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Reittherapie für junge Corona- und Flutopfer

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Von: Klaus Bunte

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Sabrina und Hendrik Koerdt (mit ihrem Sohn Jan) und dem Lama unterwegs in Holtum
Sabrina und Hendrik Koerdt (mit ihrem Sohn Jan) waren die ersten, die vor zweieinhalb Jahren für eines der Lamas eine Patenschaft übernahmen. © Klaus Bunte

Eigentlich war den Lama-Freunden gar nicht bewusst, was sie mit ihrer Patenschaft bewirken: Der Verein „Equus et Humanitas“ finanziert damit Maßnahmen für traumatisierte Kinder.

Werl - „Wir konnten mit euren regelmäßigen Beiträgen zehn Kindern drei Monate lang Reittherapie finanzieren sowie sechs Aktionen in Flutgebieten und drei durch Corona schwer betroffene Kinder unterstützen“, teilt Simone Roolf, Vorsitzende des Vereins „Equus et Humanitas“ Hendrik und Sabrina Koerdt mit.

Die Eheleute aus Wickede waren die Ersten, die eine Patenschaft für eines der Lamas Karl und Otto übernommen hatten, die Roolf vor zweieinhalb Jahren aus dem Tierpark Hamm übernahm.

Am Wochenende lud Roolf sie samt Söhnchen Jan zum Dank ein zu einem weiteren Rundgang durchs Dorf mit den beiden Paarhufern sowie den drei Schäfchen der seltenen Skudden-Art, die anhänglich neben den Lamas herlaufen, sowie einem Glas Sekt. „Wir dachten, das Geld sei ausschließlich zum Unterhalt der Lamas gedacht, aber dass damit so viel Gutes getan wurde, wird uns jetzt erst klar“, meint Sabrina Koerdt. Kennengelernt hatte das Paar Simone Roolf durch Zufall: Ihrer aller Kontaktdaten wurden missbraucht bei einem Dreiecksbetrug im Internet. Ein seltener Fall, dass Ganoven auch etwas Gutes bewirken.

Der Verein setzt sich deutschlandweit dafür ein, dass Menschen, die sich diese von den Krankenkassen nicht übernommene Leistung aus eigener Tasche nicht leisten können, dennoch in den Genuss einer tiergestützten Therapie kommen. „Reittherapeuten aus ganz Deutschland sprechen uns an und schildern uns Fälle von Menschen, denen sie Reittherapie anbieten wollen“, schildert die Vorsitzende, selber im Hauptberuf Reittherapeutin. Bei Bewilligung durch den Vorstand werden dieser Person dann zehn Sitzungen finanziert. Außerdem werden mit den Tieren Hospize besucht. Neu ist jedoch der Einsatz im Flutgebiet und in Corona-Fällen.

„Wenn da Anfragen kamen von Familien, die schwer von der Pandemie betroffen waren, oder Kinder im Ahrtal, die durch die Flut ihre Bleibe oder sogar Familienmitglieder verloren haben und dadurch traumatisiert sind, da haben wir ganz unbürokratisch in den vergangenen Monaten tolle Aktionen finanziert“, so Simone Roolf. „Den Tieren teilen die Betroffenen ihre tiefsten Gefühle mit, während sie das daheim vielleicht nicht so tun, da die Eltern selber schwer belastet sind durch die Folgen des Hochwassers und der Pandemie. Als Kind darf man da vielleicht keine Schwäche zeigen, den Tieren gegenüber schon. Wir haben Fälle unterstützt, da haben die Flut und Corona für krasse Einschnitte im Leben gesorgt.“

Während der Lockdowns durften keine Reittherapien stattfinden. Immerhin hatte sich dadurch Geld angesammelt, das nun für solche Maßnahmen verwendet werden konnte. Pädagogische Auswirkungen des Umgangs gerade mit solch ungewöhnlichen Tieren wie den beiden Lamas und den drei Skudden (das sind Schafe) zeigen sich bereits beim Rundgang durchs Dorf.

Ihr Anblick entschleunigt. Kein Autofahrer, der entnervt auf die Hupe drückt, weil er abbremsen muss. Alle halten, staunen, strahlen. Vor allem die kleine Lynn Weinberg, sie will streicheln. Die Vierjährige steht gerade mit den Eltern vorm Haus, als der Tross vorbeizieht. Doch noch mehr als bei Hunden und Katzen muss sie lernen, sich den Vierbeiner langsam zu nähern. Und schließlich klappt es, die Lamas fressen der Kleinen aus der Hand – da hat sie was zu erzählen in der Kita. Und Vater Marco Weinberg meint nur: „Von mir aus können Sie gerne jeden Samstag hier vorbeikommen – das spart uns den Eintritt zum Zoo.“

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