1. Soester Anzeiger
  2. Lokales
  3. Werl

Tierschützer beklagen Übungsanlage zur Fuchsjagd als „Tierquälerei“ - Verband wehrt sich

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Gerald Bus

Kommentare

Füchse haben längst ihren Lebensraum Wald verlassen und kommen auch in Städten vor.
Dieser Fuchs lebt in einem Zoo. Füchse haben aber längst ihren Lebensraum Wald verlassen und kommen auch in Städten vor. © Symbolbild: DPA Roessler

Sönnern als idyllischer Ort, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen? Mitnichten, wenn es nach der Tierschutzorganisation „Peta“ geht. Sie ist überzeugt, dass der Werler Ortsteil alles andere als friedlich für Füchse ist, eher ein Ort des Schreckens und der Tierquälerei.

Sönnern – Denn in Sönnern gebe es eine „Schliefenanlage“ zur Ausbildung von Jagdhunden, die Füchse „in permanente Todesangst“ versetzt. Deshalb hat Peta Strafanzeige gegen die Verantwortlichen der Anlage gestellt. Der Jagdgebrauchshundeverband nennt die Vorwürfe „Blödsinn“.

Die Staatsanwaltschaft Arnsberg bestätigt das Vorliegen der Klage. Es gebe Peta-Klagen gegen zwei Schliefenanlagen im Zuständigkeitsbereich der Staatsanwaltschaft: eine im Kreis Soest, eine im Hochsauerlandkreis. Das werde nun entsprechend geprüft, sagt Oberstaatsanwalt Thomas Poggel.

Peta: Füchse in Tunneln „in Todesangst“

Peta moniert „mutmaßliche Verstöße gegen das Tierschutzgesetz“. In Schliefenanlagen würden Füchse immer wieder in unterirdische Tunnel getrieben. Darin „versetzen Hunde sie in Todesangst“. Daher habe Peta nun auch über 100 weitere Betreiber im Bundesgebiet angezeigt, „um auf massive und andauernde Qualen der Füchse aufmerksam zu machen“. Die Stuttgarter Tierrechtsorganisation fordert die Schließung der Anlage in Sönnern „sowie die Beschlagnahmung der dort möglicherweise noch eingesperrten Füchse“. Sie bezeichnet die Jagd als „blutrünstig“ und spricht den Jägern jedes Mitgefühl ab.

Keine Verfehlungen in Werl bekannt

Dass von der Anlage in Werl nichts bekannt sei, wundere sie nicht, ergänzte die Peta-Fachreferentin für Wildtiere, Nadja Michler, am Mittwoch auf Anfrage. „Das findet oft im Verborgenen statt, viele Menschen wissen gar nicht, was da stattfindet.“ Die Werler Anlage werde vom Deutschen Jagdterrierclub Mitte-Werl betrieben, Peta kenne die Koordinaten. Offenbar ist der Organisation aber nichts von direkten Verfehlungen beim Betrieb bekannt. Anders als bei einer Schliefenanlage in Lemgo, wo den Tierschützern ein Video zugespielt worden sein soll.

Ja, räumt Michler ein, das Schliefen sei per Gesetz legal. „Aber das ist ja unsere Kritik: Aus unserer Sicht ist es mit dem Tierschutzgesetz nicht vereinbar.“ Demnach dürften Tiere nicht auf Tiere gehetzt werden, genau das passiere aber. Viele Anlagen würden nur saisonal betrieben; dabei würden Füchse in Zwingern gehalten und dann zur Ausbildung in ein künstliches Tunnelsystem, das einen Fuchsbau simuliert, gesetzt. Die Hunde werden hinterhergeschickt, um sie auf Füchse abzurichten. Kurz vor dem Zuschnappen würde in einem Kessel ein Gitter fallen und den Fuchs beschützen, schildert die Fachreferentin. Und ergänzt: „Wir wissen, dass in Werl aktuell Prüfungen stattfinden.“

„Füchse haben wie Menschen und alle Tiere ein Recht auf Freiheit – es darf nicht sein, dass sie eingesperrt und zur Jagdhundeausbildung missbraucht werden.

Nadja Michler, Peta-Fachreferentin für Wildtiere

Sie betont: „Füchse gehören nicht in solche Anlagen“. Überhaupt sei die Fuchsjagd, anders als von den Jägern behauptet, nicht nötig, sondern qualvoll. 2021 seien allein in NRW über 50 000 Füchse durch Jäger getötet worden. „Fuchspopulationen regulieren sich aufgrund von Sozialgefügen, Nahrungsverfügbarkeit und Krankheiten selbst“, behauptet Peta. „Füchse haben wie Menschen und alle Tiere ein Recht auf Freiheit – es darf nicht sein, dass sie eingesperrt und zur Jagdhundeausbildung missbraucht werden. Schliefenanlagen sind an Tierschutzwidrigkeit und Grausamkeit kaum zu überbieten.“ Ziel sei, Verantwortliche „zur Rechenschaft zu ziehen.“

„Diese Anlagen sind auch beim Veterinäramt aufgeführt und werden regelmäßig abgenommen.

Lars Mathis, Mitglied der Kompetenzgruppe für Bau- und Schliefenanlagen beim Deutschen Jagdgebrauchshundeverband

Lars Mathis weiß um die Anlage in Sönnern. Das Mitglied der Kompetenzgruppe für Bau- und Schliefenanlagen beim Deutschen Jagdgebrauchshundeverband bezeichnet die Vorwürfe von Peta aber als „völligen Blödsinn“. Anlagen wie die in Sönnern zur Ausbildung von Hunden seien erlaubt und zwingend notwendig, „wir betreten da kein illegales Feld“. Bislang seien Klagen dieser Art im Sande verlaufen. Die Betreiber der Anlagen wehren sich mittlerweile auch gegen die Sammelklagen und verklage ihrerseits Peta unter anderem wegen Verleumdung.

Die Anlage in Sönnern werde von der Arbeitsgruppe Werl des Deutschen Jagdterrierclubs betrieben und sei bereits mehrere Jahrzehnte alt. Das sei auch kein Geheimnis, so der Hesse. „Diese Anlagen sind auch beim Veterinäramt aufgeführt und werden regelmäßig abgenommen“, sagt Lars Mathis.

Jagdgebrauchshundeverband: „Bei der Fuchsjagd geht es auch um Artenschutz“

Die Kompetenzgruppe Bodenjagd und Schliefanlagen beim Deutschen Jagdgebrauchshundeverband verteidigt die Schliefanlagen. Füchse bevölkern inzwischen Städte, hätten mit Ausnahme des Uhus in Deutschland keine natürlichen Feinde. Zwar sei die Tollwut erfolgreich bekämpft, dadurch seien aber die Fuchsbestände stark angewachsen. Neben Mäusen frisst der Fuchs Bodenbrüter – auch seltene wie Kiebitz, Wiedehopf, Rebhuhn, Großer Brachvogel. „Artensterben findet eben nicht nur im brasilianischen Urwald statt, sondern direkt vor unserer Haustür.“ Weil es so viele Füchse gebe, sei es in Deutschland erlaubt, sie zu bejagen. Auch Naturschutzverbände würden das fordern, „da allein über die Verbesserung von Lebensräumen der Bestand seltener Vogelarten und Amphibien nicht gesichert oder verbessert werden kann“. Wo bejagt werde, steigen Zahlen von Bodenbrütern, Hasen und anderen, teils bedrohten Tierarten „nachweislich deutlich an“. Bei der Fuchsjagd gehe es daher auch um Artenschutz, ohne die wichtige Rolle des Fuchses in der Natur zu verkennen. Jäger würden Füchse aber nicht ausrotten. Per Gesetz seien nur tierschutzrechtlich vertretbare Jagdarten zugelassen. Am effektivsten sei die saisonale Baujagd, das Aufstöbern unter der Erde. Der Hund habe die Aufgabe, dass der Fuchs seinen Bau verlässt und geschossen werden kann. Dazu brauche es gut ausgebildete Bauhunde. Schon früh würden Teckel und kleine Terrierrassen mit dem Fuchsbau durch Schliefenanlagen vertraut gemacht. Dort eingesetzte Füchse seien Zuchtfüchse mit enger Beziehung zu Menschen. „Nur in Ausnahmefällen handelt es sich um Findelkinder aus verlassenen Gehecken“. In Schliefenanlagen werden junge Hunde gezielt auf die Witterung des Fuchses konditioniert. Im Kessel warte er getrennt durch einen Drehschieber auf den Hund. „Der Fuchs allein entscheidet, ob und wann er den Kessel verlässt, und in seine Transportbox zurückkehrt“. Jeder Fuchs bekommt die gleiche tierärztliche Pflege wie die Hunde, werde geimpft, entwurmt, tierärztlich untersucht und verbringe seine „Rente“ in gewohnter Umgebung....

Auch interessant

Kommentare