Eine Förderung von je 200 Euro hatte die SPD-Fraktion beantragt, als „Bezuschussung von Balkon-PV-Anlagen für Mieter und Eigentümer einer Wohnung“. Als Fördertopf solle die Stadt 20 000 Euro bereitstellen und ein Förderprogramm erarbeiten. Die Vorteile lägen auf der Hand, sagte Thomas Grümme (SPD).
Beschaffung und Nutzung seien relativ einfach, die Anschaffungskosten würden die Geräte schnell wieder reinholen. „Und man braucht kein eigenes Dach, es reicht ein Balkon oder eine Garage.“ Eine Mini-Solaranlage können sich auch Geringverdiener leisten. Um das Thema „anzuschieben“, wolle die SPD die Förderung. Letztlich hätten auch die Stadtwerke etwas davon, da ihnen nicht genutzter Strom zugute komme, so Grümme. Die Förderung fließe praktisch zurück.
Die CDU zeigte sich skeptisch. Nicht nur, dass die SPD nicht sage, wo die 20 000 Euro herkommen sollen. Vor allem stelle sich die Frage, wer denn kontrolliere, ob die Förderung richtig verwendet werde – und die Bürger die Geräte wirklich selber nutzen.
„Viele verkaufen das bei Ebay“, sagte Klaus Eifler. „Wie also stellen Sie sich die Überprüfung vor?“ Die CDU sei gegen eine Gießkannenförderung ohne Prüfung. „Und warum sollten wir das fördern, wenn sich eine Anlage schnell amortisiert?“
Das fragte auch Bürgermeister Torben Höbrink. Er wurde deutlich: „Ich erkenne die Subventionsnotwendigkeit nicht.“ Steuergeld in etwas zu stecken, was keine hohe Investition bedeute, mache keinen Sinn. Je nach Ausrichtung der Solaranlagen habe man nach drei bis fünf Jahren das Geld wieder raus; die SPD hatte von weniger als zehn Jahren gesprochen.
Vor allem aber: „Ich habe Bauchschmerzen damit, bewegliche Wirtschaftsgüter zu bezuschussen ohne Kontrolle.“ Mini-Solaranlagen könne man heute anschaffen und morgen verkaufen. Höbrink sprach sich aber auch gegen eine überbordene Regulierung aus. Schaffe man ein enges Kontroll-Regelwerk, erhalte die Förderung Züge, „wo ich sagen muss: Da haben wir keine Leute für.“ Wenn andere Kommunen das so machen, halte er das für nicht richtig.
Christoph Prünte (BG) sah beim Fördervorhaben auch keinen Vorteil für sozialschwache Bürger. „Die hätten mehr davon, wenn sie ihren 20 Jahre alten Kühlschrank ersetzen können.“ Aber bis Geringverdiener das Geld für ein Balkonkraftwerk zusammen hätten, sei der Fördertopf vermutlich schon leer, weil die, die es sich leisten können, längst zugeschlagen hätten. Für 100 Anlagen würde die von der SPD angeregte Fördersumme reichen. Prüntes weiteres Argument: „Einige Hausbesitzer wollen das nicht an ihren Häusern.“
Sascha Quint (SPD) verwies auf Kommunen wie Geseke, Beckum oder Fröndenberg, die fördern würden, eine Richtlinie aufgestellt hätten. Es gehe darum, die Anlagen denen zu ermöglichen, die kein Dach für Photovoltaik haben. Sicher seien 800 Euro Anschaffungskosten eigentlich gering. Aber für manche sei das eben doch viel Geld. „Lassen sie uns schauen, wie es funktionieren kann.“
Die CDU stellte sich und den Geldhahn quer: Solarenergie habe längst eine hohe Akzeptanz als Beitrag zur Energiewende, sagte Marcel Westervoß. „Aber ich schiebe doch nur etwas an, wenn die Nachfrage nicht da ist oder es sich nicht amortisiert.“
Es gebe jene Anlagen schon ab 350 Euro. Eine Förderung von 200 Euro würde nur dazu führen, dass sie sich eher bezahlt macht. „Das Thema hat schon so viel Fahrt aufgenommen, dass wir mit 200 Euro gar nicht hinterherkommen“, warnte Westervoß. Der Antrag komme schlicht zu spät, „die Menschen machen das schon.“
Als andere Kommunen das vor Jahren angestoßen hätten, sei die Lage am Energiemarkt noch eine ganz andere gewesen. Letztlich gebe es kein Argument der SPD, warum es der Förderung bedarf. Mit Symbolpolitik komme man nicht weiter beim Klimaschutz. Westervoß warb dafür, eher mehr Werbung für die kleinen, „absolut sinnvollen“ Balkonkraftwerke zu machen, „dass sie sich schnell refinanzieren, die Menschen einen Nutzen haben.“ Einschränkung: „Wer seinen Balkon Richtung Norden hat, kann nicht profitieren.“
Die Grünen forderten ein Zeichen, dass die Stadt Werl das Gewinnen nachhaltiger Energie unterstützt. „20 000 Euro – das ist nichts, was Werl umbringt.“ Sie unterstützten den SPD-Antrag „vollumfänglich, aus ökologischen und sozialen Gründen“.
Wickede sei nicht so misstrauisch den Bürgern gegenüber gewesen, kritisierte Alfons Nabers. Dort seien 25 000 Euro Förderung in kürzester Zeit abgerufen worden. Und es gebe durchaus Kontrollmöglichkeiten.
Als Quint die Felle davonschwimmen sah, äußerte er Vorwürfe: „Mein Bauchgefühl sagt mir: Wir wollen alle was fürs Klima machen, aber nichts dafür ausgeben.“ Andere Städte würden die Förderung nicht so verkomplizieren. Werl nehme offenbar gern Fördergelder an, gebe aber nichts an Förderung aus. „Sie haben ein anderes Menschenbild als wir“, warf er CDU und BG vor. „Wir gehen nicht davon aus, dass die Menschen das kaufen und wieder verkaufen.“
Vorwürfe, die Eifler so nicht stehen lassen wollte. Man rede über das Geld der Bürger. „Und für etwas, was sich von selber rechnet, hauen wir nicht Gelder raus.“
Macht eine Mini-Solaranlage Sinn für Mieter oder Eigentümer? Das muss jeder für sich beantworten. Grundsätzlich können sie einen Beitrag leisten, Strom zu sparen, sie decken aber bei weitem nicht den eigenen Strombedarf. Von bis zu 10 Prozent je nach Leistung, Ausrichtung, Witterung und individuellem Stromverbrauch geht Stadtwerke-Vertriebsleiter Norman Petersson aus. Zum Vergleich: PV auf Dächern kann rund 40 Prozent des Stromverbrauchs abdecken.
Die Stadtwerke bieten ein „Rundumsorglospaket“ (Infos: stadtwerke-werl.de) zum Kauf an. Es gibt sie aber auch im Baumarkt oder gebraucht. Wer sie kauft, muss das dem Netzbetreiber – im Fall Werl die Stadtwerke – melden, sie zudem anmelden beim Marktstammdatenregister (www.marktstammdatenregister.de/MaStR). Der Energieversorger kommt dann in die Wohnung, um den Stromzähler auszutauschen – kostenlos. Es gibt aber eine Leistungsbegrenzung: Mehr als 600 Watt dürfen nicht ins Netz eingespeist werden. Ein Modul kann in der Regel zwischen 300 und 420 Watt produzieren, für die Höchstleistung bedarf es aber idealer Bedingungen, die praktisch nicht erreicht werden können. Ein Ertrags-Beispiel: Mit 300 Watt kann man die Leistung von zwei Glühlampen, eines Computers und eines Kühlschranks decken.
Die Mini-Solaranlage ist einfach in Betrieb zu nehmen. Zum Paket gehört neben dem Modul (Kollektor) die Verkabelung und ein Wechselrichter, der aus dem gewonnenen Gleichstrom den nötigen Wechselstrom macht. Zum Anschluss ans Netz gibt es entweder den haushaltsüblichen Schuko-Stecker oder eine Wieland-Steckdose; letztere muss vom Elektriker für einen sicheren Betrieb installiert werden. Schließlich müssen auch Befestigungs- und Haftungsfragen mitbedacht werden. Die Installation gilt als einfach, dennoch vermitteln die Stadtwerke auch einen Elektrobetrieb von vor Ort. In der Tat sei es „immer ratsam“, einen Elektriker auf die Anlage schauen zu lassen, rät Petersson.
Ist die Anlage in Betrieb, kann Strom für den Eigenbedarf in die Hausverteilung fließen. Der Zähler zählt in zwei Richtungen („Zweirichtungszähler“) und registriert, was reinkommt und was rausgeht. Dieser Strom wird aber nicht vergütet. Ohne Tausch würde ein Zähler rückwärts laufen – und das ist verboten. Vertikale oder horizontale Anbringungen der Mini-PV-Anlage sind möglich. Sie produziert„einzig mit der Kraft der Sonne Strom – leise, sauber und emissionsfrei“. Die Kollektoren haben eine durchschnittliche Lebensdauer von 25 bis 30 Jahren, als problematisch gilt dabei der Wechselrichter.