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Mehr Fahrschüler fallen durch: Anforderungen an Prüflinge steigen

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Von: Sarah Hanke

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Stefanie und Martin Zuch – mit Hund Cooper – stellen fest, dass die Anforderungen an Fahrschüler steigen.
Stefanie und Martin Zuch – mit Hund Cooper – stellen fest, dass die Anforderungen an Fahrschüler steigen. © Hanke, Sarah

Immer mehr Fahrschüler rasseln durch die praktische Führerscheinprüfung. Statistiken des Kraftfahrtbundesamtes belegen diesen Trend. Und wie sieht es in Werl aus?

Werl - „Ich glaube, wir befinden uns hier in Werl wirklich noch in einer kleinen heilen Welt“, sagt Stefanie (Steffi) Zuch. Aktuell pendele die Durchfallquote der Werler Fahrschule zwischen 10 und 12 Prozent. „Ein bisschen ist die Zahl schon nach oben gegangen. Wir waren auch schon mal bei unter zehn Prozent“, sagt Inhaber und Fahrlehrer Martin Zuch.

Es gebe aber durchaus auch Ausreißer unter den Fahrschulen: Bei einzelnen würde die Durchfallquote durchaus die 50-Prozent-Marke erreichen, doch dies sei wirklich die Ausnahme.

Das Verkehrsaufkommen sei in der Wallfahrtsstadt viel geringer, als in einer Großstadt. Ein Grund, weshalb es durchaus Menschen versuchen würden, ihren Führerschein in Werl statt in Dortmund zu machen. Die Entscheidung, ob sie das dürfen, trifft jedoch letztlich das Straßenverkehrsamt. „Hier gibt es ja keine Straßen- oder U-Bahn. Mehrspuriges links- oder rechtsabbiegen haben wir hier auch gar nicht“, sagt Martin Zuch.

Mit dem dichter werdenden Verkehr werde letztlich auch die Fahrausbildung nicht leichter. Bei Kindern, die bequem von A nach B chauffiert werden, würden sich die fehlenden eigenen Erfahrungen im Straßenverkehr bei der Führerscheinprüfung bemerkbar machen.

Dauer-Blick aufs Handy ist hinderlich

Wer eine Mofa-Ausbildung absolviert habe oder wenigstens mit dem Fahrrad zur Schule gefahren ist, habe zumindest schon mal Erfahrungen mit „rechts vor links“ oder einigen Verkehrsschildern gemacht. Hinzu kommt: Der Blick ist heute meist auf das Handy gerichtet, sodass es oft an Verkehrssicherheit und -beobachtung mangele. Von Mama oder Papa lernen? Fehlanzeige.

Doch nicht nur die Praxis, sondern auch die Theorieprüfung habe es im Vergleich zu früher in sich. „Es gibt ja heute circa 1 200 Fragen allein für Klasse B“, sagt Martin Zuch.

Diese beinhalten Video- und Variationsfragen – stumpfes Auswendiglernen reiche schlicht nicht mehr, um die Prüfung zu bestehen. „Als wir Führerschein gemacht haben, gab es ja nur die Papierbögen.“ Um Schüler auszusieben, die noch nicht reif für die Theorieprüfung sind, überprüft die Fahrschule Zuch die Prüfungsreife durch einen Vortest.

Wer diesen nicht besteht, nehme nicht an der Prüfung teil. „Das machen leider nicht alle Fahrschulen“, sagt Zuch. Teils schlechte Übersetzungen in der App und in der TÜV-Prüfung machten ausländischen Fahrschülern zusätzlich das Leben schwer.

Zwei Jahre lang in der Fahrschule

Manch einer besuche durchaus zwei Jahre lang die Fahrschule, bis er den Lappen in der Tasche hat. In die Statistik der durchgefallenen Prüfung fließen auch solche mit ein, die mit technischer Ausrüstung, zum Beispiel mit Kamera, in der Prüfung saßen und aufgeflogen sind. „Auch das ist hier in unserem Bereich schon passiert.“

In Nordrhein-Westfalen lag die Durchfallquote 2021 bei 30,3 Prozent. Ganz hinten steht Hamburg: 45 Prozent der praktischen Fahrprüfungen gingen hier 2021 schief.

„So eklatant schlecht ist die Durchfallquote in Werl noch nicht“, sagt auch Fahrlehrer Burghard Schröder. Die Durchfallquote schätzt Schröder auf 15 Prozent, sie habe auch schon mal bei 10 Prozent gelegen.

Den Grund dafür sieht der Fahrlehrer, der bereits in anderen Städten junge Menschen zum Führerschein begleitet hat, auch in der eher ländlich geprägten Region. „In Werl ist der Verkehr noch nicht ganz so dicht, wie zum Beispiel in Hamm oder Soest.“

Wachsende Ungeduld bei Autofahrern

Seit er seine Fahrschule in Hamm aufgegeben und nur noch in Werl unterwegs ist, sei auch der Alltag für ihn als Fahrlehrer wieder ein Stück weit angenehmer geworden. „Wenn ein Fahrschüler mal nicht so schnell an der Ampel angefahren ist, war direkt die Hand auf der Hupe“, so Schröder. Die Ungeduld der Fahrzeughalter habe generell zugenommen. Auch dies könne ein Grund für die steigende Zahl der Menschen sein, die bei der Führerscheinprüfung scheitern.

Doch auch bei den jungen Menschen habe sich etwas geändert. „Früher galt der Führerschein als Statussymbol. Das ist jetzt nicht mehr so.“ So sei es den jungen Menschen wichtig gewesen, den Lappen am besten vor dem 18. Geburtstag in der Tasche zu haben. Heute hätten sich die Prioritäten verschoben. „Der Alltag der Jugendlichen ist heute mit vielen anderen Dingen voll gepfropft, wie Schule und Sportvereine.“

„Im letzten Drittel der Prüfung passieren die meisten Fehler“, sagt Schröder. Seitdem die Prüfungszeit im Zuge der Einführung des elektronischen Prüfprotokolls für alle Fahrzeugklassen von 45 auf 55 Minuten verlängert wurde, lasse die Konzentration noch schneller nach – bei allen Beteiligen.

„Weder für die Fahrschüler noch für den TÜV oder die Fahrlehrer sind die zehn Minuten plus gut.“ Der Fahrlehrer würde sich wünschen, wenn hier noch mal die Zeit zurückgedreht werden würde. Dass das passiert, glaubt er jedoch nicht.

Die Fahrschule Hohoff wollte sich auf Anfrage nicht zum Thema äußern.

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