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Katastrophe für den Seuchenschutz

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Von: Martin Hüttenbrink

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Dichtes Gedränge vor den Schaltern: Das Ehepaar Zöller spricht nach der Flugreise am Wochenende vor dem Hintergrund des Infektionsschutzes von einer „Katastrophe“.
Dichtes Gedränge vor den Schaltern: Das Ehepaar Zöller spricht nach der Flugreise am Wochenende vor dem Hintergrund des Infektionsschutzes von einer „Katastrophe“. © Zöller

Von einer „Katastrophe“ in Sachen Infektionsschutz spricht das Wickeder Ehepaar Gabi und Wolfgang Zöller, wenn die beiden an den Rückflug von Fuerteventura am Wochenende berichten.

Wickede - Eine chaotische Organisation der Maßnahmen wegen des Coronavirus' und hunderte von Reisenden, die dicht gedrängt auf die Abfertigung warten – von Seuchenprävention war da keine Spur. Und das in einer Phase, in der das öffentliche Miteinander auf zwei Personen beschränkt ist. Der Bericht des Ehepaares verweist auf organisatorisches Versagen und darauf, wie leicht man sich im Reiseverkehr anstecken kann.

„Wenn sonst 200 Passagiere vor sechs Schaltern gewartet haben, waren es jetzt rund 600 vor drei Schaltern. Ohne Sicherheitsabstand! Und dann wundern wir uns über steigende Zahlen von Infizierten“, berichten die Wickeder von ihrer Tour. 

Vom 11. bis 21. März war Fuerteventura gebucht. „Bis kurz vor der Abreise waren wir noch verunsichert, ob wir überhaupt fliegen sollten. Da zu diesem Zeitpunkt aber nur über einen Corona-Fall berichtet wurde, haben wir uns trotzdem auf den Weg gemacht. 

Am Flugschalter in Düsseldorf drängten sich die Passagiere dicht an dicht wie immer zum Check-In. Den Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten, fiel uns sehr schwer, weil die Nachrückenden immer wieder dicht aufschlossen. Unsere Bitten um Abstand wurden ignoriert oder sogar belächelt." 

Am Sonntag wurde dann die Ausgangssperre der spanischen Regierung verfügt. „Die Gäste im Hotel haben sich sehr geduldig und ruhig verhalten und die angeordneten Maßnahmen auch weitgehend befolgt. Das Krisenmanagement der Hotelleitung und der Reiseleitung war allerdings alles andere als professionell“, so das Ehepaar. 

Coronavirus: Chaos beim Rückflug in die Heimat 

Das eigentliche Chaos sei dann mit dem Rückflug am Samstag gekommen. „Am Flughafen zeigte sich, dass weder die Spanier noch die deutschen Verantwortlichen bei Reiseveranstalter oder Airline ein schlüssiges Konzept für die Abfertigung der Reisenden entwickelt hatten. Unsere Fluggesellschaft TUIfly hat normalerweise sechs Abfertigungsschalter für die Gepäckabgabe eines Fluges geöffnet. Am Samstag waren nur drei Schalter geöffnet, und dann noch für drei Flüge gleichzeitig: München, Frankfurt, Düsseldorf“, berichten die Zöllers. 

Ohne Zuweisung des jeweiligen Fluges zu einem Schalter drängte sich alles auf einen Haufen, ohne Mindestabstand – und auch ohne einen Hinweis darauf durch das Personal. Mit immer neuen Transferbussen und weiteren Reisenden wurde der Pulk immer dichter. „Hier muss man wirklich deutlich sagen, dass alle Verantwortlichen vom Flughafen, von den Reiseveranstaltern und Fluggesellschaften total versagt haben“, so Gabi und Wolfgang Zöller. 

Aber nicht nur die Verantwortlichen ließen es an organisatorischen Hinweisen zum Schutz der Reisenden mangeln, auch das Verhalten der Touristen selbst sei äußerst erschreckend gewesen. Kaum jemand versuchte den nötigen Sicherheitsabstand einzuhalten. Wer Abstand hielt, musste wie ein Luchs darauf achten, dass sich nicht jemand dazwischen drängte. Bitten um Abstand wurden in der Regel belächelt oder mit dummen Sprüchen abgetan. 

Coronavirus: „Versagen des Bordpersonals“ 

„Beim Betreten des Flugzeugs hätte man jeweils nur einige wenige Passagiere durchlassen dürfen, bis sie ihren Platz gefunden haben. Aber auch hier gab es keine Einschränkungen. Man drängelte sich zu seinem Platz wie immer. Hier sehen wir auch ein Versagen des Bordpersonals“, berichtet das Ehepaar. Identische Bilder nach der Landung: Kein geordneter Abzug, stattdessen drängelt alles aus der Maschine und in den einzigen Bus hinein, der die Passagiere dicht gedrängt vom Flugzeug zum Terminal brachte. Selbst dort gab es keine ordnenden Hinweise. Wichtig war den Behörden wohl nur die Ausweiskontrolle – „obwohl wir ja innerhalb der EU geflogen waren“. Einen eventuellen Ausländer zu entdecken schien wichtiger zu sein als Infizierte zu finden, so der Eindruck der Wickeder. Enges Gedränge ein weiteres Mal am Gepäckband, zudem fehlten Hinweise für jene Fluggäste, die in Düsseldorf gestrandet waren. 

„Besonders bedauerlich, da es viele ältere Menschen waren, die nicht wussten, wie sie an Informationen zu ihrer Weiterreise kommen konnten“, beobachtete das Ehepaar. Die Bilanz der beiden Wickeder: „Wir hören immer wieder in den Nachrichten, dass Deutschland gut aufgestellt sei, um mit dieser Krise fertig zu werden. Aber wenn alle Rückkehrer genauso unbedarft das Land betreten, können wir diese Aussage nur bezweifeln“. 

Nach dieser katastrophalen Rückkehr von Fuerteventura hat sich das Ehepaar in eine freiwillige 14-tägige Quarantäne begeben – sicherheitshalber. Ob das angesichts der vielfachen Sorglosigkeit der Reisenden auch alle anderen machen, darf man bezweifeln. Auf diese Weise reicht ein Infizierter in dem Pulk der vielen hundert Flugreisenden, um nicht nur Mitreisende, sondern nach deren Rückkehr daheim auch weitere Kontaktpersonen zu infizieren. Die von der Kanzlerin und den Behörden beschworene Disziplin, um die Pandemie einzudämmen – sie wird bei Flugreisen wie dieser ad absurdum geführt.

Alle aktuellen Entwicklungen zum Coronavirus im Kreis Soest finden Sie in unserem News-Ticker. Für die NRW-weiten Infos halten wir Sie ebenfalls in einem News-Ticker auf dem Laufenden.

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