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Spedition geht vom Gas: Werneke bereut Anschaffung von CNG-Lkw zutiefst

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Von: Klaus Bunte

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Arno Schulte beweist mit dem nachträglich aufgetragenen „Leider!” Sinn für Galgenhumor – zum Lachen ist ihm aber wirklich schon lange nicht mehr zumute.
Arno Schulte beweist mit dem nachträglich aufgetragenen „Leider!” Sinn für Galgenhumor – zum Lachen ist ihm aber wirklich schon lange nicht mehr zumute.  © Bunte, Klaus

Den Schriftzug ließ Arno Schulte direkt zu Beginn anbringen, gleich, nachdem er die drei Lkw vor über drei Jahren geleast hatte: „Wir fahren mit Gas“, prangt in geschwungenen Lettern an den Flanken der Brummis. Vor wenigen Wochen ließ er den Satz um ein weiteres Wort ergänzen: „Leider!“

Werl – Mag er damit auch Sinn für Galgenhumor beweisen, so richtig zum Lachen zumute ist dem Geschäftsführer der Spedition „Werneke Logistics“ nicht.

Vielmehr kann er kaum den Zeitpunkt erwarten, da der Leasingvertrag ausläuft: „Spätestens im März geben wir sie wieder zurück. Hätten wir sie gekauft, hätten wir sie schon vor zwei Jahren wieder verkauft, noch lange vor der Gas-Krise. Wir haben damit nicht einen Tag Geld verdient und hatten über die gesamte Laufzeit hinweg nur Theater und unzufriedene Fahrer.“ Im Moment seien die Fahrzeuge dennoch unterwegs: „Gerade jetzt im Vorweihnachtsgeschäft können wir es uns gar nicht leisten, Fahrzeuge stehenzulassen.“

„Damals stand Thema Gas noch mehr im Fokus“

Damals, als er die drei 40-Tonner bestellte, „da stand das Thema Gas noch etwas mehr im Fokus“, erinnert er sich. „Das war ja noch lange vor dem Ukraine-Krieg, die Preise für das Gas waren moderat und die Technik hatte sich weiterentwickelt. Es war eine interessante Alternative, denn wir sind grundsätzlich offen für neue Technologien und müssen uns ja auch weiterentwickeln. Als Branche müssen wir dafür sorgen, möglichst ressourcenschonend zu arbeiten. Doch unsere Arbeit beruht nun einmal auf dem Verbrauch fossiler Brennstoffe.”

Auf dem Gelände gibt es für die Pkw daher auch etliche E-Ladeplätze. Für Lkw sei dies derzeit noch keine Option. Die drei Laster fahren mit Erdgas, was weniger Kohlendioxid verursachen soll. Schulte: „Irgendwann wäre die Technik sicher so weit, Biogas oder synthetisches Gas im ausreichenden Maß herzustellen, dass auch Lkw damit fahren können.”

Fuhrpark von 120 Fahrzeugen

Bei einem Fuhrpark von 120 Fahrzeugen habe er das Wagnis auch eingehen können: „Ein kleiner Unternehmer mit zehn Lkw kann es sich eigentlich nicht leisten, mal eben die Hälfte auf Gas umzustellen. Einige haben das dennoch getan und die tun mir aufrichtig leid. Denn die haben jetzt massive Probleme und laufen Gefahr, am Markt nicht zu überleben.“

Das liege nicht alleine an den Kosten für den Treibstoff, die durch den Ukraine-Krieg in der Spitze auf das Achtfache dessen gestiegen seien, was Schulte noch bezahlte, als er die Lkw anschaffte. Denn während die Technik in den Lkw vielleicht schon weit gereift ist, hinke die Infrastruktur hinterher.

Probleme beginnen schon beim Tanken

Die Probleme beginnen schon beim Tanken. Erst einmal müsse man eine Tankstelle finden, die nicht nur Gas anbietet, sondern auch ausreichend Platz für den Lkw – sonst sieht der Fahrer sich gezwungen, den Auflieger abzusatteln und abzustellen, dann zu tanken und den Auflieger hinterher wieder auf das Fahrzeug zu wuchten. Schulte: „Aktuell haben wir hier in der Region nur eine Tankstelle, an der das möglich ist – und die ist in Soest“. Ergo: Die drei Gas-Lkw sind nur einsetzbar auf Routen, die über Soest führen. Große Umwege zur Tankstelle würde kein Kunde bezahlen wollen. Grundsätzlich könne man die Mehrkosten, die die drei Lkw verursachen, nicht weitergeben.

Druck-Problem an der Zapfsäule

Dann nehme mit zunehmendem Tanken der Druck an den Säulen ab, der Vorgang zieht sich dadurch massiv in die Länge. Schulte: „Es reicht schon, wenn vorher zwei Pkw dort getankt haben. Dann hat der Druck bereits um ein bis zwei Drittel nachgelassen. Und der Fahrer muss warten.“ Das müsse man sich vorstellen wie bei dem Kompressor, mit dem man an Tankstellen seine Autoreifen aufpumpen kann: „Wenn da einer vor Ihnen alle vier Reifen aufgepumpt hat, dauert es eine Weile, bis wieder genug Druck im Behälter ist. Dort ist das nach fünf Minuten schon der Fall, aber beim deutlich größeren Gastank dauert das eine halbe Stunde. Und die Zeit haben wir nicht.“

Lastwagen sind anfällig für Reparaturen

Obendrein seien diese Fahrzeuge sehr anfällig für Reparaturen, stünden deutlich häufiger in der Werkstatt. Werneke setzt ansonsten ausschließlich auf einen bestimmten Hersteller von Nutzfahrzeugen. Die drei Gas-Lkw dagegen – auch wenn sie exakt identisch lackiert sind – kommen von einem anderen.

Alles Probleme, derer sich Schulte seinerzeit nicht bewusst war. Zwar sind solche Lkw deutlich teurer in der Anschaffung als Diesel-Fahrzeuge, „aber es gab einen finanziellen Anreiz dadurch, dass sie auch nach wie vor von der Maut befreit sind. Die steigt im kommenden Jahr von 18,3 auf 19 Cent pro Kilometer, das ist jeden Monat eine hohe Rechnung, die wir zur Instandhaltung unserer Straßen zahlen.”

Heute sieht er in der Wasserstoff-Technik den „Antriebsstoff im Schwerlastverkehr der fernen Zukunft“. Die einzige Großtankstelle, die ihm bekannt ist, ist jedoch noch weiter weg als Soest – sie steht in Hamburg.

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