Unter anderem gerade deshalb, erklärt Abdul Hadi Hakim, der als Umfeldmanager der Malteser Werke in der ZUE arbeitet: „In Deutschland und vielen anderen Ländern ist Fußball zwar derart beliebt, in anderen dagegen schaut man es vielleicht gerne, Fußball wird aber deutlich weniger aktiv betrieben. Auf dem Platz hat man dann einen unter 20, der etwas kicken kann, der Rest kann motorisch mit dem Ball noch gar nicht recht umgehen. Das sieht auch sehr ungelenk aus. Für mich persönlich war das etwas Neues: Man hatte in der Schule vielleicht einen, der nicht vernünftig schießen kann, hier ist es genau umgekehrt.“
Was zum nächsten Problem führt: Mannschaftssport. Jeder kennt aus der eigenen Schulzeit noch diesen einen unsportlichen Kameraden oder war es selbst, der beim Wählen von Mannschaften immer als Letzter übrig blieb und zugeteilt wurde, danach nur am Spielfeldrand auf und ab lief. Auch zu solchen Situationen soll es in der ZUE gar nicht erst kommen. Ein Grund dafür: Wem dauerhaft gezeigt wird, dass er als Mannschaftsspieler nicht willkommen ist, wird rasch das tun, wozu man im Schulsport nicht die Möglichkeit hat, und seine freiwillige Teilnahme rasch beenden. Und das wäre nicht allein im sportlichen Sinne bedauerlich.
Letztlich steckt hinter dem Angebot auch ein pädagogischer Gedanke. Abdul Hadi Hakim: „Kinder und Jugendliche gehen unterschiedlich mit ihren Traumata um. Bei einigen äußerst es sich in verbalen oder nonverbalen Aggressionen, andere ziehen sich zurück. Mit dem Sport kann man all dem nicht nur ein Ventil geben, indem man sie sich auspowern lässt. Idealerweise verwickelt man sie nach dem Training noch in ein Gespräch. Man soll erst zum Sport kommen und sich den Frust von der Seele trainieren und dann darüber miteinander ins Gespräch kommen.“
Viele geflüchtete Kinder scheuten den Weg in die heimischen Sportvereine, auch das komme noch dazu. Erschwert würde diese Option auch dadurch, dass der TV-Wickede einzelne Juniorenmannschaften mit denen des TuS Vosswinkel und des TuS Echthausen zusammengelegt hat. Im Umkehrschluss hieße dies, dass einige Altersklassen noch vor Ort trainieren könnten, andere in die Nachbarorte gefahren werden müssten. Zu Fuß bräuchte man jeweils eine Stunde dorthin.
Boxen hingegen ist kein Teamsport, es geht nicht wie im Fußball elf Leute gegen elf, sondern einer gegen einen. Oder eine gegen eine. Denn man könnte zwar meinen, mit Boxen würde man nur die Jungs ansprechen, doch weit gefehlt, sagt der Umfeldmanager: „Eine Gruppe von Mädchen zeigte sich schon hellauf begeistert, als sie die Boxhandschuhe sah. Sie meinten: Wie cool ist das denn? Wann können wir anfangen? Sicher, in Vereinen boxen im Wesentlichen Männer. Wir haben hier vielleicht die Sonderstellung, dass die Kinder relativ wenige Alternativen haben.“
Wer im Boxring punkten will, muss nicht nur wissen, wie ein linker Haken geht, er braucht auch Ausdauer. Diese und somit auch die Motorik zu trainieren, wird ein wesentlicher Bestandteil des Projekts sein. Jeder kennt das Bild, wie Sylvester Stallone als Rocky Seilchen springt. „Und wenn sich jemand 20-mal im Seil verheddert, dann ist es dem Nebenmann egal“, stellt Hakim auch hier die Vorzüge des Sports heraus.
Wann genau es losgeht, ist noch nicht klar. Eines dagegen schon: dass sich das Angebot zwar an Flüchtlinge aller Nationen richtet, jedoch ausschließlich an solche, die in der ZUE leben. Auch dies sei wieder einmal vor allem der Pandemie geschuldet, so Hakim.
Von Waldläufen einmal abgesehen, werde das Training hinter den Zäunen der ZUE stattfinden, „doch Boxen ist ein Sport, den man zum Glück auch draußen betreiben kann – und mit Abstand.“