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Straffreiheit für Werler Großhändler, Bewährungshaft für geständiges Dortmunder Duo

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Von: Gerald Bus

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Die Dortmunder Gastronomen räumten ein, im Soester Großhandel – betrieben von Männern aus Werl und Werne – bar und auf Rechnung eingekauft zu haben.
Die Dortmunder Gastronomen räumten ein, im Soester Großhandel – betrieben von Männern aus Werl und Werne – bar und auf Rechnung eingekauft zu haben. © Symbolbild: Uta Müller

Ein Werler Gastronom und sein ehemaliger Kompagnon aus Werne werden - anders als zwei Dortmunder Gastronomen - wohl straffrei aus einem Steuerbetrugsprozess in vermeintlicher Millionenhöhe herauskommen. Nachdem zuletzt viele Vorwürfe der Anklage in sich zusammengefallen waren, machte die Staatsanwaltschaft den beiden Männern das Angebot einer Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer Geldauflage.

Werl/Dortmund/Arnsberg – Sie soll 8 000 Euro betragen. Ein solcher Schritt ist bei erkennbar geringer Schuld möglich. Beide Männer waren als Betreiber eines Großhandels in Soest wegen Beihilfe zum Betrug angeklagt.

Der Verteidiger des Werlers stimmte dem Vorschlag am Montag vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Arnsberg bereits zu. Damit wäre der Werler nicht vorbestraft, auch gilt die Zahlung der Geldauflage nicht als Schuldeingeständnis. Aber der Mann umgeht so ein weiteres langwieriges Verfahren und weitere Anwaltskosten. Für den Gastronomen und seinen ehemaligen Mitstreiter aus Werne, die einst beide einen Großhandel in Soest betrieben und laut Anklage an Schwarzkäufen von drei angeklagten Gastronomen aus Dortmund und Ennigerloh mitgewirkt haben sollen, sind die seit fünfeinhalb Jahren im Raum stehenden Vorwürfe damit vom Tisch. Zu einem Urteil gegen die Beiden wird es nicht mehr kommen.

Dortmunder Duo: Schwarzeinkäufe gestanden, dafür Bewährung

Gegen die beiden Hauptangeklagten, die ein Restaurant in Dortmund betrieben haben, wird es hingegen ein Urteil geben. Allerdings wird das deutlich geringer ausfallen, als es beim Start des Prozesses den Anklang hatte, als noch von einem Steuerschaden von 7 Millionen Euro und unausweichlichen Haftstrafen die Rede gewesen war. Im Laufe des Prozesses war die technische Ermittlung der Steuerhinterziehung durch die Steuerfahnder vom Landgericht Arnsberg allerdings mehr und mehr in Zweifel gezogen worden. Zuletzt stand noch ein Steuerschaden von 400 000 Euro im Raum.

Für die strafrechtliche Würdigung der Angelegenheit gab es am Montag bei der Fortsetzung des Prozesses ein Rechtsgespräch aller Beteiligten – und am Ende eine Verständigung, die die beiden Hauptangeklagten davor verschont, in Haft zu müssen. Beide Männer gestehen demnach, dass sie zwischen Juli 2011 und Mai 2016 Waren im Wert von 3 400 Euro im Monat für das Dortmunder Restaurant schwarz eingekauft und damit Steuern hinterzogen haben. Im Gegenzug sagte das Gericht zu, dass der Strafrahmen nicht weniger als ein Jahr, aber eben auch nicht mehr als 15 Monate Haftstrafe auf Bewährung betragen wird. Zudem müssen beide Männer 5 000 Euro Strafe an die Staatskasse zahlen. Nach dem rund zweistündigen Verständigungsgespräch am Montagmorgen stimmten die Verteidiger der Dortmunder Gastronomen und die Staatsanwaltschaft dem „Deal“ zu.

BVB-Stars gingen im Restaurant ein und aus

Verteidiger Kuhlmann erläuterte vor Gericht, wie sich die Dinge im Dortmunder Restaurant damals entwickelten. Es sei ein Haus gewesen, in dem die Stars des Fußballclubs Borussia Dortmund ein- und ausgegangen seien, entstanden durch Kontakte unter den Landsleuten seines Mandanten und mitbedingt dadurch, das es sich in fußläufiger Nähe zum Stadion befindet. Es war die Zeit, als der BVB Meisterschaften feierte. Der Betrieb sei gewachsen, habe sich nicht zuletzt durch die prominenten Gäste einen Namen gemacht – aber die Arbeit wurde dem einen Betreiber zu viel, der andere sollte übernehmen. Beide räumten ein, im Soester Großhandel – betrieben vom Werler und dem Werner – bar und auf Rechnung eingekauft zu haben.

Aber sie sind nicht hingegangen, um möglichst viele Schwarzkäufe zu tätigen; es war keine kriminelle Überlegung.

 Ulrich Grigoleit, Verteidiger

Aber, betonte Verteidiger Ulrich Grigoleit, der den anderen Dortmunder Gastronomen vertritt: Jene Einkäufe hätten „nicht dem primären Zweck gedient, Schwarzumsätze zu generieren“; eher sei es um Werbeaktionen und Mitarbeiter-Verköstigung gegangen. Die unversteuerten Bareinkäufe hätten beide Männer „gemeinsam verantwortet und abgesprochen“, räumte Grigoleit ein. „Aber sie sind nicht hingegangen, um möglichst viele Schwarzkäufe zu tätigen; es war keine kriminelle Überlegung.“ Die Vorstellungen der Staatsanwaltschaft aus der Anklage habe mit der Lebensrealität im Restaurant nichts zu tun, kritisierte der Verteidiger.

Angeklagter: Kostenpauschale ein Problem für alle Gastronomen

Einer der Hauptangeklagten schilderte vielmehr, dass jene Einkäufe vor allem der Verköstigung der Mitarbeiter des Restaurants gedient hätten, deren Kostenpauschale von 90 Euro im Monat bei weitem nicht reiche. „Dafür bekommt man gerade einen Espresso am Tag.“ Das sei ein Problem für jeden Gastronomen in Deutschland. Aber der Schwarzkauf sei ein Fehler gewesen.

Ein weitere Angeklagter, ein Gastronom aus Ennigerloh, der ebenfalls im Soester Großhandel Schwarzkäufe getätigt haben soll, wird offenbar nicht belangt. Richter Dr. Johannes Kamp stellte eine Verfahrensbeendigung am nächsten Prozesstag (29. September) in Aussicht.

Finanzrechtliche Folgen noch offen

Mit dem neuen „Deal“ am Montag steht der Gastro-Prozess zumindest aus strafrechtlicher Sicht vor dem Ende. Da allerdings das Finanzamt Dortmund zuletzt einem zuvor erarbeiteten Deal zum Begleich der noch offenen Steuerschuld nicht zugestimmt hatte und eine Einigung aus finanzieller Sicht – sprich Rückzahlung der Steuerschuld – damit bislang ausblieb, müssen die finanzrechtlichen Belange und Folgen für die beiden Dortmunder Gastronomen weiter verhandelt werden.

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