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Klage gegen die Kettler-Stiftung: Ex-Finanzchef fordert fast halbe Million Euro

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Von: Gerald Bus

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2019 war das Aus für Kettler besiegelt. Mitarbeiter klagten, die Firma sei durch Fehlentscheidungen  zu Grabe getragen worden.
2019 war das Aus für Kettler besiegelt. Mitarbeiter klagten, die Firma sei durch Fehlentscheidungen zu Grabe getragen worden. © Bus

Da hat noch einer eine Rechnung offen mit der Kettler-Stiftung: In die nach dem Tod der Kettler-Verantwortlichen öffentlich ausgetragene Schlammschlacht um vermeintlich veruntreute Firmengelder & Co kommt erneut Bewegung.

Werl/Ense - Ausgerechnet der damals mit viel öffentlichem Wirbel abberufene Kuratoriumsvorsitzende Manfred Sauer verklagt nun die Kettler-Stiftung. Ausgerechnet hat Sauer nämlich, dass ihm noch viel Geld zusteht. Nach Informationen unserer Zeitung fordert er von der Stiftung die Zahlung einer Testamentsvollstreckervergütung. Dabei geht es um 425.000 Euro.

Das Landgericht Arnsberg bestätigt grundsätzlich eine anstehende Verhandlung am 10. März um 12 Uhr vor der 2. Zivilkammer des Landgerichts, nennt aber keine Namen von Klägern und Beklagten. Dem Vernehmen nach aber handelt es sich um Sauer, der einst Finanzchef des weltweit agierenden Freizeitartikel-Produzenten Kettler, später Kuratoriumsvorsitzender der Heinz-Kettler-Stiftung war. Beginn der öffentlichen Verhandlung ist um 12 Uhr.

Die Stiftung war 1999 von Kettler-Gründer Heinz Kettler und seiner Tochter Dr. Karin Kettler gegründet worden. Nach dem Tod des Patriarchen wurde Karin Kettler 2005 Alleinerbin. Sie verstarb 2017 an den Folgen eines Autounfalls. Die Alleinerbin des einstigen Familienunternehmens wurde daraufhin die Stiftung. „Im Wege des Erbfalls sind Beteiligungen an insgesamt 25 Unternehmen auf die Beklagte übergegangen“, teilt das Landgericht mit. Der Kläger sei als Testamentsvollstrecker tätig geworden und macht nun mit der Klage die ihm aus seiner Sicht zustehenden Vergütungen dafür geltend. Insgesamt sollen drei Personen mit der Testamentsvollstreckung befasst gewesen sein. Im November 2021 soll die Tätigkeit Sauers über den Nachlass von Karin Kettler abgeschlossen worden sein.

Kettler – das einst so blühende Unternehmen mit Artikeln der Freizeitbranche – macht damit auch weit nach dem endgültigen Aus noch immer Schlagzeilen. Ein Aus, das einige eben auch Sauer mit angelastet haben.

Im November 2018 hatte ein zuvor lange schwelender Streit innerhalb der Führungskräfte in der Stiftung ein schlagzeilenträchtiges Ende gefunden: Wegen „Verletzung der Stiftungsinteressen“ hatte die Bezirksregierung Arnsberg als Stiftungsaufsicht den Rausschmiss von vier Verantwortlichen begründet. Das dreiköpfige Stiftungs-Kuratorium um Sauer wurde entmachtet. Im Ringen um die Rettung der insolventen Kettler GmbH hatte die Stiftungsaufsicht damals das Verhalten des Kuratoriums als „Gefährdung der Stiftungs-Interessen“ bewertet.

Damals ging es unter anderem um die Nicht-Teilnahme der Stiftung am Gespräch im NRW-Wirtschaftsministerium zur Rettung des Unternehmens und um eine unzureichende Wahrung der Vermögensinteressen der Stiftung, die sich der Unterstützung des Behinderten-Sports verschrieben hat.

Vor dem Hintergrund des Stiftungsgesetzes als rechtliche Grundlage hatte die Bezirksregierung entschieden: Das Kuratorium ist nicht mehr tragbar. Sauer als der „starke Mann“ in der Kettler-Stiftung musste seinen Hut nehmen. In dem Zusammenhang war 2018 per Zwischenfinanzierung durch die Stiftung in Millionenhöhe die vorläufige Kettler-Rettung in buchstäblich allerletzter Minute doch noch geglückt, 715 Arbeitsplätze blieben zunächst erhalten. Lange hielt die Firma sich aber nicht mehr. 2019 kam das Aus.

Der ehemalige Kettler-Finanzchef war aber auch zuvor umstritten. Vor allem der Mendener Unternehmer Ulrich Bettermann (OBO), ein Freund von Heinz Kettler, hatte 2017 und 2018 schwere Vorwürfe gegen Sauer erhoben. Bettermann war lange Jahre Beiratsvorsitzender bei Kettler gewesen. In diesem Zusammenhang wurde auch über vermeintliche Schwarzgeldkonten des Firmengründers Heinz Kettler in Höhe bis 40 Millionen Euro im Ausland spekuliert. Die Staatsanwaltschaft Arnsberg hatte zu Beginn der Auseinandersetzung ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, das aber eingestellt.

Auch die Abberufung Sauers als Testamentsvollstrecker hatte Bettermann schon 2017 gefordert. Das, so der OBO-Chef, hätte auch dem Willen der Firmenerbin Karin Kettler im Fall ihres Todes widersprochen.

Sauer hatte alle Vorwürfe über einen Anwalt „entschieden“ dementieren lassen. Zum anstehenden Prozess wollte sich der Enser am Freitag auf Anfrage nicht äußern. Andreas Sand und Daniel Kettler von der Stiftung waren für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Vergütung für Testamentsvollstrecker

Testamentsvollstreckung ist kein Ehrenamt. Genau festgelegt ist nicht, was jemand für seine Tätigkeit verlangen darf. Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) steht unter § 2221: „Der Testamentsvollstrecker kann für die Führung seines Amts eine angemessene Vergütung verlangen, sofern nicht der Erblasser ein anderes bestimmt hat.“ Dabei geht es auch um die Umstände der Arbeit, Schwierigkeit und Dauer. Laut Arbeitsgemeinschaft Testamentsvollstreckung und Vermögenssorge e.V. (AGT) ist das Amt im Laufe der Jahrzehnte „immer vielschichtiger geworden“. Komplexe Familienverbände und Vermögensstrukturen machen die Arbeit „anspruchsvoll, schwierig und zeitaufwändig.“ Zudem haften Testamentsvollstrecker für ihr Tätigwerden. Bei zu langsamer Tätigkeit verliert ein Testamentsvollstrecker laut AGT seinen Vergütungsanspruch nicht, aber die Vergütung sei dann entsprechend zu mindern.

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