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Stadt richtet Sporthalle für Flüchtlinge ein

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Von: Gerald Bus

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Die Sporthalle der ehemaligen Overbergschule mit ihrem typischen Faltdach wird zur Flüchtlingsunterkunft für die zu 150 Menschen.
Die Sporthalle der ehemaligen Overbergschule mit ihrem typischen Faltdach wird zur Flüchtlingsunterkunft für die zu 150 Menschen. © Hans Blossey

Der Zustrom an Flüchtlingen aus dem Kriegsgebiet Ukraine nimmt stetig zu, die Stadt Werl reagiert nun - und richtet die alte Sporthalle der Overbergschule für die Menschen ein. Seit einigen Tagen wird am Konzept gefeilt, nun steht die Planung. Die Sportler des Werler TV müssen weichen - für eine lange Zeit.

Werl - Denn es gehe nicht nur um Wochen oder Monate, sondern voraussichtlich um Jahre, sagt Iris Bogdahn, Fachbereichsleiterin bei der Stadt, die den Umgang mit den Kriegsflüchtlingen organisiert.

Dass dabei die Wahl auf die Sporthalle gefallen ist, ist kein Zufall: Das angrenzende Haus 2 der ehemaligen, schon länger leer stehenden Hauptschule war bereits ebenso als Unterkunft ausgesucht wie die alten Lehrcontainer an der Wickeder Straße. Die Sporthalle hinzuzunehmen, sei dabei folgerichtig, sagt Iris Bogdahn. „Wir brauchten eine Lösung.“ Absehbar ist, dass noch einiges beim Brandschutz erledigt werden muss. 

Stadt richtet Sporthalle ein: Abweichung von dezentraler Unterbringung

Natürlich weiche die Stadt damit von ihrer grundsätzlichen Zielsetzung der dezentralen Unterbringung von Flüchtlingen ab. Aber gerade im Fall der zum Teil traumatisierten Ukrainer sei es wichtig, dass die Menschen unter sich sind, die Kinder miteinander spielen, die Frauen sich austauschen können.

Auch liegt die Halle günstig, von dort aus sind Grund- und weiterführende Schule zu erreichen, auch Kitas. Und: Im nur wenige Meter entfernten DRK-Heim am Kurfürstenring soll es eine ärztliche Betreuung geben für die Flüchtlinge; darin eingebunden sind auch die Werler Malteser. Ein Raum soll für den Sanitätsdienst genutzt werden.

Stadt richtet Sporthalle ein: Catering für zentrale Versorgung

Ein Catering soll die Menschen zentral versorgen, womöglich wird dazu ein Zelt aufgestellt. Auch einen Sicherheitsdienst zum Schutz soll es geben. Die kurzen Wege in die Innenstadt sieht die Verwaltung ebenfalls als Pluspunkt, hinzu kommen die Freiflächen des Schulhofs als Spielmöglichkeit.

Dass die Stadt nicht zuerst auf die alte Overbergschule selbst zurück greift und ihr den Vorzug der Nutzung gibt, hat zwei Gründe: Sie sei noch ziemlich voll mit allerlei Schulmaterial auch aus anderen Schulen, vor allem aber fehlt es dort an Sanitäreinrichtungen. Die sind in der Sporthalle gegeben.

Stadt richtet Sporthalle ein: Platz für bis zu 150 Menschen

In der Halle soll es Abtrennungen geben für die Privatsphäre der Menschen. Rein rechnerisch können in rund 40 abgetrennten Kabinen bis zu 150 Flüchtlinge Platz finden, die aber natürlich nicht dauerhaft dort wohnen sollen. So früh wie möglich sollen sie in Wohnungen untergebracht werden; deren Zahl aber ist begrenzt. Zwar haben sich viele Werler gemeldet, aber die Wohnraum-Kapazität erschöpft sich.

Im Gegenzug aber erhöht sich die Zahl der Geflüchteten, die in Werl eintreffen, fast täglich. Waren es am Donnerstag noch 130, werden bis kommenden Dienstag mehr als 50 weitere erwartet. Noch sind zwei Drittel der Menschen privat untergebracht, nur ein Drittel städtisch. Aber das Verhältnis wird sich wohl umkehren.

Stadt richtet Sporthalle ein: Schulsport soll unangetastet bleiben

Dass die Stadt nicht andere Sporthallen in Betracht gezogen hat, hat Gründe. Dort findet - anders als in der Overberghalle - auch viel Schulsport statt. Und nach der langen Corona-Zeit wolle man den Schülern weitere Ausfälle nicht zumuten. Bei der Overberghalle gebe es die geringsten Reibungen.

Stadt richtet Sporthalle ein: Sportverein ist betroffen

Allerdings weiß die Stadt, dass die Entscheidung die Sportler vor allem des Werler TV betrifft. Daher wurde der Verein im Vorfeld über den Schritt informiert. „Denn wir wissen, dass das für den Verein mit Unannehmlichkeiten verbunden ist.“

Wir tragen die Verantwortung mit, die auf uns als Bürger zukommt.

Michael Kuge, Chef des Werler TV

Die Stadt bietet dem Werler TV Ausweichmöglichkeiten an. So sollen alle Turnabteilungen, auch die Kangaroos, für den Übergang bis zur Fertigstellung der geplanten neuen Zweifachhalle im Sportpark in der Sporthalle der Walburgisschule trainieren. Auch die Abteilungen Aikido und die Judoka weichen auf die Walburgishalle aus. Der gesamte Fitnessbereich des TV hingegen wird die renovierte Halle der Petrischule nutzen können. Die Stadt wird den Transport der Sportgeräte, die der TV braucht, organisieren.

Stadt richtet Sporthalle ein: Werler TV zeigt sich solidarisch

Für Michael Kuge, Chef des Werler TV, ist die Hilfe des Vereins eine „Selbstverständlichkeit“, sagt er. „Wir tragen die Verantwortung mit, die auf uns als Bürger zukommt.“ Und natürlich könne der Verein nicht auf stur stellen, wenn es um Hilfe für die Menschen geht.

Sicher habe niemand im Club gejubelt, werde dem Verein damit doch die sportliche Heimat genommen. Aber das, so Kuge, sei nichts im Vergleich zu dem, was die Menschen der Ukraine an Heimat verloren haben. „Das Leid in der Welt und für diese Menschen ist schlimm, so etwas möchte keiner erleben“, sagt der TV-Chef. Daher sei für ihn und den ganzen Verein klar: „Wir tragen das mit.“ Zumal der Werler TV sich schon jetzt auf eine „tolle neue Halle“ im Sportpark freuen könne, „die weitgehend unseren Ansprüchen genügen wird.“

Zudem kündigt der Werler TV an, dass er den Flüchtlingen sein Sportangebot unentgeltlich öffnet, bei vollem Versicherungsschutz.

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