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Kosten für Gas und Strom steigen drastisch – aber es gibt auch Entlastungen

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Von: Gerald Bus

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Preisanstieg mit Brems-Funktionen: Auf die Kunden kommen höhere Kosten zu
Preisanstieg mit Brems-Funktionen: Auf die Kunden kommen höhere Kosten zu. © Dahm

Für manchen Kunden gilt es im doppelten Wortsinn, sich nach der Decke zu strecken: der finanziellen und der aus Wolle. Für 2022 wird der Jahresverbrauch für viele zwar erstaunlich glimpflich ausfallen (siehe Infokasten). Ab 2023 aber wird es deutlich teurer beim Strom und Gas. Die Stadtwerke Werl haben jetzt die mit Spannung erwarteten Zahlen zur Erhöhung der Preise vorgelegt. Es kommt wie befürchtet.

Werl - 66 Prozent Mehrkosten beim Gas, 67 Prozent mehr beim Strom – auf einen Musterhaushalt (Jahresverbrauch 15 000 Kilowattstunden Gas, 3500 kWh Strom) kommen für Gas 95 Euro im Monat mehr zu, für Strom 60 Euro. Insgesamt sind im Jahr 1860 Euro mehr zu zahlen.

Ab Januar greifen die Erhöhungen. „Aber die Preissteigerungen schlagen nicht voll durch“, sagt Robert Stams, Geschäftsführer der Stadtwerke Werl. Dass es unterm Strich nicht so schlimm kommt für die Kunden, hänge mit dem „guten Wirtschaften“ des Energieversorgers, aber vor allem mit staatlichen Hilfen zusammen: Die für 2023 vom Bund angekündigten Preisdeckel für Strom (geplant ab 1. Januar) und Gas (ab 1. März) würden an die Kunden weitergegeben und zahlen sich wortwörtlich aus. Wie stark, das haben die Stadtwerke auf die Musterhaushalte berechnet:


Zusammen sparen die Deckelungen 824 Euro. „Beide Instrumente zeigen also Wirkung“, sagt Stams; sie halbieren die Mehrkosten fast. Zieht man die 824 Euro von den 1860 Euro ab, bleiben 2023 trotz der Anhebungen für Strom und Gas also „nur“ 1036 Euro Mehrkosten.

Bezüglich der unausweichlichen Anhebungen für 2023 verweisen die Stadtwerke auf Zwänge: „Seit langem bewegen sich Preise für Strom und Gas an den Beschaffungsmärkten in historischer Höhe.“ Das zwinge Versorger dazu, für Strom und Gas Preise anzuheben. „Durch unsere langfristige Beschaffungsstrategie konnten wir große Preissprünge bisher vermeiden. Doch nun müssen wir auf die Situation am Markt reagieren“, sagt Stams und betont, dass die Erhöhungen seines Hauses im Vergleich „sehr moderat“ ausfallen; viele Versorger hätten Preisanpassungen von 100 und teilweise 150 Prozent verkündet. Aktuell sei der kommunale Versorger in Vergleichsportalen der günstigste Anbieter in Werl, das werde voraussichtlich auch nach der Preisanhebung so bleiben.

Stams nennt auch gestiegene Netzentgelte als Begründung für die Preissteigerung, versichert aber, dass die Stadtwerke Werl „alle von der Bundesregierung beschlossenen Erleichterungen weitergeben“. Aber um die vom Aufsichtsrat beschlossene Anhebung komme man nicht herum. „Der Puffer, den wir uns durch die langfristige Beschaffung erarbeitet haben, schwindet über die Zeit, in der wir es nun schon mit exorbitant hohen Beschaffungspreisen zu tun haben“, sagt Stams.

Anhebung beim Gas

Auch wenn die Gasbeschaffungsumlage zum 1. Oktober vom Bund noch gekippt wurde: Die erhöhte Bilanzierungsumlage und die neue Gasspeicherumlage seien Preistreiber. Kunden der Stadtwerke Werl zahlen für Gas in der Grundversorgung ab 1. Januar 7,46 Cent pro Kilowattstunde brutto mehr. (statt 10,57 Cent künftig 18,03 Cent pro kW/h). Der Grundpreis steigt um 12,84 auf 147,66 Euro pro Jahr brutto. Der Musterhaushalt, der bislang 1720 Euro im Jahr zahlen musste, muss künftig mit 2852 Euro rechnen, also 1132 Euro zusätzlich.

Anhebung beim Strom

In der Grundversorgung für Haushaltskunden erhöht sich der Brutto-Arbeitspreis beim Strom um 20,19 auf 47,94 Cent pro Kilowattstunde. Der jährliche Grundpreis steigt um 21,42 auf 128,52 Euro (brutto). Der Musterhaushalt, der bislang 1078 Euro im Jahr zahlt, muss künftig mit 1806 Euro rechnen, also 728 Euro zusätzlich. Laut Norman Petersson (Vertriebsleiter Stadtwerke) macht sich die Gaskrise auch bei den Strompreisen bemerkbar: Der Börsen-Strompreis werde vom teuersten Kraftwerk bestimmt, das für die Deckung des Strombedarfs gebraucht werde; „das sind derzeit die Gaskraftwerke“. Neben den Beschaffungskosten hätten beim Strom auch gestiegene Netzentgelte und die erhöhte Offshore-Umlage Einfluss.

Aussicht auf 2024

Stams ist zuversichtlich, dass sich die Preise ab 2024 wieder entspannen, eine Preissenkung für Kunden möglich wird. Zuletzt gaben an den Börsen die Preise spürbar nach. „Das niedrigere Niveau von 2021 und davor werden sie aber voraussichtlich nicht mehr erreichen. Energie wird langfristig teuer bleiben.“

Warum Kunden 2022 sogar weniger zahlen als zu Jahresbeginn gedacht

Es klingt kurios – und ist es auch: Kunden der Stadtwerke Werl müssen für 2022 letztlich unterm Strich weniger bezahlen, als zu Jahresbeginn zu erwarten war – der Energiekrise durch den Ukraine-Krieg seit Februar zum Trotz. Dass die sich bislang kaum ausgewirkt hat, obwohl die Stadtwerke den Gaspreis schon im September in einem ersten Schritt um 30 Prozent angehoben haben, hat Gründe – vor allem entlastende Faktoren vom Staat:

Die Stadtwerke kaufen schon rund zwei Jahre im Voraus Kontingente für Strom und Gas an den Börsen; damals waren die Preise noch moderater.

Zum 1. Juli fiel die EEG-Umlage zum Ausbau erneuerbarer Energien weg, was sich mindernd auf den Strompreis auswirkt.

Das im Herbst angewiesene Energiegeld für Arbeitnehmer hat zusätzlich Entlastung für Verbraucher gebracht.

Die Stadtwerke Werl machen die Senkung der Mehrwertsteuer auf Gas nicht nur zum 1. Oktober, sondern rückwirkend für das gesamte Jahr 2022 für Kunden geltend (Spareffekt Musterhaushalt: 154 Euro).

Die „Soforthilfe Gas“ sorgt dafür, dass kein Einzug des Abschlags für Dezember 2022 erhoben wird (Spareffekt Musterhaushalt: 132 Euro). Kunden, die per Lastschrift bezahlen, müssen übrigens nichts machen. Die Stadtwerke setzen den Einzug aktiv aus, Ende Dezember wird kein Abschlag abgebucht. Wer per Dauerauftrag oder Überweisung zahlt, kann aussetzen. Zahlt er weiter, wird das beim Jahresabschluss berücksichtigt. „Es geht nichts verloren.“

Musste also ein Musterhaushalt beim Gas im Januar von 1384 Euro Jahreskosten ausgehen, so war durch preissteigernde Faktoren (Preisanhebungen/Umlagen) zwischendurch von 1529 Euro auszugehen. Durch Abzüge aller Entlastungen sind es letztlich nur noch 1243 Euro – weniger als zu Jahresbeginn gedacht. Beim Strom gab es für 2022 hingegen ohnehin keine Änderungen. Stams Fazit: „Wenn unsere Kunden im Januar die Jahresverbrauchsabrechnung für das Jahr 2022 erhalten, werden sie keine Überraschungen erleben. Die Rechnung wird in den allermeisten Fällen so ausfallen, wie zu Beginn des Jahres prognostiziert.“

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