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Corona-Soforthilfe: Anwalt empfiehlt, jetzt aktiv zu werden

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Von: Klaus Bunte

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Coronavirus - Antrag „Corona Soforthilfe des  Bundes“
„Auch, wer noch nicht zurückgezahlt hat, bislang nicht gerichtlich gegen die Aufforderung zur Rückzahlung vorgegangen ist oder das Geld bereits zurückbezahlt hat, sollte jetzt aktiv werden“, sagt der Anwalt.  © Robert Michael

Die Verwaltungsgerichte Düsseldorf, Köln und Gelsenkirchen haben im Oktober in repräsentativen Verfahren den Klagen von Empfängern der Corona-Soforthilfe stattgegeben, die sich gegen die per Schlussbescheid ergangene Rückzahlungsaufforderung gewandt hatten. Darauf macht der Wickeder Anwalt Sascha Hesse aufmerksam.

Wickede – Mehr noch: „Auch, wer noch nicht zurückgezahlt hat, bislang nicht gerichtlich gegen die Aufforderung zur Rückzahlung vorgegangen ist oder das Geld bereits zurückbezahlt hat, sollte jetzt aktiv werden.“

Denn die Chancen, die Soforthilfe doch noch behalten zu dürfen, stünden exorbitant hoch: „Das erfordert die Gleichbehandlung vor dem Gesetz. Denn es kann nicht sein, dass nur die paar hundert, die jetzt vor Gericht erfolgreich waren, das Geld behalten dürfen, alle anderen jedoch nicht. Es gibt schließlich einen Gleichbehandlungsgrundsatz: Ein Rechtsstaat kann nicht sagen, die einen müssen es nicht zahlen, aber die, die es bereits bezahlt haben, bekommen es auch nicht mehr zurück.“

Unbürokratische Hilfe zu Beginn der Pandemie

Rückblende: Direkt zu Beginn der Corona-Pandemie versprach die damalige schwarz-rote Bundesregierung, niemanden im Regen stehenzulassen und eine unbürokratische Hilfe. Bereits nachdem die ersten Anträge gestellt worden waren, änderte die Regierung die Richtlinien und sprach die Losung aus, dass die Gelder nicht für den Lebensunterhalt, sondern nur für laufende Kosten wie zum Beispiel die Büromiete verwendet werden durfte. Ergo, nahezu alle Solo-Selbstständigen waren aufgefordert, das Geld zu erstatten.

In der Folge kam es zu Initiativen wie der IG Soforthilfe NRW, einem Zusammenschluss betroffener Selbstständiger, die juristisch dagegen vorgehen wollten – mit Erfolg. So hat das Verwaltungsgericht Köln entschieden, dass die Schlussbescheide, mit denen die Soforthilfen zurückgefordert wurden, aus mehreren Gründen rechtswidrig seien. Düsseldorf und Gelsenkirchen teilen diese Ansichten weitgehend und waren sich einig darin, dass die Antragsteller zu Recht davon ausgehen durften, dass für den Erhalt gemäß der bekannt gegebenen Antragsvoraussetzungen für das Behaltendürfen der Gelder pandemiebedingte Umsatzausfälle ausreichend waren.

Wiederaufnahme des Verfahrens

Hesse geht ins Detail: „Es gibt daher die Möglichkeit, über den Paragrafen 51 des Verwaltungsgesetzes eine Wiederaufnahme dieses Verfahrens zu erwirken, das ja eigentlich schon abgelaufen ist. Nach Erhalt des Rückzahlungsbescheides hatte man eigentlich zunächst nur einen Monat lang Zeit, beim Verwaltungsgericht Klage dagegen einzureichen. Das haben viele nicht gemacht, weil sie davon ausgingen, dass sie sich das eh nicht leisten können oder ohnehin keine Chancen haben dürften. Die müssten nun nicht glauben, dass nur jene zu ihrem Recht kämen, die bereit waren, den Kampf gegen die Windmühlen aufzunehmen: „Aufgrund der heutigen Rechtssicherheit hat man sehr gute Aussichten, das Geld behalten zu dürfen oder sogar zurückerstattet zu bekommen.“

Der Haken: Das Land NRW hat beim Oberverwaltungsgericht Berufung eingelegt, insofern sei jetzt der richtige Zeitpunkt, um noch auf den Zug aufzuspringen.

Hilfe bekommt man in dem Fall entweder von einem Anwalt, an den natürlich ein Honorar, in der Regel in Höhe eines Zehntels des erstrittenen Betrags, geht (es sei denn, die Kosten werden von einer Rechtsschutzversicherung übernommen), über die besagte Initiative, der man aber erst gegen eine Spende beitreten muss, oder über Berufsverbände wie die Handwerkskammern, die entsprechende Musterformulare bereitstellen.

Hesse: „Im Prinzip braucht man ansonsten nur den Bewilligungs- und den Rückforderungsbescheid.“

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln

„Das Land ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Bewilligungen im Frühjahr 2020 unter dem Vorbehalt einer späteren endgültigen Entscheidung standen.

Ein solcher Vorbehalt ist zwar rechtlich möglich, muss aber aus den Bewilligungsbescheiden klar erkennbar hervorgehen. Jedwede Unklarheit geht zulasten der Behörde. Auch aus den sonstigen zum Bewilligungszeitpunkt verfügbaren Informationen, insbesondere den vom Land veröffentlichten Hinweisen zum Förderprogramm, mussten die Kläger nicht den Schluss ziehen, es habe sich um eine bloß vorläufige Bewilligung gehandelt.

Ob die Förderrichtlinie des Landes vom 31. 5. 2020 etwas anderes regelt, ist irrelevant, weil diese bei Erlass der Bewilligungsbescheide noch nicht existierte. Zudem sind die Schlussbescheide rechtswidrig, weil das Land darin für die Berechnung der Soforthilfen alleine auf einen Liquiditätsengpass abgestellt hat. Die Bewilligungsbescheide erlaubten aber auch eine Verwendung der Soforthilfen zur Kompensation von Umsatzausfällen. An diese Festlegung war das Land in der Folge gebunden.

Beim Verwaltungsgericht Köln sind noch etwa 400 Klagen betreffend die Rückforderung von Corona-Soforthilfen anhängig. Die heute entschiedenen Klagen sind repräsentativ für einen Großteil dieser Fälle. Das Gericht beabsichtigt, über das Vorgehen in den weiteren Verfahren zu entscheiden, sobald in den heute verhandelten Verfahren rechtskräftige Entscheidungen vorliegen.“ (Quelle: Pressemitteilung vom 16. September 2022)

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