1. Soester Anzeiger
  2. Lokales
  3. Werl

Alles plötzlich dunkel? Gefahr von Blackout und Brownout „außerordentlich gering“

Erstellt:

Von: Gerald Bus

Kommentare

Das Herz der Stromversorgung in Werl: Im Umspannwerk an der Runtestraße laufen alle Fäden zusammen.
Das Herz der Stromversorgung in Werl: Im Umspannwerk an der Runtestraße laufen alle Fäden zusammen. © Bus, Gerald

Kein Grund zum schwarz sehen: Nicht erst seit Beginn die Energiekrise wird in Deutschland über die Gefahr eines großflächigen und unkontrollierten Zusammenbruchs der Stromversorgung spekuliert. Vom „Blackout“ ist die Rede – dem Moment, wo womöglich im ganzen Land alles dunkel, sprich schwarz, würde. „Aber diese Sorge kann ich nehmen: Ein solches Szenario bleibt unwahrscheinlich“, sagt Michael Jochade, Netzmeister Strom bei den Stadtwerken Werl.

Werl - Als „außerordentlich gering“ schätzt der heimische Energieversorger vielmehr die Gefahr eines flächendeckenden Blackouts in Europa im Winter ein. Auch die angespannte Gasversorgung ändere daran nichts.

Bei einem Blackout würde das Übertragungsnetz während einer insgesamt angespannten Last- und Erzeugungssituation an wesentlichen Stellen schwere Beschädigungen erfahren; mit „Last“ ist der Stromverbrauch gemeint, mit „Erzeugung“ die Stromerzeugung durch Windräder oder Ähnliches. Damit die Frequenz von 50 Hertz im Netz stabil bleibt, muss immer genau so viel Strom erzeugt werden, wie Laststrom benötigt wird.

Für einen Zusammenbruch müsste das europäische Übertragungsnetz mit mehreren erheblichen Störungen zur gleichen Zeit konfrontiert sein.

Michael Jochade, Netzmeister Strom bei den Stadtwerken Werl

Für einen Zusammenbruch „müsste das europäische Übertragungsnetz mit mehreren erheblichen Störungen zur gleichen Zeit konfrontiert sein“, erläutert Jochade. Denkbar seien Naturkatastrophen, die plötzliche Beschädigung stark ausgelasteter Übertragungskabel oder Cyberangriffe.

„Brownout“: kontrollierte Stromabschaltungen

Stromknappheit würde jedoch nicht dazu führen. Falls der aktuelle Strombedarf nicht mehr vollständig gedeckt werden kann und die Frequenz im Netz schwankt, „können Netzbetreiber durchgreifen – bis hin zu kontrollierten Stromabschaltungen“, erläutert Jochade. Dabei nehmen Netzbetreiber den Strom zeitlich und räumlich begrenzt vom Netz, wodurch sich die Frequenz sofort stabilisiert. Die Rede ist dann von „Brownout“, aus dem englischen Wort für „Braun“ – also weniger drastisch als Schwarz.

Denn Netzschwankungen sind problematisch. „Es ist wichtig, dass die Spannung im Netz immer auf demselben Niveau gehalten wird“, ergänzt Norman Petersson, Vertriebsleiter der Stadtwerke. „Wir haben eine Netzspannung von 230 Volt; die zulässige Spannung darf zwischen 207 und 253 Volt betragen. Geht die Spannung in einen Grenzbereich, versuchen die Kraftwerke, dies auszugleichen. Sonst schalten Schutzeinrichtungen ab.“

Bei uns würden einzelne Teile von Werl abgeschaltet.

Norman Petersson, Vertriebsleiter der Stadtwerke Werl

Bleibt die Spannung stabil um 230 Volt, gibt’s keine Probleme. „Schwankt sie aber stark, etwa durch PV-Anlagen, die durch kurzfristige Schatten durch Wolken mal viel und dann wieder wenig Strom erzeugen, ist es viel schwieriger, dies auszugleichen.“ Würde das Problem zu massiv, käme es zum Brownout; dabei gehen eigentlich zuerst industrielle Großverbraucher vom Netz, die sich vertraglich dazu bereit erklärt haben. Solche Firmen gebe es in Werl aber nicht. „Bei uns würden einzelne Teile von Werl abgeschaltet“, erläutert Petersson.

Aber dass Schaltkreise in bewohnten Gebieten für einen festgelegten Zeitraum vom Übertragungsnetzbetreiber rollierend vom Netz genommen werden, sei ein „sehr unwahrscheinlicher Schritt“, sagen Jochade und Petersson unisono. Eine solch kontrollierte Stromabschaltung wäre für private Endverbraucher in etwa wie ein Stromausfall, wie ihn viele schon erlebt haben. Für ein paar Stunden fallen Licht und technische Geräte aus.

Ob im Notfall in Stadt-Abschnitten oder großflächig abgeschaltet würde, hänge von Art und Umfang der Störung ab und würde situationsabhängig entschieden. Aber das Fazit der Stadtwerke ist deutlich: „Blackout“ und „Brownout“ sind theoretisch möglich – „aber praktisch unwahrscheinlich“.

Auch interessant

Kommentare