Gas werde dabei hauptsächlich für die Produktionsprozesse benötigt, „um Kunststofflacke bei über 200°C zu vernetzen und zu schmelzen“, führt der Geschäftsführer aus – und ergänzt: „Auch Maschinen werden damit angetrieben“. Dennoch setzt die Produktion in beiden angegliederten Unternehmen mit ihren insgesamt rund 300 Beschäftigten in ähnlichem Umfang auch auf Strom.
Aber Werner Hillebrand macht keinen Hehl aus den Folgen, sollte die Gasversorgen nachhaltig zurückgehen oder schlimmstenfalls gänzlich eingestellt werden. Wenn Gas als Energieträger nur noch in stark reduziertem Volumen zur Verfügung steht oder ganz ausfällt, „dann müssen Maschinen abgestellt bzw. der Betrieb eingestellt werden – und die Mitarbeiter werden in Kurzarbeit geschickt“, setzt der diplomierte Wirtschafts-Ingenieur und studierte Manager hinzu.
„Gas brauchen wir für die Härterei zur Warmbehandlung, aber Strom ist für uns hinsichtlich des Gesamtvolumens der benötigten Energie wesentlich wichtiger“, skizziert Heko-Geschäftsführer Alexander Koch die Verbrauchsstruktur im Kettenwerk. Eine große Entlastung ist das aber gegenwärtig nicht. „Wir haben schon eine Vervielfachung des Strompreises – das haut ziemlich ins Kontor“.
Dennoch: Abgesehen vom Heizen und der Warmwasseraufbereitung, die gegenwärtig mit Gas betrieben werden, drohe bei einem Komplettausfall von Gas, „dass wir einige Produkte nicht mehr herstellen können“, sagt der Geschäftsführer.
Ob dadurch konkret Arbeitsplätze in der 120-köpfigen Belegschaft gefährdet wären? „Direkt erst mal nicht“, so Alexander Koch. Es hänge letztlich davon ab, wie lange Gas nicht verfügbar ist bzw. in welcher Zeit es möglich wäre, die Öfen auf Strom umzustellen. Das immerhin sei ein längerer Prozess, da wären dann sicher ein, zwei Jahre zu überbrücken – wenn denn ein Gasausfall so lang dauert, „was ich nicht glaube“, so der Kettenwerk-Geschäftsführer.
Zudem gebe es ja auch noch Flüssiggas als Option. Und überdies zählen im Kettenwerk auch die Wärmerückgewinnung aus Produktionsprozessen ebenso wie aktuell ein Solar-Projekt zum Energiemanagement. Das könne helfen, einen Teil der Grundlast abzudecken, aber natürlich nicht die großen Stromverbraucher im Produktionsprozess bedienen, „so viele Dächer haben wir nicht“, sagt Koch.
Übrigens votiert der Geschäftsführer dafür, durchaus auch auf Atomkraft zu setzen. Angesichts solcher Entwicklungen, wie der Stromklemme in Frankreich, wo etliche AKW in der Wartung sind, und der Tatsache, dass regenerative Quellen wie Windkraft und Solar nicht grundlastfähig sind, andererseits aber Gaskraftwerke ausgeschaltet werden sollen, biete sich die Atomkraft mit ihrem günstig Kilowattstundenpreis an. „Das ist gut für die Wirtschaft“, sagt Alexander Koch – sieht dies aber begrenzt auf eine Übergangszeit bzw. „für die Kurzfristbilanz“. Immerhin gelte: „Irgendwo muss der Strom ja herkommen“.
Wickedes Industrieprimus, die WHW Hillebrand Gruppe mit einer gut 600-köpfigen Belegschaft, ist ebenfalls sowohl auf Gas als auch auf Strom angewiesen, wobei der Stromanteil die Oberhand hat und dies weiter ausgebaut werden soll. „Wir benötigen Energie in Form von Strom in sehr hoher Menge zur Erbringung unserer Kerndienstleistung. Strom ist mit Abstand der wichtigere und unverzichtbare Energieträger, da der Ersatz des Erdgases in vielen Teilen durch Strom, vorzugsweise grünen Strom, in Zukunft noch mehr eingesetzt wird“, erläutert Geschäftsführer Ernst-Gregor Hillebrand.
„Gas wird bei WHW für die Prozesswärme der Bäder, zum Einbrennen von Lacksystemen und zur Wärmebehandlung hochfester Stähle nach der galvanischen Behandlung eingesetzt“. Ähnlich wie im Kettenwerk ist auch hier bereits der Gedanke durchgespielt worden, Gas durch Strom zu ersetzen. „Eine potenzielle Prozessumstellung von Gas auf Strom in diesen Bereichen ist möglich, bedingt jedoch sehr hohe Investitionen“, sagt der Geschäftsführer.
Seine Prognose für den Standorte und die Arbeitsplätze im Falle einer drastischen Gasknappheit oder eines Ausfalls fällt nicht leicht: „Das hängt natürlich stark von Art und Höhe der Reduktion ab. Wir beschäftigen uns bereits seit Anfang diesen Jahres mit möglichen Szenarien von Gasmangel-Lagen und erarbeiten intern Konzepte zur Kompensation bzw. Beherrschung“.
Dies sei aber bis zu einem gewissen Grad Theorie. „Herrscht eine kritische Gasmangel-Lage über eine gewisse Zeit, so hat das natürlich Konsequenzen auf die Beschäftigungssituation bzw. Arbeitsorganisation. In jedem Fall würde dies eine weitere starke Belastung der heimischen Industrie bedeuten“, sagt Hillebrand.
Die Zeiten, da die Firmen moderate Steigerungen bei den Energiekosten schluckten bzw. irgendwie in die Produktkosten mit einbauten, der Kunde hiervon aber unbehelligt bliebt, sind längst vorbei. Die exorbitanten Preissteigerungen bei den Energiekosten müssen sich zwangsläufig auf den Produktpreis niederschlagen – oder das Unternehmen zahlt drauf und gefährdet damit sich selbst.
Aber ganz so einfach ist das gar nicht, wie Werner Hillebrand von Hillebrand Coating erläutert. Bereits jetzt müssten unbedingt Preissteigerungen an die Kunden weitergegeben werden. Das sei allerdings auch „schwierig, weil mit einigen Kundengruppen langfristige Verträge gemacht wurden“.
Zwangsläufige Preisanpassung auch bei WHW. „Die WHW Hillebrand Gruppe ist laut offizieller Definition ein energieintensives Industrieunternehmen. Wir sind darauf angewiesen, die Mehrkosten zu einem gewissen Teil an unsere Kunden weiterzugeben“, sagt Unternehmer Ernst-Gregor Hillebrand.
Und auch Firmenchef Alexander Koch lässt keinen Zweifel dran, dass in der aktuellen Situation die Energiekosten aufgeschlagen werden müssen.