Bei Heizungsbauern stehen die Telefone nicht still: „Nicht durchdacht“

Die von der Ampel-Koalition geplante Abkehr von Öl- und Gasheizungen hin zur stärkeren Verwendung regenerativer Energien ist das große Thema. Bei den heimischen Heizungsbauern stehen daher derzeit die Telefone nicht still.
Werl –Die ursprünglich einmal vorgesehene Austauschpflicht für funktionierende Öl- und Gasheizungen ist mit dem Kompromiss beim Gebäudeenergiegesetz zwar vom Tisch: Auch nach dem 1. Januar 2024 dürfen sie weiterbetrieben und auch repariert werden, wenn sie ausfallen. Generell aber gilt: Wer nach diesem Stichtag eine Heizung einbauen lässt, der muss dafür sorgen, dass diese mindestens zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben wird. Das gilt für Neubauten ebenso wie für ältere Häuser.
„Nicht durchdacht“: Bei Heizungsbauern stehen die Telefone nicht still
Heizungsbauer Detlev Greune berichtet: „Das kommt alles sehr kurzfristig, ohne ausreichende Vorlaufzeiten, und ist nicht hinreichend durchdacht, was sich die Bundesregierung da überlegt hat. Die Kunden spielen jetzt verrückt, die wollen alle noch eine Öl- oder Gasheizung, weil sie ja sonst den 65-prozentigen Anteil erfüllen müssen.“
Einen generellen Rat könne er nicht geben, es komme stets auf den Einzelfall an: „Man muss schauen, wie weit die Anlage noch in Ordnung ist. Kunden, die einen fünf Jahre alten Ölkessel haben, raten wir nicht zum Austausch. Anlagen, die bereits 20 oder 30 Jahre alt sind, würden wir austauschen, zumal es immer schwieriger wird, dafür noch Ersatzteile zu bekommen. Denn gerade bei alten Gebäuden hängt bei einem Austausch zu einer modernen Technik noch ungeheuer viel dran, da die Gebäudehülle nicht dafür geeignet ist. Da müsste am Haus derart viel umgebaut werden, dass gerade ältere Hausbesitzer so viel nicht mehr investieren wollen.“ Danach beginne das Problem der Verfügbarkeit, „besonders bei Ölheizungskesseln. Bei den Gasgeräten geht es noch. Die Hersteller stellen mehr und mehr um auf Wärmepumpen. Und selbst hier sind wir als Folge des Kriegs in der Ukraine bereits am Limit aufgrund der Lieferprobleme.“
Energieberater bietet Überblick
Der Büdericher Energieberater Martin Becker rät generell: „Sprechen Sie mit jemandem, der davon etwas versteht, sprich einem Energieberater, der nichts verkaufen will, aber im Gespräch eine sinnvolle Vorgehensweise und erste Einschätzung vorgeben kann, sodass man eine Nacht darüber schlafen und mit dieser Einschätzung an den Installateur herantreten kann. Das ist allemal besser, als Hauruck irgendwas zu machen. Bevor Sie vielleicht viel Geld in die falsche Richtung ausgeben, hilft selbst ein kurzes Telefonat schon viel weiter. Gerade, weil seit ein bis zwei Jahren ein so großes Hin und Her in der Politik und eine damit einhergehende Verunsicherung herrscht, dass der Einzelne gar nicht mehr durchblickt. Auch der Heizungsbauer kennt nur Teilaspekte und daher nicht immer alles.“
Denn in den Medien werde viel verkürzt und dadurch völlig falsch rübergebracht: „Zum Beispiel, dass Eigentümer, die älter sind als 80, befreit sind. Befreit wovon, auch von Immobilien, die sie nicht selber bewohnen, sondern vermieten? Es werden immer nur Bröckchen kommuniziert und die Leute auf die falsche Fährte gelockt, sodass sie Gefahr laufen, in etwas zu investieren, was sie später bereuen. Was die Leute jetzt verzweifelt machen, ist, sofort austauschen zu wollen, um dann 20 Jahre Ruhe zu haben. Aber da wird die Politik gegenhalten und die Energien durch die Besteuerung und die CO2-Bepreisung derart verteuern, dass ihnen die Lust an der Ölheizung vergehen wird. Aber dann haben sie bereits investiert und müssen nachrüsten.“
Perspektiven und Optionen
Dabei gebe es durchaus unterschiedliche Perspektiven und Optionen, wie auch die Verbraucherzentrale NRW gegenüber wa.de erklärte. Energieberater Becker: „Nehmen wir nur die Regel, dass die Heizung mindestens zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden soll. Zur Vereinfachung und unbürokratischen Umsetzung dieser Vorgabe wird etwa bei einer Hybridheizung, bestehend aus fossilen Gas- oder Ölkesseln in Kombination mit einer elektrischen Wärmepumpe, die Einhaltung der 65-Prozent-Pflicht angenommen, sofern der Leistungsanteil der Wärmepumpe 30 Prozent oder höher ist. Wenn ich also sage, meine Heizung läuft noch 20 Jahre, dann kann ich sie ergänzen durch eine kleine Wärmepumpe, die einen Teil der Leistung übernimmt. Dann habe ich meine 65 Prozent schon und kann die Anlage später noch einmal der aktuellen Gesetzeslage anpassen.“
Dennoch solle man sich auch nicht zu lange Gedanken machen, meint Becker: „Bitte nur bis zur Jahresmitte. Denn zum einen werden die Auftragsbücher der Installateure immer voller. Und was jetzt gesetzlich gefordert wird, wird danach nicht mehr gefördert. Wenn es heißt, für dieses Jahr ist die Förderung gesichert, heißt das zwischen den Zeilen, dass keiner weiß, wie sie im kommenden Jahr aussehen wird. In diesem Jahr bekomme ich noch 25 Prozent Grundförderung für die Wärmepumpe und könnte eine kleine Wärmepumpe noch auf Jahre hinaus darüber abfedern. Diejenigen aber, die das jetzt aussitzen wollen, werden die sein, die im Endeffekt draufzahlen. Die müssen austauschen und in Technik investieren, die mit höheren Investitionen verbunden sind, weil sie nur noch per Gesetzeslage dazu gezwungen werden.“
Energieausweis erneuern
Und noch einen Tipp hat Becker auf Lager: die rechtzeitige Erneuerung des Energieausweises. „Erst neulich hatte ich den Fall eines Familienhauses, für das ich 2009 den Energieausweis erstellt habe. Der muss aber alle zehn Jahre erneuert werden. Wenn dies nicht geschieht, muss ich aus Gründe des Datenschutzes alle Daten vernichten, die man später bei einem solchen Heizungsaustausch wieder bräuchte. Wer einen Energieausweis hat, sollte sich an den Aussteller wenden, um diese Grundinformationen zu haben. Der hat sich ja Gedanken gemacht zum Wärmebedarf des Gebäudes, und für die rechnerische Bewertung der Wärmepumpe ist eine gut gepflegte Gebäudeakte sehr hilfreich. In diesem Fall dagegen musste ich wieder bei null anfangen.“