Krippe in Holtum wird 100 Jahre alt

Anlässlich des 100-jährigen Bestehens präsentiert der St. Josefsverein die Fotoausstellung „Wir waren dabei!“
Holtum – Die Weihnachtskrippe in Holtum wird in diesem Jahr 100 Jahre alt. Aus diesem Anlass hat der St. Josefsverein eine Fotoausstellung unter der Überschrift „Wir waren dabei!“ vorbereitet. Auf 13 großformatigen, einen Meter hohen Bildern sind die Porträts der menschlichen Figuren der Krippe zu sehen. In dieser Größe eröffnen sich dem Betrachter Details, die der Künstler den Figuren in ihrer Beziehung zum weihnachtlichen Geschehen zugedacht hat.
Krippe wird 100 Jahre alt: Fotoausstellung „Wir waren dabei!“
Die Ausstellung ist ab Sonntag, dem 25. Dezember, bis zum 29. Januar täglich von 10 bis 21 Uhr in der Kirche zu sehen. Es wird empfohlen, sich die Ausstellung bei Tageslicht anzuschauen. Selbstverständlich ist die Krippe auch im Original zu sehen. Bis 5. Januar stehen neben der hl. Familie die Hirten im Mittelpunkt des Geschehens, ab dem 6. Januar die hl. drei Könige. Die Krippe wird dazu umgebaut.
Krippe wird 100 Jahre alt: Chronik der Krippe
Klaus Halekottte vom Josefsverein hat die folgende Chronik der Krippe zusammengestellt.
Nach langem Ringen mit dem Bistum und der Pfarrgemeinde Büderich fanden seit Februar 1921 in der Holtumer Kirche endlich regelmäßige Sonntags- und Festgottesdienste statt. Und so fiel in der ersten Weihnachtsmesse nur allzu deutlich auf, dass der Kirche eine Darstellung der Geburt Christi fehlte. Schon ein Jahr später, Weihnachten 1922, war vom zuständigen St. Josefsverein dieser Mangel behoben und eine große Krippe angeschafft worden.
Krippe wird 100 Jahre alt: Kosten in der Zeit der Inflation
Zur Finanzierung der Krippe wurde ein „Krippenfonds“ eingerichtet. Zweckgebundene Spenden und wohl auch der Erlös der Sternsingeraktion vom Januar 1922 wurden hier eingezahlt. Am 8. 12. 1922 waren stolze 5766 Mark zusammengekommen, angesichts der einsetzenden Geldentwertung ein Betrag, der am Ende nicht viel mehr als die Kosten für die Beleuchtung decken konnte. Durch eine Spende eines anonymen Stifters erhöhte sich der Betrag an diesem Tag um 20 000 Mark.
In der Vorstandssitzung des Josefsvereins vom 9. Dezember 1922 beschlossen die Mitglieder angesichts der rasenden Geldentwertung, zur Beschaffung weiteren Geldes bei allen Bauern im Dorf eine „Strohkollekte“ durchzuführen. Diese Idee wurde bereits zwei Tage später in die Tat umgesetzt und brachte für die Anschaffung der Krippe 53 Zentner und 9 Pfund Stroh im Wert von 344 565 Mark, außerdem 1100 Mark in „Baar“.
Krippe wird 100 Jahre alt: So teilten sich die Kosten der Krippe auf
- Herr Schröder in Recklinghausen erhielt für die Krippenfiguren und einen Vorhang 38 000 Mark und 5 Zentner Weizen.
- Herr A. Vogelsang aus Werl lieferte „Krippenmaterial“ im Wert von 67 367 Mark.
- Herr Mth. Schmidt aus Büderich stellte 55 188 Mark in Rechnung für „Krippenmaterial und Arbeitslohn“.
- An Wilhelm Krampe wurden für die Beleuchtung 4630 Mark gezahlt.
- Herr Stemann erhielt für den Bau eines Stalls Tabak im Wert von 2000 Mark.
Krippe wird 100 Jahre alt: Hohe Spendenbereitschaft
Die hohe Spendenbereitschaft, durch die die Finanzierung trotz der rasenden Geldentwertung gesichert war, weist darauf hin, dass für die Holtumer Bevölkerung der Besitz einer eigenen Kirchenkrippe von hoher Bedeutung war. Noch 1926 klingt die Erinnerung an diese bedeutende Spendenaktion nach, wenn der Schriftführer bei der Aufstellung des Kircheninventars den Besitz der „vollständigen Krippe“ mit dem Zusatz versieht: „...durch milde Gaben von den Eingesessenen“.
Krippe wird 100 Jahre alt: Untergang in den 70er-Jahren?
50 Jahre nach der Anschaffung bestimmten nicht mehr künstlerische Schönheit, sondern gebrochene Arme und Nasen, abgestoßene Ecken und Kanten und starke Verschmutzung der Farbfassung das Bild der Krippe. Man erzählt sich, es sei ein Kunststück gewesen, die Figuren so aufzustellen, dass die größten Beschädigungen die weihnachtliche Erbauung der Betrachter nicht zu sehr störten. Dennoch wurde die Krippe bis 1977 in der Kirche zur Weihnachtszeit aufgestellt und 1978 durch eine neue Krippe ersetzt.
Krippe wird 100 Jahre alt: Der Umzug in den Paderborner Dom
Seit 1978 eine neue Krippe in der Kirche aufgestellt wurde, verlor die alte an Bedeutung. 1979 wurde sie veräußert und gelangte nach Paderborn. Dort hatte man den Wert und die kunsthistorische Bedeutung der Holtumer Krippenfiguren sofort erkannt. Die Figuren wurden restauriert und fanden jahrelang Aufstellung im Dom. Viele tausend Besucher erfreuten sich an ihnen.
Krippe wird 100 Jahre alt: Der Weg ins Abseits
1995 wurde dem Paderborner Dom eine neue Krippe gestiftet. Die Holtumer Figuren verschwanden in der weitläufigen Dom-Sakristei. Im Zuge der Vorbereitungen auf das 100-jährige Kirchweihfest der Holtumer St. Agatha-Kirche erinnerten sich einige Mitglieder des St. Josefsvereins an die alte Krippe, die inzwischen auch hier wieder als wertvoll angesehen wurde. Die Bitte des Josefsvereins um Rückführung nach Holtum wurde in der Sitzung des Domkapitels am 11. Februar 1999 positiv entschieden. Die Holtumer Kirche erhielt die Krippe zum 100-jährigen Jubiläum als Geschenk zurück.
Krippe wird 100 Jahre alt: Überraschende Neuzugänge
Der damalige Domküster nutzte bei der Übergabe die Gelegenheit, eine ebenfalls im Dom befindliche Schafherde loszuwerden und auch das Kamel, das nun in Holtum die Krippe ziert, stammt aus dem Paderborner Dom.
Krippe wird 100 Jahre alt: Zurück in Holtum
Seit Weihnachten 1999 wird die alte Krippe wieder in der St. Agatha-Kirche aufgebaut. 2020 wurde ein modernes Element hinzugefügt. Ein fünf Meter hohes Hintergrundbild zeigt den Holtumer Kirchturm in der Holtumer Landschaft.
Die Krippenfiguren
Folgende Figuren wurden ausgewählt:eine Hl. Familie,
Ochs und Esel,
ein Engel,
vier Hirten,
davon einer mit einem Kind, eine Hirtenfrau,
drei Könige
fünf Schafe
ein Hirtenhund.
Die Krippenfiguren sind aus Gips gegossen und haben eine Größe von bis zu 70 cm. Eingegossene Jahreszahlen verweisen auf die Herstellungsjahre der Gussformen 1893 bis 1906. Da die Formen über lange Zeiträume genutzt wurden, ist davon auszugehen, dass die Figuren zum Zeitpunkt des Verkaufs 1922 neu waren.
Die Krippenfiguren lieferte die Werkstatt Schröder in Recklinghausen. Hier wurden die Figuren gegossen und kunstvoll in Handarbeit bemalt. Sehenswert ist besonders die Gestaltung der Gewänder der heiligen drei Könige.
Alle Figuren sind bis heute noch vorhanden, das originale existiert jedoch nicht mehr.
Die Krippe von 1978 ist ebenfalls noch vorhanden. Sie wird jedes Jahr in der Adventszeit in unterschiedlichen Schulen der Umgebung aufgebaut und vermittelt den Kindern auf ihre Weise die Weihnachtsgeschichte.