„Die Masche ist neu“: Seniorin erhält angeblichen Gewinn per Postkarte

„Die Masche ist uns neu, die kannten wir auch noch nicht“ – auch die Pressestelle der Kreispolizeibehörde kann man noch überraschen. Aber Betrüger lassen sich immer wieder etwas Neues einfallen.
Werl – So versuchen sie jetzt offenbar, ältere Mitmenschen nicht mehr per Anruf über den Tisch zu ziehen, sondern bitten per Postkarte um Rückruf. Völlig neu ist die Masche zwar nicht, aber offenbar erreicht sie erst jetzt den Kreis Soest, die Urheber scheinen die Republik systematisch „abzuklappern“.
Eine solche Karte erhielt nun eine Anzeiger-Leserin, die namentlich nicht genannt werden möchte. Ihr Sohn ließ das Schriftstück der Redaktion per E-Mail zukommen. Die Rede ist von einem „möglichen“ Gewinn, eine zehnjährige Rente in Höhe von 120 000 Euro wird in Aussicht gestellt. Um diese zu bekommen, soll man umgehend mit seiner persönlichen Referenznummer eine Gratis-0800-Hotline anrufen.
Betrug per Postkarte: „Wichtiges Dokument“
Mit allerlei Augenwischerei wird hier versucht, Brisanz zu vermitteln und Vertrauen zu erlangen. Die Adresse wirkt mit Hand geschrieben, die Rede ist von einem „wichtigen Dokument“ mit „persönlicher Referenz-Nummer“, von „vertraulich, Zustellung nur an den Empfänger“, was eigentlich bedeuten würde, dass man sie per Einschreiben hätte zustellen müssen.
Schon hier ist Misstrauen geboten. Ebenso bei einem Prüfstempel einer obskuren „Prüfstelle Nord“ – wer die googelt, landet beim TÜV, aber wäre der gemeint, stünde auch TÜV im Stempel.
Gut, googeln, für jüngere Menschen meist kein Problem, für die ältere Generation schon mal eher. Denn gibt man den Absender, eine Firma namens HCC GmbH, Flughafenstraße 52A, 22335 Hamburg, ein, so stößt man auf allerlei Warnungen. Und Abbildungen solcher Karten, und erkennt, die vermeintlich mit einer sauberen Handschrift aufgetragene Adresse ist überall gleich, also wohl doch maschinell erstellt, sogar die Markierungen mit Textmarker sind überall exakt identisch.
Betrug per Postkarte: Warnung der Verbraucherzentrale
Die älteste Warnung kommt von der Verbraucherzentrale Mecklenburg-Vorpommern. Das Pikante: Sie ist exakt sechs Jahre alt, so lange scheint HCC also schon Erfolg zu haben mit der Masche. Ein Grund für dieses Vorgehen könnte sein, dass viele Verbraucher mittlerweile zu gut sensibilisiert wurden für Betrugsversuche am Telefon. Zudem sind Anrufe zu Werbezwecken seit Oktober 2013 verboten, sofern keine schriftliche Bestätigung vorliegt.
So müssen Werber und Betrüger anders agieren, um ihre Opfer zu erreichen, mutmaßt das Portal spam-info.de, und schreibt weiter: „Natürlich haben Sie nie an einem Renten-Gewinnspiel teilgenommen, weswegen es auch keinen Gewinn geben kann. Die Adresse haben die Betrüger irgendwo aufgekauft und verschicken diese Gewinnbenachrichtigungen haufenweise.“
Auch die Verbraucherzentrale macht klar: „Die ‚persönliche Referenz-Nummer’ gilt als Gewinncode, doch Gewinnchancen und Überwachung des Ablaufs der Ziehung sind ungeklärt. Und während die Telefonnummer klar und deutlich lesbar ist, sind die wichtigen Teilnahmebedingungen umso kleiner geschrieben.
Im schwer lesbaren Textblock wird dann auch kurz die eigentliche Absicht des Veranstalters erläutert: ‚Im Anschluss an die Registrierung erhalten Sie auf Wunsch exklusive Informationen zu attraktiven entgeltlichen Offerten der GKL.’ Im Klartext heißt das: Man möchte was verkaufen, wahrscheinlich Abos von Spielgemeinschaften für das deutsche Lotto. Unser Rat: Rufen Sie bei solchen Gewinnmitteilungen generell nicht an! Auch nicht, wenn es sich um eine gebührenfreie Nummer handelt.“
Betrug per Postkarte: Angebliche Losanteile
Die Seite spam-info.de hat die Nummer tatsächlich gewählt: „Dann wird mit Ihnen nicht geklärt, wie und wann Sie Ihren Gewinn erhalten. Dafür erhalten Sie die Möglichkeit, angebliche Losanteile kaufen zu können. Man könnte dies noch unter einer fiesen Werbemasche verbuchen, doch es handelt sich hier auf jeden Fall um Betrug, denn Sie sollen Ihre Kontodaten am Telefon preisgeben. Damit erteilen Sie eine Abbuch-Ermächtigung, die aber nicht nur die Höhe der Fake-Lose betragen kann, sondern noch wesentlich mehr. Die Masche ist nicht neu, aber bisher haben die Kriminellen angerufen (was sie auch immer noch tun!), nur bei dieser neuen Masche lassen sie sich anrufen. Bitte informieren Sie Ihre Eltern und Großeltern, sodass diese gewarnt sind. Es kann auch helfen, wenn Sie gemeinsam die Post durchsehen, wenn die Älteren nicht mehr so fit sind.“
Betrug per Postkarte: Das rät die Polizei
Also mindestens Postkarte wegwerfen – oder aktiv dagegen vorgehen. Diesen Rat gibt auch die Kreispolizeibehörde. Polizeioberkommissarin Jana Alteheld von der Pressestelle sagt: „Man sollte sich mit der Postkarte auf jeden Fall auf der Dienststelle melden. Denn wenn sich das häuft, haben wir auch die Möglichkeit, zu beraten. Und dann liegt der Verdacht einer Straftat nah, dann würde auch ermittelt.“ Bislang sei jedoch noch niemand wegen dieser Vorfälle auf ihre Behörde zugekommen.
Betrug per Postkarte: Die Rolle der Deutschen Post
Dem besagten wachsamen Anzeiger-Leser stellt sich jedoch noch eine Frage – die nach der Rolle der Deutschen Post: „Meines Erachtens ist es eine Sauerei, dass die so etwas überhaupt zustellt.“
Achim Gahr, Leiter Regionale Kommunikation Mitte der Pressestelle in Düsseldorf, sagt hierzu: „Weil wir dafür bezahlt werden. Wir sind nur der Transporteur. Für die Inhalte, gleich welcher Art, sind wir nicht zuständig, es sei denn, sie verstoßen ganz klar gegen das Grundgesetz – wenn auf so einer Postkarte zum Beispiel zu einem Mord aufgerufen würde. Wir sind kein Gericht, uns sind da die Hände gebunden. Anders war das zuletzt im Dritten Reich, da wurde alles gefilzt. Und aus diesem Grunde ist es uns heute nicht mehr erlaubt.“