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Waschen, Schneiden, Schweigen: Das sagen Werler Friseure zum „Silent-Cut“

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Von: Sarah Hanke

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Silent Cuts bietet Gabi Reuther (rechts) in ihrem Salon zwar nicht an. Dank 40 Jahre Berufserfahrung merkt sie aber, wenn ein Kunde nicht reden möchte.
Silent Cuts bietet Gabi Reuther (rechts) in ihrem Salon zwar nicht an. Dank 40 Jahre Berufserfahrung merkt sie aber, wenn ein Kunde nicht reden möchte. © Hanke

Nicht jeder möchte sich beim Haare schneiden unterhalten. Immer mehr Friseure bieten deshalb „Silent Cuts“ , also Schweigen auf Bestellung, an. Statt über Gott und die Welt zu plaudern, sollen Kunden ihren Friseurbesuch in Ruhe genießen können. Das sagen Friseure und Kunden in Werl zum Trend „Silent Cut“.

Für die meisten gehört er wie das Shampoo oder die Schere zum Friseurbesuch dazu: der Small Talk, die belanglose Unterhaltung. Doch es gibt auch die andere Kundschaft: Für sie ist der Friseurbesuch wie ein Päuschen vom Stress, das sie auch in Ruhe genießen wollen.

NameSilent Cut
ÜbersetzungStiller Schnitt
UrsprungLondon, später Berlin (Corona-Pandemie)

So auch eine Kundin, die sich am Mittwochmorgen im Salon „friseur-duo Reuther“ an der Steinerstraße die Haare schön machen ließ: „Man möchte ja nicht immer reden und auch nicht immer alles preisgeben.“ Den Trend zum „Silent Cut“ (stiller Schnitt), der 2019 in London aufkam und seit der Corona-Pandemie auch in einigen Salons in größeren deutschen Städten zur Angebotspalette gehört, findet die Kundin deshalb gut. „Man möchte einfach nur genießen.“

Silent Cut: Friseure in Werl wissen, wenn Kunden reden wollen

Saloninhaberin und Friseurmeisterin Gabi Reuther kennt ihre Stammkunden und weiß genau, ob sie plaudern wollen, oder nicht. „Wenn ich ein bisschen Menschenkenntnis habe, dann erkenne ich, ob sich Kunden unterhalten oder relaxen wollen“, sagt sie. Eine Eigenschaft, die sie sich in ihren 40 Jahren Berufserfahrung angeeignet habe. „Das erkenne ich zum Beispiel daran, wenn die Damen oder Herren beim Haare waschen oder schneiden die Augen schließen.“

Wenn ich ein bisschen Menschenkenntnis habe, dann erkenne ich, ob sich Kunden unterhalten oder relaxen wollen.

Gabi Reuther Friseurmeisterin

Dass der Silent Cut, also das Schweigen auf Bestellung, sich in ihrer Angebotspalette finden wird, kann sich Reuther nicht vorstellen. „Bei Neukunden kann man das zum Beispiel gar nicht so durchziehen“, sagt Reuther. Es gibt Dinge, die einfach besprochen werden müssen. „Ich muss ja wissen, was sich der Kunde wünscht, wie viel Zeit er mitgebracht hat und ob die Wassertemperatur so in Ordnung ist.“ Aber auch die Stammkundschaft müsse mal gefragt werden, ob es so wie immer sein darf oder doch mal ein anderer Haarschnitt oder eine andere Farbe. Etablieren werde sich der „Silent Cut“ in Werl mit den dörflichen Strukturen ihrer Meinung nach eher nicht. Auch bei ihren Werler Kollegen sei das noch kein Thema.

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Silent Cut: Eine Auszeit vom lauten Alltag

„Wir reden sehr gerne“, ruft Elmas Yilmaz einer Kollegin in ihrem Friseursalon zu. Sie stimmt der Inhaberin lachend zu. Den Austausch mit den Kunden über den neuesten Klatsch und Tratsch würden sie und ihr Team doch sehr vermissen. „Es kommen ja auch Kunden zu uns, die ansonsten sehr viel alleine sind, weil sie verwitwet sind“, sagt Yilmaz. Sie haben dann beim Friseurbesuch großen Redebedarf.

Die Gespräche mit der Kundschaft schätzen Elmas Yilmaz und ihr Team beim Haare schneiden sehr.
Die Gespräche mit der Kundschaft schätzen Elmas Yilmaz und ihr Team beim Haare schneiden sehr. © Hanke

Nicht so eine Kundin, die am Mittwochnachmittag in den Salon an der Marktstraße gekommen war und ganz vertieft durch eine Zeitschrift blätterte. „Ich genieße die Ruhe, und man will ja auch mal für sich selbst etwas Gutes tun“, sagt sie. Zu viel Gerede sei ohnehin nichts für sie.

Silent Cut: Von Kunde zu Kunde entscheiden

„Ich finde, man muss das mit dem Small Talk individuell entscheiden. Als Friseurin hat man meist ein gutes Gespür dafür, ob jemand reden möchte oder nicht“, sagt Yilmaz. Die Gespräche der anderen Kunden – ein stetes Gemurmel – empfand die Kundin mit der Zeitschrift unterdessen als wenig störend.

Friseurmeisterin Isabel Ditz kann sich den Trend in ihrem Salon „Hairlich“ nicht vorstellen: Solche „stillen Friseurtermine“ umzusetzen, sei schwierig. „Die Kunden sitzen ja bei uns in einer Reihe. Dann müsste ich den Salon für die anderen Kunden schließen“, sagt Dietz. „Dann würde der Friseurbesuch für den einen Kunden sehr teuer werden.“ Und für den Haarschnitt in den Keller zu gehen, wolle sie niemandem zumuten. Da Friseure eh schon aufgrund gestiegener Betriebskosten die Preise anheben mussten, wäre kaum ein Kunde bereit, noch mehr für den Haarschnitt auszugeben.

Silent Cut: Schweigen auf Bestellung

Für Kunden, die dennoch Wert auf eine ruhige Atmosphäre beim Haare schneiden legen, empfiehlt sie, früh morgens vor der Arbeit zu kommen, „bevor alle anderen da sind.“ Schweigen sei auch für die Friseure selbst nach Small Talk über mehrere Stunden entspannend.

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