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Besuch beim Tierarzt wird deutlich teurer

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Von: Klaus Bunte

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Ein Fall für den Tierarzt: Ein Mops erhält einen Verband an seiner Pfote. Wenn so etwas am Abend oder am Wochenende notwendig wird, können Tierhalter sich jetzt an den Notdienstring wenden, in dem sich heimische Veterinäre zusammengeschlossen haben.
Die Werler Tierhalter müssen für ihre Lieben tiefer in die Tasche greifen (Symbolfoto). © Julian Stratenschulte

Der Tierarztbesuch wird deutlich teurer – und zwar bundesweit. Denn die Veterinäre dürfen die Gebühren nicht nach Gutdünken selber festlegen, sie müssen sich an die Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) halten, und die hat die Bundestierärztekammer erstmals seit 1999 wieder überarbeitet. In Kraft trat sie bereits am 22. November.

Werl – Und an diese Vorgaben haben sich alle Tierarztpraxen zu halten, zum Beispiel auch die Tierärztliche Praxis für Kleintiere am Waltringer Weg. Nennenswerte Rückmeldung habe es in der ersten Woche noch nicht gegeben, bilanziert die kaufmännische Angestellte Pamela Nordmann: „Bis jetzt haben wir eine Rückmeldung von nur einer Kundin bekommen. Sie meinte: ‘Ach, das ist ja gar nicht so teuer, da habe ich mit mehr gerechnet.’ Aber ansonsten ist es noch zu frisch, um darüber eine Aussage zu treffen. Wir informieren unsere Kunden in persönlichen Gesprächen, über unsere Homepage und Aushänge an Rezeption und Wartezimmer.“

Eine vielfach geäußerte Sorge ist natürlich, dass viele Menschen sich dadurch die Haltung ihrer Tiere nicht mehr leisten können – schon vor der Novellierung konnten Operationen vierstellige Summen kosten. Nordmann: „Die Befürchtungen sind natürlich da, dass Tiere deswegen wieder vermehrt im Tierheim landen. Aber die gab es auch, als Corona anfing bzw. alles wieder gelockert wurde und die neuen Besitzer nun doch keine Zeit mehr hatten.“

Und die Tierheime schlagen längst Alarm, weil viele Tiere, die während der Zeit im Homeoffice angeschafft wurden, nun aus Zeitmangel im Tierheim landen, oder noch schlimmer, ausgesetzt werden.

Jede tierärztliche Leistung ist in der Gebührenordnung in vier verschiedenen Sätzen mit je einem festen Betrag definiert. Frei entscheiden kann der Tierarzt, in welchem Satz abgerechnet wird. In der normalen Sprechstunde kann er zwischen dem einfachen und dreifachen Satz, je nach Aufwand, wählen.

Im Notdienst wird mindestens der zweifache Satz, höchstens der vierfache Satz verlangt. Im Notdienst kommt zusätzlich eine Notdienstgebühr hinzu. In Spezialkliniken ist eine Abrechnung zum dreifachen Satz der Gebührenordnung nicht unüblich.

Beispiel für die Kostensteigerung

Nordmann: „Die Gebühren steigen abhängig von der Position der GOT. Zum Teil steigen sie gar nicht bis kaum, teilweise auch bis zum Faktor 2. Um ein kleines Beispiel zu nennen: Es gab eine Position in der bisherigen GOT, da lag der dreifache Satz bei 38,52 Euro, in der neuen GOT liegt die gleiche Position beim einfachen Satz bei 42 Euro – das ist aber eher die Ausnahme.“

Preislich stark angestiegen seien zum Teil die Zuchttauglichkeitsuntersuchungen für Züchter, ebenso müssten Besitzer kurznasiger Hunde wie Mops und Französische Bulldogge bei Atemnot-Operationen zur Behebung ihrer rassetypischen Atemwegsprobleme noch deutlich tiefer in die Tasche langen als bislang.

Kleiner Trost für die Werler: Standortfaktoren wie die Miete wirken sich ebenfalls auf die Gebühren aus. Und da ist das Land gegenüber den großen Metropolen klar im Vorteil. Nordmann: „Wir kennen zwar nicht die Preise der Großstädte, aber wir würden sagen, dass das für uns zutreffend ist.“

Ein weiterer Trost für alle Tierarzt-Kunden: Die Novelle fußt auf einer Studie, die noch vor Ausbruch des Ukraine-Kriegs und der wirtschaftlichen Folgen wie der Inflation erhoben wurde, sodass diese Faktoren noch gar nicht in die Gebührenanpassung eingeflossen sind: Für die Veterinäre hingegen könnte sich irgendwann die Frage stellen, ob die Anhebung für sie überhaupt ausreichend ist, um weiterhin wirtschaftlich arbeiten zu können. Nordmann: „Zurzeit vermuten wir, dass sie noch ausreicht.“

Novelle der Gebührenordnung für Tierärzte

„Die Anpassung der Gebührenordnung war längst überfällig, um sicherzustellen, dass eine Tierarztpraxis wirtschaftlich geführt werden kann. Nur so kann eine flächendeckende Versorgung der Tiere gewährleistet werden“, erläutert der Präsident der Bundestierärztekammer, Dr. Uwe Tiedemann, in einer Pressemitteilung. Die gesetzliche Gebührenordnung sorge für Transparenz und schütze Tierhalter vor Übervorteilung.

Ein Wettbewerb zwischen Tierärzten solle über die Leistung und nicht über den Preis stattfinden. Eine angemessene gesetzliche Vergütung stelle sicher, dass Tierärzte dem Qualitätsanspruch der Tierhalter zum Beispiel durch Investitionen nachkommen können. Das sichere die angemessene Bezahlung der Mitarbeiter und damit auch die erforderliche Sorgfalt in der tierärztlichen Praxis hinsichtlich der tierärztlichen Leistungen. Ein hohes Qualitätsniveau der tierärztlichen Leistung diene dem Tierschutz. In landwirtschaftlichen Betrieben diene es außerdem dem Verbraucherschutz durch gesunde und rückstandsfreie tierische Erzeugnisse.

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