Wir hatten überhaupt keine Zeit, uns oder die Kinder darauf vorzubereiten.
Sicherheit sei wichtig, sagt Reim. Er ärgert sich aber darüber, dass die Schule erst so spät von der geplanten Aktion erfuhr. „Wir hatten überhaupt keine Zeit, uns oder die Kinder darauf vorzubereiten.“ Mit Mühe und Not hätte das Kollegium noch einige der entfernten Sachen vor dem Müllcontainer gerettet.
Begründet worden sei das Vorgehen mit dem Ergebnis einer Begehung, an der Reim krankheitsbedingt nicht teilnehmen konnte. Dass es auch anders geht, habe eine frühere Begehung mit der Stadt im Oktober gezeigt, so Reim. Danach habe es konkrete Hinweise gegeben, was bis wann zu tun ist. So habe das Kollegium etwa Schränke vor der Aula und Papiergirlanden entfernt.
Der Rektor stellt auch den Zeitpunkt der jüngsten Aktion in Frage: „Muss dies ausgerechnet so kurz vor Beginn der Weihnachtsferien gemacht werden?“ In einer Situation, die ohnehin seit Wochen für alle Beteiligten angespannt sei, in der wegen zahlreicher Krankheitsfälle Unterricht immer wieder neu organisiert und zum Teil ausfallen musste. Für einige Kinder sei das radikale Vorgehen ein Schock gewesen. „Sie hätten mal die Blicke sehen sollen: Was machen die mit unseren Bildern?“
Für Reim bringt die plötzliche Räumungsaktion noch weitere Probleme mit sich. An der Norbertschule herrsche seit langem eine akute Raumnot. Darauf weise die Schulleitung die Stadt seit Jahren hin. Vorschläge für Übergangslösungen wie Container seien abgelehnt worden. „Es ist ein ständiges Verwalten der Notlage.“ Die Sitzgelegenheiten in den Fluren seien die einzigen Möglichkeiten gewesen, überhaupt Differenzierung, also Unterricht in Kleingruppen, anzubieten.
Darüber hinaus sei noch ein ehemaliger Klassenraum genutzt worden. Doch dieser ist nun mit den ausgeräumten Sachen vollgestellt. „Ich habe keine Differenzierungsräume, soll ich die Kinder auf den Boden setzen?“, fragt Reim. Und das nun kahle Foyer sei der einzige Raum, um für besondere Veranstaltungen zusammenzukommen, zuletzt zum Beispiel für das wöchentliche Adventssingen. „Ich bin jeglicher Handlungsoptionen beraubt“, sagt Reim. Pädagogische Konzepte ließen sich so zum Teil nicht mehr umsetzen.
Reim wünscht sich, dass die Stadt nun möglichst schnell neue Optionen aufzeigt und das triste Bild in der Schule nicht zum Dauerzustand wird. Neue Bilderrahmen aus Alu und Glas seien nun bestellt. Doch das hätte man schon viel früher erledigen können, findet Reim. Aus seiner Sicht ist durch das Entfernen der Korkwände im Foyer sogar ein neues Sicherheitsrisiko entstanden. Schließlich hätten diese die Glasscheiben der dahinterliegenden Räume verdeckt. Und dies sei kein Verbundglas. Wenn dort ein Kind hineinfalle, könne es sich böse verletzen.
Reim hat am Donnerstag auch die Schulpflegschaftsvorsitzende Anne Rammelmann gebeten, sich ein Bild zu machen. Sie will das Ganze nun in der Schulpflegschaft besprechen.
Die Stadtverwaltung begründet ihr Vorgehen mit einem Protokoll der Brandschutzdienststelle des Kreises, in dem diverse Mängel, insbesondere Brandlasten in den Fluchtwegen aufgeführt worden seien. „Wenn sie so etwas schwarz auf weiß bekommen, müssen sie schnell handeln“, sagt Fachbereichsleiterin Iris Bogdahn. „Wer will denn die Verantwortung dafür übernehmen, wenn wirklich etwas passiert? Sicherheit geht vor.“ Bogdahn räumt ein, dass der Zeitpunkt kurz vor Weihnachten „unglücklich“ ist und die Aktion womöglich „überstürzt“ gewirkt habe. „Aber wir waren unter Zugzwang, weil viele Hausmeister in den Ferien Urlaub haben und sonst die nötigen Kräfte nicht mehr zur Verfügung gestanden hätten.“ Auf die Frage, wie sich die Situation in anderen Schulen darstelle, sagte Bogdahn, dass nicht alle Gebäude vergleichbar seien. So könnten zum Beispiel die Breite von Fluren variieren oder zusätzliche Fluchtwege vorhanden sein. Vorschriften veränderten sich zudem immer wieder, so Bogdahn. Deshalb könnte es sinnvoll sein, die Schulleiter künftig frühzeitiger darüber zu informieren, was möglich ist und was nicht. Dass an der Norbertschule Raumnot herrscht, sei der Verwaltung bekannt, sagt Bogdahn. „Aber es ist ja nicht so, dass wir keine Perspektive bieten.“ Der Ausbau des Offenen Ganztags an der Norbertschule genieße Priorität. Das Raumkonzept für einen Anbau sei in Absprache mit der Schule erstellt worden, erläuterte Bogdahn. Für die konkreten Entwurfsplanungen stehe nächstes Jahr Geld im Haushalt bereit. Ein zeitliches Ziel, bis wann der Anbau stehen soll, könne sie aber noch nicht nennen. Dass die Schule sich nun noch weiter einschränken müsse, sei sicher eine „missliche Lage“. Die Verwaltung werde sich deshalb Anfang des Jahres mit dem Schulleiter zusammensetzen, um nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen.