Der 14-Jährige kann von der kommenden Woche an den Fahrtwind auf den Weltmeeren genießen. Ein gutes halbes Jahr wird er bis in die Karibik segeln. Bis zur Rückkehr am 22. April des kommenden Jahres wird er 189 Tage unterwegs sein. Neben dem „Klassenzimmer unter Segel“ gehören auch Kochen, Putzen und das Steuern des Segelschiffs zu seinen täglichen Aufgaben.
Mit 33 weitere Zehntklässlern aus ganz Deutschland wird er mit dem Segelschiff „Thor Heyerdahl“ in See stechen. „Ich habe großen Respekt vor der Tour, aber ich freue mich sehr darauf“, sagt er kurz vor Beginn der Reise. In Werl besucht er das Ursulinengymnasium, das ihn für das Projekt auf dem Schulschiff freigestellt hat. Julian Müller weiß, dass auf dem Schiff große Herausforderungen auf ihn zukommen werden und die Zeit nicht immer einfach sein wird. Unerfahren ist er nicht. Er hat auf dem Möhnesee Segelscheine gemacht und setzt mit dem Segeltörn eine Familientradition fort.
Bereits sein Großvater Wolfgang Müller segelte nämlich bei der Marine als Zeitsoldat nach Südamerika. Auch Vater Jochen Müller reiste als Sanitätsoffiziersanwärter bei der Marine auf der „Georg Fock“ nach Marokko.
Jochen Müller weiß genau, was auf seinen Sohn jetzt zukommt und dass die körperliche Belastung bei Wind, Regen und Kälte nicht immer gut auszuhalten sein wird. Aber er hat großes Vertrauen in seinen Sohn. Mit den jungen Teilnehmern segeln insgesamt 16 erwachsene Betreuer. Darunter sind fünf Lehrkräfte. Zuerst geht es von Kiel aus zu den Kanaren, wo es einen siebentägigen Landaufenthalt geben wird.
Sehr gespannt ist Julian Müller aber auf die Atlantik-Überquerung, die 26 Tage dauern wird. „Dann wird er mehrere Wochen kein Land sehen“, sagt Vater Jochen. Erstes Ziel sind die Antillen, wo sie auch die Weihnachtstage verbringen werden. Auf dem Weg nach Panama, wo die Gruppe am 4. Januar des kommenden Jahres ankommen wird, wird Silvester gefeiert.
In den knapp drei Wochen werden sie in Panama den 3180 Meter hohen Berg „Baru“ erklimmen und im Urwald übernachten. In Kuba steht für die Teilnehmer zu Beginn eine Fahrradtour auf dem Programm. Auf der Insel werden die Schüler das Schiff an der Westseite verlassen und bis zur Ostseite das Land auf dem Bike erkunden. Die Fahrräder bringen die Schüler aus Deutschland mit. Nach der Radtour werden diese der kubanischen Partnerschule gespendet. Julian Müller weiß, dass Fahrräder ein wichtiges Verkehrsmittel in Kuba sind.
Ab Mitte Februar werden die Projektteilnehmer viel Zeit auf dem Schiff verbringen. Nur noch ein Stopp ist auf den Azoren vorgesehen. „In der Zeit wird der Schulstoff nachholt, den wir verpasst haben“, so Julian Müller. Aber auch vorher wird gebüffelt. Alle zwei Tage müssen die Schüler in Gruppen lernen. Den anderen Tag hat die Gruppe Dienst auf dem Schiff. „Backschafft“ in der Kombüse hat er einmal in der Woche. „Dann müssen wir drei Mahlzeiten erstellen“, berichtet er.
Bereits nach der Bewerbungphase musste Julian Müller drei Gerichte einreichen. Von mehreren hundert Bewerbern wurden 50 Schüler zu einer Probewoche nach Kiel eingeladen. „Dort konnten wir uns auf Kuttern auf die Reise vorbereiten. Von dieser Gruppe wurden 34 Schüler ausgewählt.
Ein Ziel der Landaufenthalte ist es, dass die Teilnehmer das Land und die Leute näher kennenlernen. Geleitet wird das Projekt von Prof. Dr. Thomas Eberle. Die pädagogische Leitung hat Dr. Ruth Merk, die den Entwurf für das Konzept der Erlebnispädagogik erstellt hat. „Wir werden beim Kochen auch angeln und die Fische selber ausnehmen“, weiß der 14-Jährige.
Doch bevor er an Bord gehen kann, musste der Schüler erst einmal in Quarantäne. Ein Seesack und ein Rucksack lagen schon ein paar Tage vor der Abreise gepackt im Wagen. An der Musikschule Werl, Wickede und Ense hat Julian Müller erfolgreich das Musizieren gelernt. Deswegen hat er auch eine Trompete und eine Ukulele mit im Gepäck. An Bord will er in der Band spielen und er hofft, dass die Instrumente die Salzwasserluft unbeschadet überstehen.