„Gewitterzelle landet Volltreffer“: Rückhaltebecken bewahrt Dorf vor Schäden

Seit 25 Jahren ist Martin Lehmann für den Wasserverband Obere Lippe (WOL) tätig. Doch das, was sich am Montagabend südlich von Westönnen abspielte, war auch für den Betriebsleiter „etwas Besonderes“. So voll sei das Hochwasserrückhaltebecken Walbkebach seit dem Bau 1988 noch nie gewesen: „Die Gewitterzelle hat einen Volltreffer gelandet.“
Werl –Sie habe sich genau über dem Einzugsgebiet des Beckens abgeregnet. Und das Becken habe getan, wofür es gebaut wurde. Es hat die Westönner vor Schäden bewahrt. Dabei sei der Hochwasserschutz an der Haar eher für Folgen lang anhaltenden Landregens auf breiter Fläche gedacht, denn für punktuellen Starkregen. Grundsätzlich gehe es aber darum, den Hochwasserscheitel zu kappen und die Wassermenge reduziert an den Unterlauf abzugeben. Das habe gut funktioniert.
Rund 24. 000 Kubikmeter fasst das Westönner Rückhaltebecken. Das entspricht etwa 120 000 Badewannen. Wie voll es beim Höchststand war, könne er noch nicht genau sagen, so Lehmann. Bis zur Überlaufkante seien aber noch 1,80 Meter Luft gewesen. Gegen 2.30 Uhr war das Becken wieder leer.
Weiterer Hochwasserschutz geplant
Schon lange gibt es konkrete Pläne des Kreises, Westönnen besser vor Hochwasser zu schützen. Zwei Abfanggräben südlich der früheren B 1 sollen den Ort vor lehmverschmutztem Wasser schützen, das auch nach kleineren Regenereignissen von den Feldern in den Ort schießt. Zuletzt hieß es vonseiten des Kreises, eine Umsetzung sei für 2024 geplant. Doch die Maßnahme wurde immer wieder verschoben und scheiterte bislang an ungeklärten Grundstücksfragen. „Doch die Gefahr ist real“, sagt Bürgermeister Torben Höbrink. Das aktuelle Ereignis habe dafür noch mal sensibilisiert. Er habe deshalb dem Kreis Unterstützung angeboten, sei bereit, bei Gesprächen mit den Grundstückseigentümern die Moderation zu übernehmen.
Auch die großen Rückhaltebecken an der Wickeder Straße (221 .000 Kubikmeter) und bei Büderich (454 .000 Kubikmeter) seien eingestaut worden. Aber kein Becken im Kreis sei prozentual so beansprucht worden, wie das Westönner.
Alle Rückhalteanlagen sind mit der WOL-Zentrale in Büren gekoppelt und an ein Warnsystem angeschlossen. Zum Einsatz kommen sie eher selten. Im Schnitt vielleicht einmal im Jahr mit kleineren Mengen, sagt Lehmann. Größere Füllstände gebe es viel seltener. Im Ernstfall überwachen Stauwärter vor Ort, dass alles funktioniert und die Abflüsse sich nicht zusetzen. Die größeren Becken können elektronisch geregelt werden, die Anlage Walbkebach sei die einzige ungesteuerte Anlage. Dort reduziere eine feste Stahlblende den Abfluss-Durchmesser auf 250 Millimeter.
Niederschlagsmenge war große Unwägbarkeit
Die Unwägbarkeit am Montagabend sei das Wetter gewesen: „Wenn noch mal 30 bis 40 Millimeter Niederschlag pro Quadratmeter innerhalb einer halben Stunde dazugekommen wären, hätte es zum Überlauf kommen können.“ Dann wären zusätzlich zu den 500 Liter pro Sekunde, die durch den regulären Ablauf flossen, weitere Wassermengen Richtung Westönnen geströmt.
Verband, Stadt, Kreis und Feuerwehrvertreter entschieden sich deshalb dafür, die Bevölkerung zu warnen. „Lieber einmal zu viel, als zu wenig“, sagt Bürgermeister Torben Höbrink. Bei einem Überlaufen hätte das Wasser über die Felder unkontrolliert ins Dorf strömen können. Mitgerissenes Sediment hätte womöglich Abläufe zugesetzt. Und in Westönnen gebe es viele tief gelegene Punkte. Die historische Erfahrung zeige, dass dann nicht nur Keller geflutet werden, sondern auch ganze Häuser im Wasser stehen können.
Bürgermeister: Warnketten haben funktioniert
Die Warnketten haben aus Sicht von Höbrink gut funktioniert. Die Stadt habe dabei auch auf Teile des neuen Leuchtturmkonzepts für Katastrophenfälle zurückgegriffen. So sei das Gerätehaus besetzt und der Ortsvorsteher eingebunden worden. Gut habe erneut die Zusammenarbeit von Feuerwehr und Kommunalbetrieb geklappt.

Das bestätigt auch KBW-Chef Jürgen Staubach: Zehn Mitarbeiter seien am Montagabend im Einsatz gewesen, um Kanalnetz, Pumpstationen und Rückhaltebecken zu überwachen, Straßenbereiche zu kontrollieren oder Durchlässe mit dem Bagger zu befreien. Die Kontrollen gehen auch im Nachgang weiter. Zum Beispiel werde geprüft, wo die Kanalisation gespült werden muss. „Es gibt einen festen Fahrplan, was nach solchen Ereignissen zu tun ist.“ Die am Montag gesperrten Straßen in Holtum seien gereinigt und freigegeben.
Unwettereinsätze gab es seit Montagabend nicht mehr, so Feuerwehrchef Karsten Korte. Auch nicht auf der A 44. Obwohl ein Video zeigt, dass Teile der Fahrbahn zeitweise unter Wasser standen.