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Stadt macht sich locker auch wegen Solar: Pflicht zum roten Dach soll enden

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Von: Gerald Bus

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Dachdecker Dach Dachziegel
Rot aufs Dach, das muss in Werl bald nicht mehr sein. Die Stadt plant Lockerungen. © Michael Reichel

Beim Blick von oben sieht der Betrachter Rot: Die überwältigende Mehrzahl der Dächer der Stadt und auch der Ortsteile trägt diese Farbe. Was einst auch schon für Ärger sorgte. Bald aber wird es einen Grund geben, vermehrt Schwarz zu sehen in ganz Werl. Denn die Verwaltung will die Pflicht zum Eindecken der Häuser mit roten Dachpfannen aufheben.

Werl - Das hat Thomas Hupertz, Projektmanagement für Stadtplanung und Stadtentwicklung, im Planungsausschuss angekündigt. Dort informierte er die Politik über die geplante Änderung der Gestaltungssatzung für den historischen Stadtkern. Die Frage der Farbe bei den Ziegeln sei eine drängende, sagte Hupertz. „Den Weg für dunkle Eindeckungen freizumachen, wird diskutiert.“

Das hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass die Stadt auch lockerer werden will bei Solaranlagen. Die sind bislang in der Altstadt untersagt, wenn sie von öffentlichen Wegen aus zu sehen sind – also fast überall. Lässt man sie aber bald zu, werden sie auf roten Dächern stärker sichtbar sein.

Zwar gibt es auch rot eingefärbte Solarmodule, die auf roten Dächern kaum auffallen. „Aber die sind nicht nur teurer, auch ihr Wirkungsgrad ist geringer“, sagte Hupertz. „Das ist also für viele keine wirkliche Alternative.“ Wie groß der Unterschied zwischen dunklen und hellen Solarmodulen sei, hakte Frank Debeljak (CDU) nach. Vielleicht, so der Christdemokrat, können die roten Ziegel ja doch bleiben, „es gibt doch ständig Neuerungen.“ Natürlich könne es technische Verbesserungen geben, sagte Hupertz. Aber noch seien Rot-Solarmodule Sonderanfertigungen „und sehr kostspielig“.

Solarmodule sollen nicht dominieren

Ziel müsse aber auch sein, dass eine Solaranlage auf dem Dach keine dominierende Wirkung hat, was nicht nur für die Farbe, sondern auch für die Anbringung gilt. Module dürfen nicht aufgestellt sein und die Dachkanten nicht überschreiten.

Die Pflicht zum roten Dach ist allerdings in Werl nicht nur auf den Stadtkern beschränkt. „Es gab eine Phase, da wurde in allen neuen Bebauungsplänen die rote Pfanne festgesetzt“, erläutert Stadtplaner Ludger Pöpsel auf Anfrage. Das habe historische Gründe, kamen doch einst die Tonpfannen dieser Farbe aus Werler Produktion. Das Rot war prägendes Merkmal des historischen Stadtkerns – und ein möglichst einheitliches Stadtbild war gewünscht. „Es entsprach dem Geist der 80er-Jahre“, sagt Pöpsel. Dann kam 1989 die Gestaltungssatzung – und die rote Ziegel wurde zur Pflicht.

Vorgabe betrifft auch Ortsteile

Auch in den Ortsteilen gab es diese Vorgaben. Nicht jeder allerdings hielt sich daran. Und das führte vor etlichen Jahren sogar zu einem Rechtsstreit vor dem Oberverwaltungsgericht. Ein Bürger aus Büderich musste daraufhin das schwarz gedeckte Dach wieder entfernen und auf Rot umsatteln.

„Damals hieß es: Das Rot muss festgesetzt sein“, erinnert sich Pöpsel. Und ergänzt: „Heute sehen wir das anders.“ Die Stadt wolle davon abgehen und auch die Bebauungspläne in den Ortsteilen und Randlagen entsprechend ändern. „Lockerer“ sehe die Verwaltung die bislang strengen Vorgaben, die auch über den juristischen Streit hinaus zu Farbwechseln führten: Häuser, die vor Einführung der Gestaltungssatzung schwarz gedeckt waren, hatten erst Bestandsschutz. Wollte oder musste ein Hausbesitzer sein Dach aber erneuern, musste er der Satzung nach im Denkmalbereich auf rot wechseln.

„Spannungsfeld zwischen Klimaschutz und Denkmalschutz“

Denn natürlich weiß die Stadt gerade bezüglich der Solardächer um das „Spannungsfeld zwischen Klimaschutz und Denkmalschutz“, wie Hupertz es im Planungsausschuss nannte. Beides habe Verfassungsrang, sei abzuwägen.

Vor dem Hintergrund von Klimawandel und Ukraine-Krieg gewinne die Frage zunehmend an Gewicht, die Verwaltung wolle „mehr Handlungsspielraum geben und offen sein für erneuerbare Energien“. Das entspreche auch dem Wunsch der Bürger: „Mehr Eigentümer wollen ihre Dächer nutzen für Solaranlagen“, sagte Hupertz. Zuletzt war die Gestaltungssatzung 2011 geändert worden. Klar sei aber, dass es auch künftig sensible Gebäude gebe, die es zu schützen gilt und deren Dächer nicht für Sonnenenergie genutzt werden dürfen.

Nun wird weiter an den Überlegungen zur Gestaltungssatzung gearbeitet. „Wir freuen uns auf die Ergebnisse, die wir dann diskutieren“, sagte Ausschussvorsitzender Klaus Eifler (CDU), der daran erinnerte, das die geplante Änderung auf einem Antrag der Christdemokraten basiert.

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