Nicht glücklich findet Höbrink, dass Werl durch die Niederlassung der beiden Neuen aus der Ansiedlungs-Förderung durch die KVWL komplett herausfällt. Da Werl zu den unterversorgten Regionen zählte, förderte die KVWL eine Niederlassung mit bis zu 60 000 Euro. Zusammen mit einer ähnlichen Landesförderung in gleicher Höhe lockten so zuletzt bis zu 120 000 Euro Ärzte nach Werl. Neben allen weichen Faktoren sicherlich ein gewichtiges Argument bei so mancher Abwägung. Zumindest die 60 000 Euro der KV gibt es bei Ansiedlungen künftig nicht mehr.
„Aus kommunaler Sicht hätte ich mir gewünscht, dass es in dem Förderprogramm nicht nur Schwarz oder Weiß, sondern auch Grau gibt“, sagt Höbrink. Es ergebe keinen Sinn, dass Werl durch die zwei Ansiedlungen so hart aus der Förderung falle, wenn die Stadt in absehbarer Zeit wieder in derselben Situation steckt. Dadurch drohe der abrupte Riss des Gesprächsfadens mit potenziellen Kandidaten. Besser wäre aus Höbrinks Sicht ein Programm mit mehreren Förderstufen in unterschiedlicher Höhe.
Unklar sei zurzeit noch, ob die bereits für dieses Jahr angepeilte Ansiedlung einer weiteren Ärztin in der Innenstadt klappt. Es gebe bislang weder eine Bestätigung, noch eine negative Rückmeldung. Arztlotse Marcel Frischkorn war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Unklar ist auch noch, inwiefern sich die Ansiedlung der beiden Ärzte auch auf das Förderprogramm des Landes auswirkt. Klar ist: Die Hausarztversorgung bleibt eine Herausforderung. Oder mit den Worten der KVWL: „Generell wird die Nachbesetzung von Arztsitzen in vielen Regionen, vor allem im ländlichen Bereich, schwieriger, da sich nicht genug junge Mediziner für eine (eigene) Praxis entscheiden.“
Im Mittelbereich Werl, zu dem neben Werl auch Wickede und Ense zählen, gibt es zurzeit 27,75 Hausarztstellen. Damit beträgt der Versorgungsgrad in diesem Planungsbereich im Moment 81,1 Prozent (gemäß aktuell gültigem Beschluss des Landesausschusses der Ärzte und Krankenkassen in Westfalen-Lippe vom Mai 2022).
Statistisch gesehen lasse sich die Versorgungslage als „noch stabil“ bezeichnen, teilt die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) mit. Bis der Mittelbereich statistisch als „überversorgt“ gilt und keine Niederlassungen mehr möglich sind, dürften noch zehn Vollzeitstellen besetzt werden. Das heißt, auch nach der Niederlassung der angekündigten beiden Mediziner ist noch Luft nach oben.
Vor allem mit Blick in die Zukunft. Denn laut KVWL sind zurzeit 43 Prozent der Hausärzte im Mittelbereich älter als 60 Jahre. Das liegt leicht über dem Trend in Westfalen-Lippe (40 Prozent).