Diese unabhängige Grundgebühr ist quasi eine solidarische Komponente. Sie soll dem entgegenwirken, dass Hauseigentümer versuchen, ihre Tonnengröße zu verringern, indem sie etwa Teile ihres Mülls in öffentlichen Papierkörben oder missbräuchlich im gelben Sack entsorgen.
Solche Knausereien würden zum einen dazu führen, dass die „Müll-Optimierer“ ihre privaten Entsorgungskosten zum Teil auf die Allgemeinheit abschieben, weil die Leerungen öffentlicher Papierkörbe von allen zu tragen sind. Zum anderen würde durch Wahl kleinerer Tonnen der Preis pro Tonne für alle steigen und überdies das System des gelben Sacks zusätzlich unzulässig belastet.
Wenn aber jeder Grundstückseigentümer ohnehin eine unabhängige Grundgebühr zahlt, sinkt der Anreiz, durch die Wahl kleinerer Tonnen zu sparen. Entweder also rund 34 Prozent Steigerung nach bisheriger Berechnung oder rund 20 Prozent Steigerung plus 32 Euro Grundgebühr pro Grundstück. Wie sich Wickedes Politiker dazu stellen, wird bei der ersten Diskussion im Fachausschuss am Dienstag ab 18 Uhr im Bürgerhaus zu erfahren sein.
Begründet werden die enormen Steigerungen bei den Müllgebühren vom Rathaus nicht nur mit höheren Kosten beim gemeinsam mit Fröndenberg betriebenen Entsorgungsunternehmen „KommunalService“, sondern auch durch deutliche Anpassungen der Entsorgungsgebühren beim Kreis Soest.
Mal ganz abgesehen von höheren Sprit- und Personalkosten gibt’s beispielsweise einen Konkurrenzkampf bei der Entsorgung des brennbaren Anteils aus Müll, „BRAM“. Diese ausgelesenen Reste wurden bisher vom Zementwerk Wittekind in Erwitte angenommen und dort als Brennstoff verwertet.
Da grätscht nun aber der Gelbe Sack rein: Der bietet jetzt nämlich mit Sortierresten und Mischkunststoffen Feuerungsmaterial mit höherem Heizwert an. Also bedient sich das Zementwerk bei der Befeuerung seiner Öfen jetzt an dem, was die Menschen eigentlich zur Wiederverwertung in den Gelben Sack werfen.
Der brennbare Teil aus dem Restmüll hat da keine Chance mehr und muss zusätzlich umgeschlagen, abtransportiert und zu höheren Kosten in der Müllverbrennungsanlage Bielefeld entsorgt werden – immerhin 20 000 Tonnen pro Jahr.
Dazu wirft eine Gesetzesänderung ihre Schatten voraus. Der Bund hatte jüngst beschlossen, dass Müllverbrennungsanlagen, auch wenn sie nur Restabfälle beseitigen, ab 2024 genauso belastet werden, wie Industrieanlagen, die fossile Brennstoffe einsetzen. Weil dafür jetzt schon einmal Rücklagen gebildet werden sollen, treibt auch dies die Müllgebühren weiter in die Höhe.
In der Folge schlägt die Gemeindeverwaltung bei ihrer Kalkulation nun nicht nur eine Erhöhung des Gebührenhaushaltes vor, sondern auch eine Anhebung für die Sperrmüllentsorgung um 10 Euro auf 50 Euro und für den Restmüllsack um einen Euro auf sechs Euro.
Dass die Mehrkosten beim Müll dennoch keine höheren Belastungen der heimischen Privathaushalte bescheren, soll laut Rathaus durch sinkende Abwassergebühren möglich werden. Hier muss die Kommune nämlich nach einem Richterspruch des OVG die Bemessungsgrundlage verändern.
Damit ändern sich nicht die Gebührensätze für das ausklingende Jahr 2022, sondern auch für das nächste Jahr 2023. Konkret sinkt der entsorgte Kubikmeter Schmutzwasser in diesem Jahr für den normalen Haushalt um knapp 11 Prozent von 2,56 auf 2,37 Euro. Beim Oberflächenwasser geht der Satz sogar um rund 16 Prozent von 56 auf 47 Cent pro Kubikmeter zurück.
Die in diesem Jahr zu viel gezahlten Gebühren werden bei der Kalkulation der Abschläge für 2023 berücksichtigt. Zwar steigen die Gebühren für Schmutzwasser in 2023 wieder um rund drei Prozent auf 2,45 Euro und für Regenwasser um etwa zwei Prozent auf 48 Cent an. Dennoch bleiben sie deutlich unter den bisherigen Sätzen, womit die Grundbesitzabgaben 2023 eine spürbare Entlastung erfahren dürften.
Die Kehrseite: Dem Gemeindehaushalt gehen Einnahmen flöten – rund 200 000 Euro in diesem Jahr, etwa 350 000 Euro im nächsten. Das Geld muss anderweitig ‘reinkommen. Möglichweisen winkt da für die absehbare Zukunft der nächste Dreh an der Grundsteuer, auch wenn dies für 2023 (noch) nicht vorgesehen ist...