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Für „Paket und Brief aus einer Hand“: Post schafft Postfächer und -räder ab

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Von: Gerald Bus

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Posträder wie dieses von Mahmoud Alahmad haben in Werl bald weitgehend ausgedient.
Posträder wie dieses von Mahmoud Alahmad haben in Werl bald weitgehend ausgedient. © Gerald Bus

Der Protest einiger Nutzer kam wortwörtlich postwendend: Die deutsche Post wird die Postfächer im sogenannten „Zustellstützpunkt“ am Briefzentrum an der Runtestraße abschaffen und hat darüber jetzt ihre Kunden schriftlich informiert. Die sind alles andere als erfreut über das endgültige Aus der Postfächer – was Rainer Ernzer, Pressesprecher der Deutsche Post DHL Group, zwar verstehen kann. Aber: „Wir brauchen den Platz der Postfächer im Zustellstützpunkt, weil wir die Verbundzustellung in Werl deutlich ausweiten wollen.“

Werl – Wo derzeit noch ein Fahrradzusteller und ein Paketzusteller im DHL-Wagen nacheinander an einem Tag zum Teil die gleichen Straßen Werls befahren, soll demnach künftig ein so genannter Verbundzusteller Pakete und Briefe zugleich zustellen. Nötig sei das wegen der stark gestiegenen Paket-Mengen, sagt Ernzer.

Ausbau der Verbundzustellung: Paketmengen steigen

Die Post brauche mehr Platz im Zustellstützpunkt an der Runtestraße, da künftig Pakete aus dem Paketzentrum nicht mehr wie bislang zunächst nach Hamm, sondern ohne diesen Umweg direkt nach Werl gebracht werden. Die Zwischenstation in Hamm fällt also weg. Künftig werden noch mehr Verbundzusteller in Werl starten.

Es werden also zuvor große Paketmengen in Werl landen – und dafür braucht es Raum. Diesen „erheblichen Mehrbedarf an Platz“ habe man aber nicht, sagt Ernzer, also müsse er geschaffen werden. Ein Anbau sei geprüft worden, aber nicht möglich. Also müsse im Innern des Stützpunkts umgeräumt werden – mit Folgen für die Postfächer. 300 davon gibt es im Zustellstützpunkt, aber nur etwas weniger als 100 davon würden noch genützt, sagt Ernzer. „Vor allem Firmen nutzen die noch gerne.“

300 Postfächer gibt es im Zustellstützpunkt. Nun werden sie abgeschafft.
300 Postfächer gibt es im Zustellstützpunkt. Nun werden sie abgeschafft. © Post

Aber nun werden sie aufgegeben. „Das ist nicht schön für die Kunden, das ist uns bewusst“, sagt der Postsprecher Aber ohne dieses Opfer könne der neue Ablauf nicht funktionieren. „Für die, die es betrifft, ist es unglücklich.“ Zumal es keine Alternativ-Standorte für die Postfächer in Werl gebe. „Das haben wir geprüft, in den Filialen – aber das ist erfolglos geblieben.“ In Ense gebe es Alternativen. Aber auch die Post weiß, dass das vielen zu weit ist.

Die Post habe sich diese Entscheidung sicher nicht leicht gemacht. Aber Ende September werde die Zeit der Postfächer in Werl vorbei sein. Es sei eine ungewöhnliche Konstellation, dass Postfächer für den Ausbau der Verbundzustellung weichen müssen. An anderen Standorten geht der deutschlandweite Ausbau der Verbundlösung geräuschloser über die Bühne.

Ausbau der Verbundzustellung: neue Fahrzeuge statt Räder

Aus dem Briefträger und dem Paketschlepper wird also der Verbundzusteller. „Eine Zusammenführung von Paket- und Briefzustellung, wo immer das geht, ist die ökologisch und ökonomisch sinnvollste Lösung“, sagt der Postsprecher. Sicher wirke der Wegfall des Fahrrades nicht gerade umweltfreundlich. „Aber im Gegenzug fällt ja auch der DHL-Wagen weg.“

Statt dessen sollen kleinere, kastenförmige Verbundfahrzeuge in Werls Straßen zum Einsatz kommen, möglichst elektrobetriebene, wenn die Ladeinfrastruktur das zulasse. „Denn die E-Mobilität wollen wir ausweiten; den Umweltgedanken behalten wir im Auge.“ Während in die Wagen von DHL 200 Pakete passen, sind es in diesen Fahrzeugen nur rund 120. Die Post werde sie Zug um Zug anschaffen.

Durch das Wachstum bei den Paketen brauchen wir dauerhaft mehr Leute.

Rainer Ernzer, Pressesprecher der Deutsche Post DHL Group

Das bedeutet zugleich, dass die Zahl der Post-Fahrräder in Werl künftig deutlich sinken wird. Man wolle in der Stadt künftig „so wenig Fahrradzusteller wie möglich“ im Einsatz haben. Es gebe vergleichbare Städte, wo es schon jetzt keinen einzigen Fahrradzusteller mehr gebe. Das sei eine deutschlandweite Tendenz. Das bedeute aber nicht zugleich einen Abbau von Arbeitsplätzen, versichert Ernzer. Im Gegenteil: Zwar sinke das Briefaufkommen seit längerer Zeit stetig, etwa ein bis zwei Prozent pro Jahr. „Aber durch das Wachstum bei den Paketen brauchen wir dauerhaft mehr Leute.“ Die Verbundzustellung sei also keine Rationalisierungsmaßnahme, „es wird keiner rausgeschmissen.“

Wie der Ausbau der Verbundzustellung und der Umfang der Maßnahme umgesetzt werden kann, ist noch in Planung, sagt der Pressesprecher. Vermutlich wird es im Frühjahr 2023 zur Umstellung kommen, wovon die „allermeisten Kunden aber wohl nichts merken werden“, mutmaßt Ernzer. Die Zustellbezirke werden anders zugeschnitten, die Zeiten der Zustellungen werden sich auch ändern, wenn Paket und Brief künftig aus einer Hand kommen.

Verschiebungen vom Brief zum Paket

Vom Werler Briefzentrum an der Runtestraße aus wird den Menschen die Post des Zustellbezirks „59...“ gebracht. Rund eine Million Sendungen pro Tag werden dort bearbeitet. Werl ist eins von 82 Briefzentren in Deutschland. Rund 250 Menschen sind dort beschäftigt. Aber die Zahl der Briefe im Vergleich zum Paket sinkt immer weiter. 2010 waren es noch 21 pro Paket, 2020 noch 8. 2025 sollen es nur noch fünf sein: Es gebe Verschiebungen vom Brief zum Paket, bestätigt die Post. Also richtet sie auch die Briefzentren danach aus. Im Werler Briefzentrum waren auch früher schon warentragende Sendungen und kleinere Pakete mit bearbeitet worden, allerdings von Hand. Im Mai lag der Verbund von Paket- und Briefzustellung deutschlandweit bei 55 Prozent, aber gerade in Ballungszentren sei diese Lösung kaum leistbar. Im ländlichen Bereich, auch in den Werler Ortsteilen, arbeitet die Post schon im Verbund.

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