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„Kein Kahlschlag der Kassen“: Erstes Aufatmen im Mariannen-Hospital

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Von: Gerald Bus

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Ungeachtet aller Verhandlungen geht die Arbeit am Patienten weiter: Einen dritten Operations-Saal hat das Werler Krankenhaus in Betrieb genommen.
Ungeachtet aller Verhandlungen geht die Arbeit am Patienten weiter: Einen dritten Operations-Saal hat das Werler Krankenhaus in Betrieb genommen. © Valerius

Es ist wie ein zumindest etwas erlösender Zwischenstand für die wartenden Angehörigen bei einer laufenden, schwierigen Operation: Es sieht derzeit gut aus beim Patienten – der Zustand ist stabil. Aber welche Folgen der Eingriff von außen letztlich haben wird, das ist noch immer nicht ganz klar. So stellt sich auch die Situation für das Werler Mariannen-Hospital dar. Die Verhandlungen zum Krankenhausbedarfsplan NRW laufen noch immer. Aber es gibt zumindest ein erstes Aufatmen.

Werl – Aus den ersten – und wichtigen – Stellungnahmen der Krankenkassen sei „kein Kahlschlag in der Krankenhauslandschaft zu erkennen“, sagt Geschäftsführer Christian Larisch auf Anfrage.

Eine „positive Botschaft“, sicher. Denn wenn kein Krankenhaus ohne Versorgungsauftrag gelassen wird, die Leistungen des Werler Hauses anerkannt werden, heißt das im Umkehrschluss: Damit steht die Existenz des Mariannen-Hospitals mit seinen 138 Betten und 340 Mitarbeitern nicht in Frage.

Für Werl bieten sich „neue Perspektiven“

Eher bieten sich „neue Perspektiven“ bezüglich der Frage, welches Krankenhaus künftig welches Leistungsspektrum anbietet. Keine Selbstverständlichkeit für Werl, wo doch eine Vorgabe des Krankenhausplans ist, dass ein Krankenhaus mit internistischer und chirurgischer Versorgung für 90 Prozent der Bevölkerung innerhalb von 20 Autominuten erreichbar sein muss -– was von Werl aus für Unna, Hamm und Soest gilt. Das durfte im Vorfeld also durchaus als Risiko für das Werler Haus gelten.

Das alles ist unglaublich komplex.

Christian Larisch, Geschäftsführer

Aber was unter dem Strich stehen wird, das könne man derzeit noch nicht sagen, handelt es sich doch erst um den ersten Vorschlag. Außerdem sind mit dem Vorstoß des Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach (SPD) zur Krankenhausplanung Anfang Dezember schon wieder neue Unbekannte aufgetaucht, die die Lage nicht übersichtlicher machen. „Das alles ist unglaublich komplex“, sagt Larisch. Vor allem aber ist das Werler Hospital kaum solitär zu betrachten, sondern immer im Verbund mit den anderen Häusern des Katholischen Hospitalverbunds Hellweg.

„Tolle Entwicklung“ des Werler Krankenhauses

Larisch lässt aber ungeachtet der vielen offenen Fragen die „tolle Entwicklung“ des Haues an der Unnaer Straße nicht unerwähnt. So sei in den schwierigen Corona-Jahren die Zahl der Patienten deutlich weniger zurückgegangen als im Bundesvergleich. Drei Prozent weniger sind es bei Betrachtung der Zeiträume von 2019 bis 2022. Der Bundesschnitt allerdings liegt bei Einbrüchen von durchschnittlich 15 Prozent. Das Mariannen-Hospital habe sich mit seinen Leistungen also sehr gut behauptet, den „3 P“ zum Trotz, die Larisch anführt:
Der Pandemie-Panik, die allgemein um sich griff,
die daraus folgende Patientenflucht aus Angst vor Infektion im Krankenhaus und nicht zuletzt
der Personalausfälle durch Krankheiten.

Die gute Entwicklung habe im Vorjahr für eine ausgeglichene Bilanz gesorgt – und das sei nicht selbstverständlich vor dem Hintergrund, dass im Land viele Kliniken blutrote Zahlen schreiben. Auch der Hospitalverbund komme wirtschaftlich gesehen „gut durch die Zeit“, ergänzt Tobias Franke, Kaufmännischer Direktor des Mariannen-Hospitals. Im Vergleich stehe man „wirtschaftlich solide“ da.

Energiekosten machen Sorgen

Dazu hat auch beigetragen, dass die alten Energieverträge bis Ende Dezember liefen, sich die durch den Ukraine-Krieg explodierenden Energiekosten zunächst nicht niederschlugen. „Aber jetzt ist die Welt anders“, sagt Christian Larisch. Kam der Verbund im Vorjahr mit 3,5 Millionen Euro bei den Energiekosten aus, so erwarte man nun 5 bis 6 Millionen Euro zusätzliche Kosten. Geld, das erwirtschaftet werden muss. Klar ist: Die Anhebung des Landesbasisfallwerts von 4,3 Prozent sei „nicht auskömmlich“, auch wenn sie ungewöhnlich stark ausgefallen ist. Es bedürfe eben auch einer hinreichenden Finanzierung der Krankenhäuser.

Mehr Operationen: dritter OP-Saal

Dem steigenden Patientenaufkommen begegnet das Mariannen-Hospital mit der Inbetriebnahme eines dritten Operationssaales. Der ist frisch in Betrieb genommen worden. Vorher befand sich an gleicher Stelle ein nicht genutzter Eingriffsraum. Rund 150 000 Euro steckte der Hospitalverbund in die Erweiterung, die für die Bereiche ästhetische Chirurgie, Gefäßchirurgie (zum Beispiel Krampfadern) oder auch Plastische Chirurgie (bspw. plastische Deckungen mit Fettstammzellen) benötigt wird. Darüber hinaus gibt es einen weiteren Aufwachraum, der in diesen Tagen fertig gestellt wird. Außerdem wird an einer verbesserten Ablauforganisation mit dem Ziel der besseren Notfallversorgung gearbeitet, analog der Strukturen im Soester Marienkrankenhaus.

Geriatrie soll wachsen

Spezialisierungen gibt es in Werl. Die Behandlung des „diabetischen Fußes“ ist ein Beispiel; das Werler Haus hat sich damit schon lange einen Namen gemacht. Aber auch die geriatrische Abteilung mit ihren 18 Betten will der Verbund gerne ausbauen. „Denn die große Herausforderung der Zukunft ist die Überalterung“, sagt Larisch. Die Altersmedizin werde also an Bedeutung gewinnen, damit Menschen länger und gut Zuhause wohnen können.

Ein anderes Feld, das aber alle Krankenhäuser extrem fordern wird: die personelle Ausstattung. Es fehlt an Pflegekräften, das Problem werde sich durch die Verrentung der geburtenstarken Jahrgänge noch verschärfen. Immerhin: „Gegenwärtig sieht es so aus, als könnte das Mariannen-Hospital alle Pflege-Planstellen erfüllen“, sagt Tobias Franke.

Es geht um Leistungsbereiche – auch für das Werler Mariannen-Hospital

Ziel des NRW-Gesundheitsministeriums ist es, die bisherige Bettenplanung durch eine Planung nach Leistungsgruppen und Leistungsbereichen abzulösen. Dazu gehören wohnortnahe Angebote der Grundversorgung sowie eine „angemessene Erreichbarkeit“ von spezialisierten Leistungen. Am Ende soll eine Stärkung der Krankenhauslandschaft stehen; die Politik fordert eine Koordination und Kooperation von Krankenhäusern statt eines ruinösen Wettbewerbs zwischen den Kliniken. Die Verhandlungen mit den Krankenkassen sind Mitte November gestartet; zuvor hatten alle Krankenhäuser ihre Anträge zur weiteren Aufnahme in den Krankenhausplan angemeldet. Die Verhandlungen mit den Kassen über regionale Planungskonzepte sollten spätestens nach sechs Monaten abgeschlossen sein; danach sollen die Bezirksregierungen die Verfahren leiten und weitere Beteiligte einbeziehen (zum Beispiel die Kassenärztlichen Vereinigungen sowie kreisfreie Städte und Kreise), bevor das NRW-Gesundheitsministerium von Karl-Josef Laumann (CDU) über die Versorgungsaufträge entscheidet. Das Verfahren soll mit einem Feststellungsbescheid für das Krankenhaus vor Ort enden. Dann wird auch klar sein, welche Angebote das Mariannen-Hospital in der Zukunft leisten soll – und vor allem darf.

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