Neben der finanzrechtlichen bleibt aber auch die strafrechtliche Seite, die die Kammer zu beraten hatte. War zum Prozessauftakt noch von zu erwartenden Haftstrafen die Rede gewesen, klingt das nun anders. So erwartet die beiden angeklagten Dortmunder Gastronomen, wenn der Verständigungs-Deal zum tragen kommt, eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten sowie einem Jahr und sechs Monaten zur Bewährung. Das sei auch aus Sicht der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung „im Grundsatz angemessen“, sagte Kamp.
Wie beim missratenen Kuchen bleibt trotz des unerwarteten Prozessfortgangs etwas übrig: Dass ihre Mandanten eben auch nicht unschuldig sind, hatten die Verteidiger eingeräumt – aber von Steuerhinterziehung in Millionenhöhe ist keine Rede mehr. Im Laufe der vergangenen Prozesstage hat sich herausgestellt, dass die Berechnungen der Steuerlücke im Ergebnis zwar richtig seien, allerdings auf fehlerhaften Annahmen beruhen könnten. Laut Verteidigern gebe es falsch gewertete Zuordnung und Beziehungen, „was, wohin gehört hat“.
Es gebe mittlerweile „andere Erkenntnisse als zu Beginn des Verfahrens“, sagte auch Richter Kamp, zum Beispiel „andere Erklärungsmodelle für die Existenz eines Lieferscheins als Steuerhinterziehung“. Es gebe also „Fragezeichen“ und „Unwägbarkeiten“, die Einfluss nehmen auf den weiteren Verlauf.
Eine Verkürzung des Verfahrens hat einen Wert für unsere Mandanten, nicht nur finanziell, sondern auch von der Belastung her. Seit über fünf Jahren ziehen sich die Ermittlungen schließlich mittlerweile hin.“
Die Verteidigung hatte am Mittwoch früh den Willen zur Verständigung betont. Das sei sinnvoll, da sich ein genaues Feststellen aller Vorwürfe jahrelang hinziehen könne, sagte Anwalt Ulrich Grigoleit. „Eine Verkürzung des Verfahrens hat einen Wert für unsere Mandanten, nicht nur finanziell, sondern auch von der Belastung her. Seit über fünf Jahren ziehen sich die Ermittlungen schließlich mittlerweile hin.“ Der Verteidiger betonte: „Die Anklage hat sich nicht bestätigt.“ Aber Grigoleit räumte auch ein: „Die Wahrscheinlichkeit, dass nicht alles in Ordnung war, ist auch da.“
Was all das für den Werler Angeklagten bedeutet, der sich mit einem Mann aus Werne als Betreiber des Großhandels der Beihilfe schuldig gemacht haben soll, ist noch unklar. „Aber viele Vorwürfe sind in sich zusammengefallen“, sagte sein Verteidiger am Mittwoch im Gespräch mit unserer Redaktion.
Da von Anfang an ein geringeres Strafmaß für den Werler und den Werner im Raum gestanden hatte, werde sich die strafrechtliche Würdigung für den Werler nun angesichts der neuen Erkenntnisse sicher weiter und deutlich reduzieren müssen, sagte der Anwalt.
Der Prozess wird am 31. August fortgesetzt.