Wir halten die Auflagen für unser Repowering-Projekt grundsätzlich für rechtswidrig, daher wehren wir uns dagegen.
SL-Geschäftsführer Milan Nitzschke begründet, warum sein Unternehmen Klage eingereicht hat. „Wir halten die Auflagen für unser Repowering-Projekt grundsätzlich für rechtswidrig, daher wehren wir uns dagegen.“ Der Kreis Soest habe prophylaktische Maßnahmen im Genehmigungsbescheid verhängt, sprich vorbeugende Maßnahmen für den Fall der Fälle, falls einst geschützte Vögel im Gebiet der beiden Großwindräder ansiedeln. „Und das geht aus unserer Sicht nicht“. Ein solches Vorgehen sei „unangemessen und unverhältnismäßig“.
Wenn schon im Vorfeld windenergie-sensible Arten bekannt sind, könnten Auflagen ja Sinn machen. „Aber wenn das nicht der Fall ist, braucht es auch keine Auflagen, die ansonsten nur zu einer Reduzierung der Stromproduktion führen“, sagt Nitzschke. Eine Abschaltung „ohne Not“ würde den Verlust von Strom in einer Größenordnung des Stromverbrauchs von über 200 Haushalten im Jahr bedeuten.
Natürlich gebe es auch Auflagen für den Betrieb, die zu akzeptieren seien. „Und das machen wir auch, das ist Standard.“ Beispiel Schattenwurf oder Fledermausschutz. Aber auf die bloße Vermutung eines künftig möglichen Vorkommens einer geschützten Vogelart die Räder periodisch ruhen lassen zu müssen – das sieht der Investor nicht ein. Vor allem ist er überzeugt, dass das nicht der gültigen Rechtslage entspricht.
Die Wiesenweihe sei so ein Beispiel. Es sei gutachterlich belegt, dass sie im Gebiet der geplanten Großwindräder bei Mawicke und Westönnen nicht oder nur in ausreichend großer Entfernung vorkommt. Zudem fliege sie bodennah, regelmäßig unterhalb der Rotoren. Zudem seien die Neuanlagen mit einer Bodenfreiheit von 80 Metern bis zum untersten Punkt deutlich höher als die fünf Räder, die abgebaut werden.
Nun die Wiesenweihe rein vorsorglich zu schützen und dafür die neuen Anlagen unnötigerweise abzuschalten, nennt Nitzschke „gerade in der heutigen Zeit verantwortungslos“. Letztlich gehe es auch um die „Reihenfolge der Ansiedlung“, müsse also berücksichtigt werden, was zuerst da war: der schützenwerte Vogel oder das Windrad? Es dürfe nicht sein, dass ein später kommender Vogel die Investition in ein Windrad nachträglich in Frage stelle und damit den Bestandsschutz ausheble. „Da brauchen wir eine vernünftige, reale Betrachtung“, fordert der SL-Geschäftsführer. Die sei bei den Auflagen des Kreises aber nicht gegeben.
Nicht unerwähnt lässt der Investor, dass es in Deutschland steigende Greifvogelbestände gebe – und das trotz der mittlerweile über 30 000 Windräder im Land. Die Population des oft als gefährdet ins Feld geführten Rotmilans sei zum Beispiel auf das anderthalbfache gestiegen, „oft gerade in Gebieten, wo es eine hohe Dichte an Windkraftanlagen gibt“.
Seit März 2022 hält die SL Windenergie GmbH die Genehmigung für die beiden 250 Meter (Rotorspitze) hohen Großwindanlagen nahe der A 44 in den Händen. Sie hat trotz der Klage Bestand. Die Anlagen werden mit je 6,6 Megawatt Leistung übers Jahr so viel Strom erzeugen, wie rund 12 000 Haushalte verbrauchen, doppelt so viel wie die zurzeit laufenden fünf Räder, die ersetzt werden. „Dabei handelt es sich um die aktuell modernsten verfügbaren Windenergieanlagen“, teilt SL mit. 2023 werde der Bau starten – unabhängig von der Klage. Zunächst werden die neuen Räder in Betrieb genommen, dann die fünf mehr als 20 Jahre alten Windräder abgebaut. SL investiert einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag. Die Bauzeit: sechs bis neun Monate. Das Areal ist als Konzentrationsfläche der Windkraft vorbehalten, aber umgeben vom Vogelschutzgebiet Hellwegbörde, das nach dem Bau der Alträder entstand. Die Arbeitsgemeinschaft Biologischer Umweltschutz sah beim Repowering Konfliktpotenzial zum Vogelschutzgebiet.
Ein Großteil der Gesellschaft habe mittlerweile verstanden, dass bei den Diskussionen um die Windkraft das Ziel und Sinn des „großen Ganzen“ aus dem Blick geraten ist. Das Land hänge bei der Windenergie inzwischen dramatisch hinterher. Dabei zeige sich angesichts von Importabhängigkeit und Strompreissteigerung gerade jetzt: „Wir brauchen jede Kilowattstunde, die wir aus Windenergie erzeugen können.“ Und für den Klimaschutz sei saubere, sichere und bezahlbare Windenergie allemal besser, als Kohle zu verbrennen. Das sei effektiver Artenschutz, denn nichts bedrohe Flora und Fauna mehr als der Klimawandel.