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Doppelte Anhebung und jetzt auch noch Umlage: Gaspreis-Schock für Kunden

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Von: Gerald Bus

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Gasflamme und Geldscheine
Die Gaspreise in Werl werden drastisch steigen: in zwei Schritten um über 60 Prozent und zudem per Umlage um 20 bis 50 Prozent. © Patrick Pleul/dpa

Ja, Kunden müssten sich „warm anziehen“, räumt der Stadtwerke-Chef ein. Wortwörtlich, um im Winter die Heizung weniger weit aufdrehen zu müssen und so Energie zu sparen. Und sprichwörtlich, weil es weitere Kostensteigerungen beim Gas noch in diesem Jahr geben wird, auf die die Stadtwerke-Kunden sich einstellen müssen. So wird es zum 1. Oktober hin eine Preisumlage für alle Kunden geben, deren Höhe zwar noch nicht klar ist, die aber einer Anhebung der Gas-Kosten um 20 bis 50 Prozent gleichkommen wird.

Werl - Zwischen 200 und 800 Euro pro Jahr (zunächst bis Mai 2024) wird sie für den Durchschnittshaushalt betragen, kündigt Stadtwerke-Chef Robert Stams an.

Bitter für die Kunden: Dieser Sonderposten kommt unabhängig von der ohnehin angekündigten doppelten Gaspreis-Steigerung in zwei Schritten: Erst vor einigen Wochen hatten die Stadtwerke ankündigen müssen, ab September den Gaspreis in Werl um rund 30 Prozent und zum Jahresstart nochmals um weitere rund 30 Prozent anheben zu müssen. Robert Stams befürchtet, dass es mit jenen weiteren 30 Prozent zum Jahresanfang womöglich nicht getan sein könnte, die Anhebung vielleicht noch etwas üppiger ausfallen muss. „Wir befürchten, dass es noch mehr wird.“

Wir wissen, dass das vielen Menschen richtig wehtut

Robert Stams, Geschäftsführer Stadtwerke Werl

Das heißt: Durch die Preisanhebung in zwei Schritten zuzüglich der neuen Umlage wird sich der Gaspreis für Kunden insgesamt womöglich im Vergleich zu heute mehr als verdoppeln. „Wir wissen, dass das vielen Menschen richtig wehtut“, sagt der Geschäftsführer der Stadtwerke, der den Anstieg als „massiv“ bezeichnet.

Hintergrund ist das Rettungspaket für Gashändler

Was aber hat es mit dieser zusätzlichen „Umlage“ auf sich? Dahinter steckt das Rettungspaket der Bundesregierung für Gasimporteure, die wegen gedrosselter Gas-Liefermengen aus Russland aktuell zur Erfüllung der Lieferverträge Gas an den Börsen teuer nachkaufen müssen. Dazu gehört auch Uniper als einer der größten deutschen Gashändler, der dadurch jeden Tag Millionenverluste hat. Uniper ist auch Lieferant der Stadtwerke Werl. Die Stützung der Bundesregierung soll helfen, dass die Importeure nicht pleite gehen. Ein Schritt, den Robert Stams als „gut und völlig richtig“ bezeichnet. Denn fällt der Importeur in die Insolvenz, müssten die Stadtwerke selber Gas nachkaufen. Und der Preis habe sich innerhalb eines Jahres an den Großhandelsmärkten nahezu verzehnfacht.

Umlagekosten zwischen 200 und 800 Euro

Die Kröte, die die Kunden schlucken müssen: Der Gashändler darf die extremen Mehrkosten der nun nötigen und deutlich teureren Nachbeschaffung zur Sicherung der Liefermengen weiterreichen an die Abnehmer – also auch die Stadtwerke Werl. Und die hätten gar keine andere Wahl, als das wiederum direkt und komplett an ihre Kunden durchzureichen, sagt Stams. „Aber noch weiß keiner, wie hoch diese Umlage ausfallen wird“, sagt der Stadtwerke-Chef. Das hänge von weiteren Gas-Mengenproblemen und Preisentwicklungen ab. Es könne sich um 1,5, aber auch um 5 Cent pro Kilowattstunde zusätzlich handeln, die Mehrwertsteuer kommt noch obendrauf. So bewege sich der Zusatz-Aufschlag im Bereich zwischen jenen 200 bis 800 Euro für einen Durchschnittshaushalt mit einem Verbrauch von 15 000 Kilowattstunden im Jahr. „Da gibt es noch eine große Unsicherheit“, sagt Stams. Zurzeit werde an der Rechtsverordnung gearbeitet. Die Frage ist aber nicht mehr, ob die Umlage kommt – sondern allein, wie umfangreich sie für Endkunden sein wird. Stams betont: „Die Stadtwerke verdienen daran keinen Cent, wir geben das Geld direkt weiter.“

Appell: Kunden sollten Abschläge erhöhen

Schon nach der Ankündigung der Stadtwerke vor einigen Wochen, den Gaspreis ab September um 30 Prozent anzuheben und zum Januar dann um weitere mindestens 30 Prozent haben sich viele Kunden beim Energieversorger gemeldet und ihre Monatsabschläge anheben lassen. „Wir schreiben die Erhöhung der Abschläge unseren Kunden nicht vor“, betont Geschäftsführer Robert Stams. „Aber wir appellieren an die Kunden, das zu tun.“ So hätten die Verbraucher zum Ende Januar, wenn die Jahresverbrauchsabrechnungen kommen, einen Puffer geschaffen „und erleben keine böse Überraschung“. Die Stadtwerke sind zu erreichen unter Telefon 0 29 22 / 985-155 (Kundencenter), per Mail unter kundenservice@stadtwerke-werl.de oder direkt im Betrieb an der Grafenstraße 25.

Immerhin gebe es aber auch positive Faktoren. So sei die befürchtete Gasmangellage bislang ausgeblieben, die Liefermengen auch für Werl gelten noch als gesichert. Nun gelte es, zum November die Gasspeicher von aktuell 67 zu 95 Prozent gefüllt zu bekommen – was laut Stams „fast nicht zu schaffen sein wird“. Neue Lieferwege unabhängig von Russland und Einsparungen beim Verbraucher sollen helfen. „Dann haben wir die Chance, ohne Abschaltungen durch den Winter zu kommen“, sagt Stams.

Bei weiter wegbrechenden Lieferungen wird die Regierung die Notfallstufe Gas ausrufen. Für Werl sieht Stams aber auch dann die Endverbraucher als geschützt an. Abgeschaltet würden zunächst hochverbrauchende Industriebetriebe. Die Stadtwerke haben dazu bereits eine Liste mit 30 Betrieben festgelegt, die betroffen wären.

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