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Seit 65 Jahren Ursulinen-Schwester: Den Gang ins Kloster hat sie nie bereut

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Von: Ilka Platzek

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Schwester Bernadette hat es nie bereut, ins Kloster gegangen zu sein.
Schwester Bernadette hat es nie bereut, ins Kloster gegangen zu sein. © Ilka Platzek

Sie ist klein, zierlich und unglaublich bescheiden. Deswegen ist es ihr sichtbar unangenehm, zu ihrem Ordensjubiläum plötzlich im Mittelpunkt zu stehen. Schwester Bernadette ist 86 Jahre alt und seit mehr als 65 Jahren bei den Ursulinen.

Werl - Bevor sie Nonne wurde, hat sie nämlich schon bei den Schwestern gearbeitet.

Schwester Bernadette wurde 1936 als Anna Ahlke in Dedinghausen geboren, ein kleiner Ort, der mittlerweile zu Lippstadt gehört. Die Familie hatte sieben Kinder, „sechs Mädchen und einen Jungen“, erzählt Schwester Bernadette.

Die Familie lebte vom Verdienst des Vaters, der in einer Fabrik in Lippstadt arbeitete und versorgte sich darüber hinaus selbst mit Obst und Gemüse vom eigenen Grundstück. „Wir waren eine sehr fromme Familie, bei uns wurde jeden Tag gebetet“, erzählt die alte Dame. Sie selbst war offenbar das frommste Familienmitglied: „Ich habe mich schon immer zurückgezogen und gebetet. Das war einfach meine Berufung“, sagt sie schlicht und fügt hinzu: „Schon als ich noch ein Kind war, hieß es in unserer Familie immer: Du gehst bestimmt mal ins Kloster.“

Zunächst einmal besuchte Anna Ahlke die Volksschule und erwarb die „Bildungsreife.“ Danach arbeitete sie auf einem Bauernhof im Haushalt, wechselte dann in eine Großküche und fand schließlich Arbeit bei den Ursulinen in Werl. „Meine Schwester Thea arbeitete schon in Werl. Sie hat mir den Kontakt vermittelt.“ Als Anna Ahlke sich dazu entschied, Nonne zu werden, war sie noch keine 21 und brauchte die Erlaubnis ihrer Eltern. „Mein Vater ist früh an Leukämie gestorben. Meine Mutter hat mir die Erlaubnis gegeben. Sie wäre selbst gerne ins Kloster gegangen“, erzählt Schwester Bernadette.

Strenge Zeiten in den 50er-Jahren

Für die damals 20-Jährige folgte zunächst das Postulat – das erste halbe Jahr der Eingewöhnung in den Orden, danach wurde sie eingekleidet und begann ihr zweijähriges Noviziat, die mit der Profess endet. Drei Jahre später folgte dann die ewige Profess.

„Die Einkleidung fand am 12. Januar 1958 statt“, sagt Oberin Schwester Hildegard. Ab diesem Tag zähle die Ordenszugehörigkeit, so dass Bernadette jetzt am 12. Januar ihr eisernes Jubiläum feiern kann. Der Name Bernadette wurde übrigens vom Orden ausgewählt. „Den Novizinnen wurden mehrere Namen zur Wahl gestellt. Einen davon durften sie sich aussuchen“, erklärt die Oberin. Und fügt hinzu: „Bernadette passt schon ganz gut. Die Heilige Bernadette hatte Marienerscheinungen und hat Maria besonders verehrt. Auch unsere Bernadette ist einen große Marienverehrerin.“

In den 50er Jahren sei die Aufnahmephase für die angehenden Ordensfrauen sehr streng gewesen. „Sie durften das Kloster fünf Jahre lang nicht verlassen, noch nicht einmal, um an einer Prozession teilzunehmen. Selbst der Arzt kam ins Haus, weil die Schwestern es nicht verlassen durften“, berichtet Schwester Hildegard, die diese strengen Zeiten selbst nicht mehr miterlebt hat. „Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil 1965 wurden die Bestimmungen gelockert“, weiß sie.

Die junge Schwester Bernadette fiel noch unter die strengen Vorgaben: „Es ist mir schon schwer gefallen, meine Familie nicht mehr sehen zu dürfen“, erinnert sie sich. Trotzdem habe sie nie an ihrer Berufung gezweifelt.

Arbeit im Internat

Im Kloster hat sie zunächst im Internat gearbeitet: Dort die Tische gedeckt, die Speisen aufgetragen und ähnliches. Sie hat dann noch eine Ausbildung in Hauswirtschaft im Meinwerk-Institut in Paderborn gemacht und sich während ihres Klosterlebens immer wieder hauswirtschaftlichen Aufgaben gewidmet, etwa der Wäsche der Ordensfrauen.

Schwester Bernadette erinnert sich daran, „guten Kontakt zu den Schülerinnen des Internats“ gehabt zu haben und Schwester Hildegard attestiert ihr, dass sie auch zu Gästen, etwa Wallfahrern, immer einen guten Draht hatte. „Sie konnte sich immer gut unterhalten.“

Inzwischen sieht und hört die alte Dame schlecht. Außerdem leidet sie unter Diabetes. Fragt man sie nach Hobbys, fällt ihr nicht viel ein: „Ich lese immer die Zeitung“, sagt sie. Auch andere Schriften liest sie, Bücher eher nicht. Jetzt freut sich die bescheidene Schwester darauf, dass ihre noch lebenden Verwandten, darunter Nichten und Neffen, am 12. Januar kommen, um mit ihr und den verbliebenen Schwestern im ehemaligen Jesuitenkloster ihr 65-jähriges Ordensjubiläum zu feiern.

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