Florian Lehn als Garten- und Landschaftsgärtner weiß, worum es dabei geht. Er erklärt die Definition. „Was von einem zum anderen Schnitt nachwächst, darf man immer schneiden.“ Er nennt den Austrieb innerhalb einer Wachstumsperiode als maßgeblich. Wer schneiden will, sollte sich also fragen: „Will ich der Pflanze mehr wegnehmen, als innerhalb dieser Zeit nachwächst?“ Das wäre dann nicht erlaubt.
Selbstverständlich sei es, „Hecken oder Büsche immer vor dem Schnitt auf Nester zu kontrollieren“, sagt Lehn. „Die Vögel nisten ja nun mal nicht auf den ersten 10 Zentimetern des frischen Austriebs.“
Innerhalb der Gehölzarten kann der Pflegeaufwand im Umfang durchaus variieren. Schnellwüchsige Arten benötigten regelmäßigere Schnitte. „Einem Kirschlorbeer kann man beim Wachsen zuschauen“, so der Hilbecker Fachmann. Buchsbaum, Heckenkirsche oder Berberritze stünden hingegen auch mit einem Pflegeschnitt im Jahr oft gut da.
Schwierig wird es vor allem in Bereichen, wo Hecken an öffentlichen Verkehrsflächen liegen: „Sind Bürgersteig und Hecke „best buddys“, und steht das Straßenschild einen Meter in der Hecke“, habe der Grundstückseigentümer mit seiner Hecke etwas verkehrt gemacht, sagt Lehn. Er sieht einen regelmäßigen Rückschnitt als zielführend an. Dabei sei immer der Kern der Hecke zu betrachten, die im Idealfall ein kleines Stück hinter der Grundstücksgrenze stehe.
In vielen Gegenden ist es Tradition, die Vorgärten vor dem Schützenfest heraus zu putzen. Was Garten- und Landschaftsgärtner Florian Lehn mit einem Schmunzeln zur Definition des Begriffs Pflegeschnitt heranzieht. „Muss ich meine Hecke soweit schneiden, dass ich die Parade überhaupt erst sehe, hab ich mit meiner Hecke etwas verkehrt gemacht.“ Sei nur ein Nachschnitt der herausragenden Triebe erforderlich, damit der Festzug am gepflegten Grundstück entlang flaniere, gelte dies als Pflegeschnitt.
Jeder Grundstückseigentümer hat eine Verkehrssicherungspflicht. Darauf weist die Stadtverwaltung hin: Überhängende Äste, Sträucher und Hecken machten Fußgängern, Radfahrer und Autofahrern immer wieder zu schaffen. Geh- und Radwege würden in der Breite vermindert und die Verkehrsteilnehmer müssten auf die Straße ausweichen. Auch Parkraum würde mitunter dadurch eingeschränkt. Die Wallfahrtsstadt erinnert die Grundstückseigentümer deshalb daran, „ihre Hecken, Bäume und Sträucher bis zum 28. Februar bis auf die Grundstücksgrenze zurückzuschneiden und dabei auch den Frühjahrsaustrieb einzukalkulieren“.
Grundstückseigentümer müssen bei ihren Bäumen für ein Lichtraumprofil von 2,50 zu Geh- und Radwegen und 4,50 Meter zu Fahrbahnen mit Autoverkehr sorgen. Erst in dieser Höhe darf der Bewuchs über der befestigten Fläche in den Verkehrsraum ragen. Für das Erhalten des Lichtraumprofils müssen sich die Eigentümer nicht an die Schonzeiten halten. Auch Bäume auf Privatgrundstücken dürfen das ganze Jahr über gefällt werden. Ausnahmen sind als Naturdenkmal deklarierte Bäume. Ebenso gibt es Einschränkungen in Städten, die eine Baumschutzsatzung haben. Was aber nicht für Werl gilt.
Eine weitere Einschränkung sind Habitatbäume, erklärt Lehn. Hat sich ein gefiederter Gast häuslich in einem Garten nieder gelassen und nutzt zum Beispiel den abgestorbenen Obstbaum als Nistplatz, darf dieser erst mal nicht gefällt werden. Erst, wenn Brut und Elternpaar ausgezogen sind, kann zur Säge gegriffen werden. Schwierig wird es, wenn diese umzufallen drohen.
Wo öffentlicher Verkehrsraum beeinträchtigt werden kann, ist wieder die Sicherungspflicht mit zu betrachten. Hier gibt es auch für den Fachmann keine pauschale Aussage. Das sei nur von Fall zu Fall zu bewerten. So kann auch eine vorübergehende Sicherung angezeigt sein. Im Zweifel sollte man sich immer Rat bei einem Fachmann oder auch bei seiner Kommune holen.
Im Bundesnaturschutzgesetz, Paragraf 39, Absatz 5 heißt es: „Es ist verboten, Bäume, die außerhalb des Waldes, von Kurzumtriebsplantagen oder gärtnerisch genutzten Grundflächen stehen, Hecken, lebende Zäune, Gebüsche und andere Gehölze in der Zeit vom 1. März bis zum 30. September abzuschneiden, auf den Stock zu setzen oder zu beseitigen; zulässig sind schonende Form- und Pflegeschnitte zur Beseitigung des Zuwachses der Pflanzen oder zur Gesunderhaltung von Bäumen.