfrei funktionierenden Wasseraufbereitungstechnik, zudem ein engagiertes Team und ein attraktives Kiosk-Angebot, insgesamt also ein gemütlicher und einladender Charakter für alle Badegäste.

Auf einen zweiten, tieferen Blick lasse die Substanz des Gebäudes erhebliche Schwächen erkennen, nicht das Freibad insgesamt. Für die Besucher seien die ersten sechs Punkte relevant, die „erheblichen Schwächen“ der Gebäudesubstanz seien Thema von Rat und Verwaltung.

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